Vor fünfunddreißig Jahren veränderten Mario Puzos legendärer Roman und Francis Ford Coppolas preisgekrönte Filme über die amerikanische Mafia die populäre Kultur schlagartig. Nun fügt Mark Winegardner, der von Puzos Erbengemeinschaft persönlich ausgewählt wurde, der Saga einen würdigen neuen, großen Paten-Roman hinzu.
Es ist das Jahr 1955: Michael Corleone hat den rivalisierenden New Yorker Banden einen empfindlichen Schlag versetzt und ist dabei, seine Macht zu festigen. Michaels Ziel ist es, seine kriminellen Aktivitäten einzustellen und auf legalem Weg zu Reichtum zu kommen. Doch schon bald sieht er sich mit neuen Intrigen konfrontiert. In dem neuen Epos gelingt es Mark Winegardner, die berühmten Figuren aus Mario Puzos unsterblicher Gangstersaga zu neuem Leben zu erwecken.
"Die Fortsetzung von Mario Puzos Klassiker 'Der Pate' hat Klasse und ist klasse.." - Bild am Sonntag
"...die Atmosphäre ist da.." - Stern
"...nicht weniger als eine Sensation... absolut gelungen..." - MDR
Es ist das Jahr 1955: Michael Corleone hat den rivalisierenden New Yorker Banden einen empfindlichen Schlag versetzt und ist dabei, seine Macht zu festigen. Michaels Ziel ist es, seine kriminellen Aktivitäten einzustellen und auf legalem Weg zu Reichtum zu kommen. Doch schon bald sieht er sich mit neuen Intrigen konfrontiert. In dem neuen Epos gelingt es Mark Winegardner, die berühmten Figuren aus Mario Puzos unsterblicher Gangstersaga zu neuem Leben zu erwecken.
"Die Fortsetzung von Mario Puzos Klassiker 'Der Pate' hat Klasse und ist klasse.." - Bild am Sonntag
"...die Atmosphäre ist da.." - Stern
"...nicht weniger als eine Sensation... absolut gelungen..." - MDR
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2005Die Mutter aller Familienfehden
"Der Pate kehrt zurück": Der amerikanische Autor Mark Winegardner versucht in seinem Roman, die Mythologie des berühmtesten aller Mafiaepen fortzuschreiben
Es wird wohl so gewesen sein, wie es im Kino ist, wenn dieser berühmte Satz fällt, den Don Vito Corleone so ruhig und unerschütterlich ausspricht und der so eingängig ist wie die Titelmelodie des "Paten": "Ich werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann." Als der Verlag Random House und die Erbengemeinschaft Mario Puzos an den Schriftsteller Mark Winegardner herantraten, um ihn mit einem Sequel zu Puzos Roman "Der Pate" zu beauftragen, da konnte der Mann nicht nein sagen, auch wenn es ein sehr, sehr undankbarer Job war. Man kann eine Menge Geld damit verdienen und eher weniger Ruhm, weil alle über einen herfallen werden. Denn es geht ja nicht einfach um eine Fortsetzung. Es geht darum, mit Wörtern anzuschreiben gegen die übermächtigen Bilder, die Francis Ford Coppola in die Welt gesetzt hat, als er 1972 zunächst widerwillig Puzos Buch verfilmte, weil er Geld brauchte, und 1974 noch widerwilliger den "Paten II" drehte, weil er noch mehr Geld brauchte, um schließlich 1990, nachdem er mehrfach erklärt hatte, einen "Paten III" werde es mit ihm nicht geben, den dritten Teil ins Kino zu bringen, weil er so viele Schulden hatte.
