Jede Organisation, und sei sie noch so behäbig, erfährt eine gewisse Erschütterung durch die Nachricht, dass ein neuer Chef oder eine neue Chefin ins Haus steht. Flurgespräche häufen sich, mit Wissensvorsprüngen wird gepunktet, Ungewissheit liegt in der Luft. Aber auch nach vollzogenem Wechsel gibt es Probleme, etwa wenn der, der »von oben« überwachen soll, »von unten« angelernt werden muss. Kurzum: Die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Untergebenen ist kompliziert.Niklas Luhmann hat sie unter die soziologische Lupe genommen und zeigt, wodurch sie strapaziert wird: durch Kommunikationsschwierigkeiten und Selbstdarstellungsinteressen, Rollenfindungsprobleme und Wertvorstellungsdissonanzen. Der Schatten des Vorgängers kann lang, der Einfluss innerbetrieblicher Cliquen schwer zu durchbrechen sein. Und über allem schwebt die Frage: Wer hat die Macht? Es ist, soviel ist sicher, nicht per se der Chef - vorausgesetzt, so Luhmann, die Untergebenen beherrschen die Kunst, ihren Vorgesetzten zu lenken. »Unterwachung« ist sein Stichwort und Takt das wichtigste Mittel zum Zweck. Aber Vorsicht: Wer es darin zur Meisterschaft bringt, der wird nicht selten - der neue Chef.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Johan Schloemann staunt über die Präzision und den trockenen Witz, mit denen Niklas Luhmann in diesen drei Aufsätzen recht zeitlose Beobachtungen über die Ordnung von Arbeitsbeziehungen nachdenkt, über Sorgen, Defizite und die notwendigen Qualitäten von Chefs. Auch wenn vieles im Band nach Nachkriegsverwaltung muffelt und sich laut Schloemann am heutigen globalen Arbeitsleben reibt, scheinen dem Rezensenten Luhmanns um 1964 entstandenen Analysen meist treffend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2016VON NIKLAS LUHMANN gibt es zwei Aufsätze über das Zusammenleben mit Chefs und anderen Menschen in Organisationen. Ein unveröffentlichter Vortrag über "Die Kunst, Vorgesetzte zu lenken" fand sich im Nachlass des Soziologen. Alle drei Texte hat Jürgen Kaube, der für das Feuilleton zuständige Herausgeber dieser Zeitung, jetzt zusammengestellt. Sie handeln vom Alltag in Büros: neue Vorgesetzte und alte Cliquen, Gänge auf dem Dienstweg und ihre Vermeidung, spontane, gesuchte und gespielte Konflikte, Kollegialität, Taktik und Sachlichkeit. Luhmanns ebenso klare wie witzige Analysen versprechen nicht, den Lesern alle Sorgen gegenüber Chefs, Mitarbeitern und Kollegen zu nehmen. Aber er möchte sie so weit bringen, aus ihnen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ein hilfreiches Buch für alle, die unter dem "Gesetz des Wiedersehens" leben. (Niklas Luhmann: "Der neue Chef". Hrsg. und mit einem Nachwort von Jürgen Kaube. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016. 120 S., geb., 10,- [Euro].)
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die Texte sind allerdings von glasklarer Brillanz. Jeder Angestellte und jeder Chef wird sich in ihnen wiederfinden, ob es um die Konflikte zwischen den Cliquen des neuen und des alten Chefs geht ... oder um das Wechselspiel von Kommunikation, Kooperation und Konflikt.« Alexander Cammann DIE ZEIT 20160428