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Im ersten Band dieser auf sieben Bände angelegten Gesamtdarstellung werden Struktur und System der nationalsozialistischen Konzentrationslager herausgearbeitet. In einzelnen Beiträgen zu Themen wie Organisationsstruktur, Architektur, Bewachungspersonal, Häftlingsgesellschaft, medizinische Experimente, frühe Lager, Todesmärsche, Zwangsarbeit, Kunst u.a. erhält der Leser eine Vorstellung davon, wie der nationalsozialistische Repressionsapparat entstand und zum omnipräsenten Herrschaftsinstrument ausgebaut wurde.
Zum Wesen nationalsozialistischer Herrschaft gehörte das System des Terrors, das
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Produktbeschreibung
Im ersten Band dieser auf sieben Bände angelegten Gesamtdarstellung werden Struktur und System der nationalsozialistischen Konzentrationslager herausgearbeitet. In einzelnen Beiträgen zu Themen wie Organisationsstruktur, Architektur, Bewachungspersonal, Häftlingsgesellschaft, medizinische Experimente, frühe Lager, Todesmärsche, Zwangsarbeit, Kunst u.a. erhält der Leser eine Vorstellung davon, wie der nationalsozialistische Repressionsapparat entstand und zum omnipräsenten Herrschaftsinstrument ausgebaut wurde.

Zum Wesen nationalsozialistischer Herrschaft gehörte das System des Terrors, das in der Regie der SS ganz Europa mit einem Netz von Konzentrationslagern überzog. Insgesamt existierten 24 Hauptlager mit ungefähr 1000 Außenlagern, in denen Menschen als Regimegegner, als religiöse und kulturelle Minderheit, als "Asoziale", als Widerstandskämpfer, als "rassisch" Unerwünschte verfolgt, gequält, als Arbeitssklaven ausgebeutet und vernichtet wurden.
Zur Topographie der Verfolgung gehörten außer den eigentlichen KZ auch Vernichtungslager wie Treblinka und Sobibór, Ghettos wie Theresienstadt und Lodz und viele Sonderformen wie Arbeitserziehungslager, Polizeihaftlager, "Sonderlager" bis zum "Jugendschutzlager". Am Anfang des KZ-Systems steht jenes Lager, das im März 1933 bei Dachau errichtet wurde, am Ende Mauthausen, das als letztes KZ erst am 5. Mai 1945 befreit wurde. Die Namen einiger Konzentrationslager - Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald - wurden zum Synonym des Staatsterrors, viele sind aber vergessen. Lange blieb die Historiographie der Verfolgung im KZ den ehemaligen Häftlingen überlassen. Der Ort des Terrors führt erstmals alle Forschungsergebnisse zu einer Gesamtgeschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager zusammen. In chronologischer Reihenfolge wird jedes KZ dargestellt, im Anschluß daran werden sämtliche dazu gehörenden Außen- und Nebenlager in alphabetischer Reihenfolge beschrieben.
Autorenporträt
Wolfgang Benz, Jahrgang 1941, ist Mitgründer und Mitherausgeber der Dachauer Hefte und war von 1969 bis 1990 Mitarbeiter des Instituts für Zeitgeschichte in München. Seit 1990 arbeitet er als Professor an der Technischen Universität Berlin und ist Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung. Wolfgang Benz erhielt 1992 den Geschwister-Scholl-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.06.2005

Der Terror außerhalb der Nazi-Justiz
Trotz einer Fülle an Veröffentlichungen erscheint erst jetzt eine systematische Darstellung der Konzentrationslager
Als 1934 im tschechischen Exil eine der ersten Reportagen über deutsche Konzentrationslager erschien, konnte niemand ahnen, dass sich das Lagersystem bald wie eine Krake über ganz Europa ausbreiten würde. Seitdem sind eine Unmenge an wissenschaftlichen Büchern, an Memoiren und Artikeln zum Thema veröffentlicht worden, vermutlich weit mehr als 10000 Titel. Wer soll das alles lesen? Nun haben sich in den letzten Jahren mehrere Institutionen darum bemüht, dieses Wissen zu systematisieren. Dabei stellte sich heraus, dass selbst die meisten großen Konzentrationslager noch keineswegs hinreichend erforscht sind, dass weiterhin der Gang in die Archive nötig ist.