Mark Winegardner, von dem bislang kein einziges Buch ins Deutsche übersetzt wurde, der ein anerkannter Autor von Romanen und Sachbüchern ist und kreatives Schreiben in Florida lehrt, dieser Mann von Ende Dreißig hat sich auf eine Mission impossible eingelassen. Er soll auf Buchseiten Charaktere lebendig werden lassen, bei denen jeder Al Pacino, Marlon Brando, James Caan, Robert Duvall, Talia Shire und all die anderen vor Augen hat. Er soll etwas vollenden, bei dem man sich wie bei einem Bild oder Bauwerk längst daran gewöhnt hat, daß es weiße Flächen oder unbewohnte Geschosse gibt. Der "Pate" ist Teil des kollektiven Bildervorrats, in Amerika mehr noch als hier; eine große amerikanische Saga, voller Szenen, die man nicht vergißt. Der Film hat die Welt der Mafia zum epischen Stoff gemacht, auch für die real existierenden Mafiosi selbst, die sich, wie die Gangster in den dreißiger und vierziger Jahren, von Hollywood Dresscode und Rollenmodelle abschauten. Und bei Coppola mehr noch als bei Puzo liegt im Zentrum dieses Familienkosmos zugleich die Geschichte eines Landes, das mitten im Vietnamkrieg war, als Buch und Film herauskamen, und das im Kino auf jene Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückschaute, in dem es mit der Unschuld auch den Glauben an sie endgültig verlor.
Deshalb muß man den Mut Mark Winegardners bewundern, sich auf diese Mission einzulassen. "Der Pate kehrt zurück" beginnt, wo der erste Film und Puzos Roman aufhören, im Jahr 1955: Der alte Don Corleone ist tot, und sein Sohn Michael wird das Erbe antreten. Winegardner überbrückt die Zeit bis zum zweiten Teil, der in den Jahren 1958/1959 spielt, um anschließend in die Jahre 1959 bis 1962 zu springen, nicht ohne in kurzen Episoden in die Jahre 1920 bis 1945 zurückzublenden. Und er ist klug genug, jene lange Strecke bis ins Jahr 1979 zu ignorieren, in dem Don Michael seinen Ring abgibt, in dem die fatalen Schüsse auf den Treppen des Opernhauses von Palermo fallen und der greise Michael in Sizilien tot vom Stuhl fällt.
So gesehen, ist "Der Pate kehrt zurück" auch gar kein Sequel, sondern ein "Interquel", wie ein amerikanischer Kritiker es genannt hat. Und rein literarisch betrachtet, ist Mario Puzo auch kein übermächtiges Vorbild. Denn so gut sich sein Buch damals verkaufte, so sicher ist auch, daß es ohne das Kino nie seine Wirkung erreicht hätte. Es war ein Buch in einem seltsamen Farbton, zwischen Pink und Lila, ein Taschenbuch, in dem gemordet wurde, mit Garotte, Pistole und Gewehr, es wurde ausgiebig das Geschlechtsorgan des ältesten Sohnes Sonny beschrieben und was er mit der Brautjungfer auf der Hochzeit seiner Schwester trieb. Es war ein Buch, welches man Anfang der siebziger Jahre als Pubertierender verschlang, wobei man sich auch nicht von Deutschlehrern irremachen ließ, die es als Freibankprosa, als Literatur minderer Güteklasse, verdammten. Drei Jahrzehnte später ist einem klar, daß es Puzos Pulp fiction in keinen Kanon mehr schaffen wird, daß der "Pate" jedoch als amphibisches Wesen aus Kino und Literatur in jedes Pantheon der populären Kultur gehört.
Auch bei Winegardner wird bestochen und gestochen, gemordet und intrigiert. Die Sexszenen sind etwas weniger drastisch ausgefallen; vor allem aber leidet das Buch daran, daß es für Michael Corleone keinen ebenbürtigen Widersacher gibt. Nick Geraci, den Winegardner sich ausgedacht und akribisch ausgestaltet hat, ist ein solider Romancharakter. Er hat einen scharfen Verstand, keinerlei Skrupel, er hat es deshalb weit gebracht im Corleone-Imperium und ist ganz offenkundig als eine Art Alter ego zu Michael angelegt. Er soll Michael Corleones Wunsch erfüllen helfen, ein geachteter amerikanischer Geschäftsmann zu werden, sich von allen illegalen Teilen seines Imperiums zu trennen, auf diese Weise seine Frau Kay wiederzugewinnen und der Mann zu werden, welcher er ist, wenn er im "Paten III" einen vatikanischen Orden für sein wohltätiges Wirken entgegennimmt. Doch je mehr Zeit vergeht, desto unübersehbarer wird, daß dieser Nick Geraci nicht mehr ist als ein Springer auf Michael Corleones großem Schachbrett.