Das Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin und die Gedenkstätte Dachau warten jetzt mit dem ersten von sieben Bänden ihrer Geschichte der Konzentrationslager auf. Dabei handelt es sich nicht um den ersten Abschnitt einer chronologischen Entwicklungsgeschichte. Vielmehr werden in einzelnen Aufsätzen die strukturellen Grundfragen analysiert, während die angekündigten weiteren Bände einzelnen Lagern vorbehalten sein sollen.
Das „Dachauer Modell”
Bekanntlich dauerte es nur wenige Tage nach der „Machtergreifung”, bis die ersten improvisierten Lager eingerichtet wurden. Doch dahinter stand durchaus eine größere Systematik; deshalb spricht man inzwischen nicht mehr von „wilden”, sondern von „frühen” Konzentrationslagern. Freilich setzte sich nicht das Vorhaben der preußischen Innenverwaltung durch, die Lager unter staatlicher Ägide zu führen, sondern das „Dachauer Modell” der Parteiorganisation SS. Für die Einweisungen via „Schutzhaft” waren zunächst eine Reihe von Institutionen verantwortlich, bis schließlich die Gestapo das Monopol auf sich vereinigen konnte, nicht ohne dabei von der Justiz nach Kräften unterstützt zu werden. Eigentlich hätte man die Konzentrationslager 1934 wieder dichtmachen können, weil die Zahl der Häftlinge deutlich gesunken war. Doch die SS wollte ein dauerhaftes Terrorinstrument außerhalb der Justiz. Schon frühzeitig steckte man nämlich nicht nur politische Gegner - oder wen man dafür hielt - in die Lager, sondern auch vermeintlich „Asoziale” oder „Berufsverbrecher”.
Als der Arbeitsmarkt 1938 fast leergefegt schien, bemühte sich die SS hektisch um ein eigenes Zwangsarbeiter-Reservoir für die gigantischen Bauprojekte. Mit den Massenverhaftungen im Krieg gerieten dann die deutschen Häftlinge zunehmend in die Minderzahl gegenüber den Ausländern. Trotz der Expansion von Häftlingszahlen und Lagern gelang es der SS jedoch nicht, auch die Rüstung in die Lager zu ziehen. Vielmehr wurde 1942 entschieden, kleine Außenlager unmittelbar bei den Unternehmen zu installieren. So entstanden 1942/43 nahezu in jeder Stadt ein oder mehrere Lager.
Trotz dieser „Ökonomisierung” verbesserten sich die grauenhaften Zustände für die Häftlinge nicht; seit 1941 waren sie nicht nur von exzessiver Gewalt der Wachmannschaften bedroht, sondern auch von Massenmorden gegen Schwache und „Unerwünschte”. Obwohl nach dem Krieg die KZ-Verbrechen relativ intensiv verfolgt wurden - zwischen 5 und 15 Prozent der Funktionäre eines Lagers kamen vor Gericht -, weiß man kaum etwas über deren persönliche Hintergründe und Motive. Im Gegensatz zu den SS-Intellektuellen, denen in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit der Historiker galt, haben diese Männer (und etwa zehn Prozent Frauen) kaum Selbstzeugnisse hinterlassen. Die Endphase 1944/45 verlief dann zunächst durchaus koordiniert. Erst im März 1945 verstärkte das allgemeine Chaos den mörderischen Charakter der Evakuierungen.