Winegardner müht sich auch, Michaels ursprüngliche Ablehnung, ins Familiengeschäft einzusteigen, plausibel zu machen. Er läßt den jungen Mann Bäume pflanzen, Männern das Lesen beibringen und selbstlos für sein Vaterland kämpfen; er zeichnet in zahlreichen Nebenhandlungen die verschiedenen Familienlinien und den mächtigen Familiensinn nach, er beschreibt minutiös den Verrat, den Michaels Bruder Fredo beging und der Michael den Brudermord anordnen ließ. Und wenn er all die komplizierten geschäftlichen Verzweigungen und Allianzen beschreibt, wenn er Michaels nahezu diabolischen Intellekt die abgefeimtesten Strategien entwickeln läßt, mit denen er sich den Weg ins bürgerliche Leben ebnen will, ist das entschieden mehr als nur ein funktionstüchtiger Plot.
Leider sucht Winegardner aber auch ziemlich beflissen den Anschluß an die Zeitgeschichte. Es gibt, unter anderem, ein Castro-Attentat und einen Auftritt Andy Warhols in Las Vegas, für den er immerhin einen amüsanten Dialog geschrieben hat: ",Jedenfalls', sagte Theresa, ,steht er jetzt da drüben und erzählt jedem, daß Amerika in Zukunft Las Vegas sein wird. Nicht wie Vegas. Es wird Vegas sein. Der Mann ist gerade mal drei Stunden hier.' Michael zuckte die Achseln. ,Manche Leute begreifen schnell.'" Und irgendwie muß Winegardner Puzos Buch wohl als Schlüsselroman mißverstanden haben. Da treten ein Präsidentschaftskandidat namens Shea und sein Vater auf, die John F. Kennedy und seinem Vater Joseph derart gleichen, daß es aussieht wie ein schlecht abgepaustes Illustriertenbild, und der Sänger Johnny Fontane, das Patenkind des alten Dons, bei dem Puzo sich von Frank Sinatra inspirieren ließ, könnte mühelos jeden Doppelgängerwettbewerb gewinnen. Die fiktionalen Namen wirken da nur noch albern.
Was den Roman dennoch mit Energie versorgt, das ist diese besondere Ausformung eines modernen Archetyps: des amerikanischen Gangsters, der aufsteigt und zum "public enemy" wird, um zu stürzen - doch dieser Pate fällt nicht, obwohl er mehr als genügend Fallhöhe hat, er behält diese vibrierende Ambivalenz, die seine Faszination nicht nur in Amerika ausmacht. Und deshalb wäre es auch ganz gut ohne die eine oder andere Stammtischweisheit gegangen. Winegardner beschreibt die New Yorker Börse als den größten legalen Schwindel aller Zeiten und setzt seinen Figuren Gedanken in den Kopf, für die sie viel zu schlau sind: "Hagen bezweifelte, daß die Welt je eine bessere kriminelle Organisation gesehen hatte als die amerikanische Regierung." Das ist einfach nur dämlich, weil einer wie Tom Hagen natürlich weiß, daß er ohne eine spezifische Differenz zwischen organisiertem Verbrechen und korrupter Politik gar keine Geschäftsgrundlage hätte.