Es ist gelungen, für den Band eine Reihe exzellenter Experten zu versammeln, die bereits durch Standardwerke über die Organisation, die Lager-SS und die SS-Wirtschaft sowie über die Selbstbehauptung der Häftlinge ausgewiesen sind. Ebenso werden in kompakter Form eindrucksvolle Kapitel über die systematischen Vernichtungsaktionen, die „Todesmärsche” oder die Situation der Frauen in den Lagern - Opfer wie Täterinnen - geboten. Nicht ganz auf dem neuesten Stand der Forschung bewegen sich hingegen die Abschnitte zu Bau bzw. Architektur der Lager oder zu den grausamen Menschenversuchen der SS-Ärzte. Das gilt auch für das blasse Kapitel zur „Häftlingsgesellschaft”. Hier wären alternativ systematische Analysen zu den zentralen Alltagserfahrungen denkbar gewesen, zu Hunger, Zwangsarbeit und Tod. Während die künstlerische Produktion in den Lagern gewürdigt wird, wirkt ein germanistischer Aufsatz über einige Holocaust-Memoiren wie ein Fremdkörper in dem Band.
Immer wieder stehen die Historiker vor dem Problem, dass der Begriff „Konzentrationslager” im engeren Sinn eigentlich nur 24 Hauptlager und an die 1000 Nebenlager erfasst. Im allgemeinen Sprachgebrauch gilt er jedoch für alle nationalsozialistischen Lager und Haftstätten, Schätzungen zufolge etwa 20000 an der Zahl, die sich vor allem über Mittel- und Osteuropa verteilten. Das Projekt wird sich in Zukunft auch diesen anderen Orten widmen. Im vorliegenden Band ist lediglich ein Artikel zu den sechs Mordanstalten der „Euthanasie” 1940/41 eingefügt, welcher freilich die anderen 60 psychiatrischen Einrichtungen nicht behandelt, in denen ab 1942/43 gemordet wurde.
Für die Konzentrationslager wird hier ein kompaktes Handbuch geboten, das die umfangreiche Forschung der letzten Jahrzehnte konzise zusammenfasst. Für dieses wichtige Überblickswerk kann man nur dankbar sein. Es ist unverzichtbar für die Wissenschaft, vor allem aber für die breite Öffentlichkeit, die zuverlässiges Wissen über diese schreckliche Zeit braucht.
DIETER POHL
WOLFGANG BENZ, BARBARA DISTEL (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 1: Die Organisation des Terrors. C. H. Beck, München 2005. 394 Seiten, 59,90 Euro.
„Ein Ort, an den man gerne geht”, sollte nach dem Wunsch von Bundeskanzler Gerhard Schröder das Berliner Holocaust-Mahnmal werden. So umstritten das Feld aus 2711 Betonstelen nach wie vor ist, der Kanzlerwunsch ist rasch in Erfüllung gegangen: Die Berliner nutzen die von allen Seiten frei zugängliche Fläche von 19000 Quadratmetern intensiver, als es viele gutheißen - als Treffpunkt, als Gelände zum Sonnenbaden oder Versteckspielen. Die langjährige Debatte über das Mahnmal wird jetzt (siehe nebenstehende Rezension) ausführlich dargestellt.
Foto: Pop-Eye/Heinrich
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine "verdienstvolle Dokumentation" sieht Rezensentin Karin Orth in der von Wolfgang Benz und Barbara Distel herausgegebenen, auf neun Bände angelegten Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Während der erste Band nach Angaben von Orth Organisation und Strukturen der KZ behandelt, untersuchen die Folgebände je zwei oder mehrere KZ und die dazu gehörenden Außenlager. Die nun vorliegenden Bände 3 und 4 über Sachsenhausen, Buchenwald, Flossenbürg, Mauthausen und Ravensbrück verdeutlichen für Orth, dass es neben den Besonderheiten der einzelnen Lager übergreifende, auf alle Lager zutreffende Entwicklungen gibt. Sie nennt in diesem Zusammenhang etwa die wachsende Zahl der Insassen seit Kriegsbeginn, die Ausbeutung der Arbeitskraft der Häftlinge, systematische Tötungsaktionen und Deportationen der jüdischen KZ-Insassen in die Vernichtungslager wie Auschwitz. Orth würdigt die vorliegenden Bände als "detail- und faktenreiche Nachschlagewerke". Allerdings verweist sie darauf, dass sie keine quellenkritische Reflexionen, eine Auseinandersetzung mit Debatten der NS-Forschung oder eine historiografische Einordnung der Fakten bieten.

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