Winegardner hätte einen durch seinen Roman davon überzeugen müssen, daß all die Ellipsen der Filme nicht zwingend waren, daß Szenen schmerzlich fehlen, die Coppola vielleicht gedreht, aber in seinen Filmen nie verwendet hat. Daß Winegardner eine lesbare Prosa schreibt, daß er ein Ohr für Dialoge und ein Auge für Details hat, daß er als Mann ohne italienische Wurzeln Fuß gefaßt hat im Corleonekosmos und in Puzos Gewichtsklasse mithält - das reicht eben nicht. Woraus soll denn auch Spannung entstehen, wenn jederzeit vorgezeichnet ist, wie es ausgehen wird? Alles ist da, doch das Entscheidende fehlt. Befürchtet hat man das natürlich vorher - neugierig genug, um das Buch in einem Zug zu Ende zu lesen, ist man dann aber doch. Und deshalb darf man jetzt auch ruhig eine Kerze anzünden, damit das Buch nicht unter dem Titel "Der Pate IV" verfilmt wird. "Wenn etwas im Leben sicher ist", sagt Michael Corleone im zweiten Teil, "wenn die Geschichte uns etwas gelehrt hat, dann dies: Daß man jeden umbringen kann." Auch Fiktionen.
PETER KÖRTE
Mark Winegardner: "Der Pate kehrt zurück". Roman. Deutsch von Jürgen Bürger, Heyne-Verlag, München 2005. 670 Seiten, 13 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Der Pate kehrt zurück": Der amerikanische Autor Mark Winegardner versucht in seinem Roman, die Mythologie des berühmtesten aller Mafiaepen fortzuschreiben
Es wird wohl so gewesen sein, wie es im Kino ist, wenn dieser berühmte Satz fällt, den Don Vito Corleone so ruhig und unerschütterlich ausspricht und der so eingängig ist wie die Titelmelodie des "Paten": "Ich werde ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann." Als der Verlag Random House und die Erbengemeinschaft Mario Puzos an den Schriftsteller Mark Winegardner herantraten, um ihn mit einem Sequel zu Puzos Roman "Der Pate" zu beauftragen, da konnte der Mann nicht nein sagen, auch wenn es ein sehr, sehr undankbarer Job war. Man kann eine Menge Geld damit verdienen und eher weniger Ruhm, weil alle über einen herfallen werden. Denn es geht ja nicht einfach um eine Fortsetzung. Es geht darum, mit Wörtern anzuschreiben gegen die übermächtigen Bilder, die Francis Ford Coppola in die Welt gesetzt hat, als er 1972 zunächst widerwillig Puzos Buch verfilmte, weil er Geld brauchte, und 1974 noch widerwilliger den "Paten II" drehte, weil er noch mehr Geld brauchte, um schließlich 1990, nachdem er mehrfach erklärt hatte, einen "Paten III" werde es mit ihm nicht geben, den dritten Teil ins Kino zu bringen, weil er so viele Schulden hatte.
Mark Winegardner, von dem bislang kein einziges Buch ins Deutsche übersetzt wurde, der ein anerkannter Autor von Romanen und Sachbüchern ist und kreatives Schreiben in Florida lehrt, dieser Mann von Ende Dreißig hat sich auf eine Mission impossible eingelassen. Er soll auf Buchseiten Charaktere lebendig werden lassen, bei denen jeder Al Pacino, Marlon Brando, James Caan, Robert Duvall, Talia Shire und all die anderen vor Augen hat. Er soll etwas vollenden, bei dem man sich wie bei einem Bild oder Bauwerk längst daran gewöhnt hat, daß es weiße Flächen oder unbewohnte Geschosse gibt. Der "Pate" ist Teil des kollektiven Bildervorrats, in Amerika mehr noch als hier; eine große amerikanische Saga, voller Szenen, die man nicht vergißt. Der Film hat die Welt der Mafia zum epischen Stoff gemacht, auch für die real existierenden Mafiosi selbst, die sich, wie die Gangster in den dreißiger und vierziger Jahren, von Hollywood Dresscode und Rollenmodelle abschauten. Und bei Coppola mehr noch als bei Puzo liegt im Zentrum dieses Familienkosmos zugleich die Geschichte eines Landes, das mitten im Vietnamkrieg war, als Buch und Film herauskamen, und das im Kino auf jene Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurückschaute, in dem es mit der Unschuld auch den Glauben an sie endgültig verlor.
Deshalb muß man den Mut Mark Winegardners bewundern, sich auf diese Mission einzulassen. "Der Pate kehrt zurück" beginnt, wo der erste Film und Puzos Roman aufhören, im Jahr 1955: Der alte Don Corleone ist tot, und sein Sohn Michael wird das Erbe antreten. Winegardner überbrückt die Zeit bis zum zweiten Teil, der in den Jahren 1958/1959 spielt, um anschließend in die Jahre 1959 bis 1962 zu springen, nicht ohne in kurzen Episoden in die Jahre 1920 bis 1945 zurückzublenden. Und er ist klug genug, jene lange Strecke bis ins Jahr 1979 zu ignorieren, in dem Don Michael seinen Ring abgibt, in dem die fatalen Schüsse auf den Treppen des Opernhauses von Palermo fallen und der greise Michael in Sizilien tot vom Stuhl fällt.
So gesehen, ist "Der Pate kehrt zurück" auch gar kein Sequel, sondern ein "Interquel", wie ein amerikanischer Kritiker es genannt hat. Und rein literarisch betrachtet, ist Mario Puzo auch kein übermächtiges Vorbild. Denn so gut sich sein Buch damals verkaufte, so sicher ist auch, daß es ohne das Kino nie seine Wirkung erreicht hätte. Es war ein Buch in einem seltsamen Farbton, zwischen Pink und Lila, ein Taschenbuch, in dem gemordet wurde, mit Garotte, Pistole und Gewehr, es wurde ausgiebig das Geschlechtsorgan des ältesten Sohnes Sonny beschrieben und was er mit der Brautjungfer auf der Hochzeit seiner Schwester trieb. Es war ein Buch, welches man Anfang der siebziger Jahre als Pubertierender verschlang, wobei man sich auch nicht von Deutschlehrern irremachen ließ, die es als Freibankprosa, als Literatur minderer Güteklasse, verdammten. Drei Jahrzehnte später ist einem klar, daß es Puzos Pulp fiction in keinen Kanon mehr schaffen wird, daß der "Pate" jedoch als amphibisches Wesen aus Kino und Literatur in jedes Pantheon der populären Kultur gehört.
Auch bei Winegardner wird bestochen und gestochen, gemordet und intrigiert. Die Sexszenen sind etwas weniger drastisch ausgefallen; vor allem aber leidet das Buch daran, daß es für Michael Corleone keinen ebenbürtigen Widersacher gibt. Nick Geraci, den Winegardner sich ausgedacht und akribisch ausgestaltet hat, ist ein solider Romancharakter. Er hat einen scharfen Verstand, keinerlei Skrupel, er hat es deshalb weit gebracht im Corleone-Imperium und ist ganz offenkundig als eine Art Alter ego zu Michael angelegt. Er soll Michael Corleones Wunsch erfüllen helfen, ein geachteter amerikanischer Geschäftsmann zu werden, sich von allen illegalen Teilen seines Imperiums zu trennen, auf diese Weise seine Frau Kay wiederzugewinnen und der Mann zu werden, welcher er ist, wenn er im "Paten III" einen vatikanischen Orden für sein wohltätiges Wirken entgegennimmt. Doch je mehr Zeit vergeht, desto unübersehbarer wird, daß dieser Nick Geraci nicht mehr ist als ein Springer auf Michael Corleones großem Schachbrett.
Winegardner müht sich auch, Michaels ursprüngliche Ablehnung, ins Familiengeschäft einzusteigen, plausibel zu machen. Er läßt den jungen Mann Bäume pflanzen, Männern das Lesen beibringen und selbstlos für sein Vaterland kämpfen; er zeichnet in zahlreichen Nebenhandlungen die verschiedenen Familienlinien und den mächtigen Familiensinn nach, er beschreibt minutiös den Verrat, den Michaels Bruder Fredo beging und der Michael den Brudermord anordnen ließ. Und wenn er all die komplizierten geschäftlichen Verzweigungen und Allianzen beschreibt, wenn er Michaels nahezu diabolischen Intellekt die abgefeimtesten Strategien entwickeln läßt, mit denen er sich den Weg ins bürgerliche Leben ebnen will, ist das entschieden mehr als nur ein funktionstüchtiger Plot.
Leider sucht Winegardner aber auch ziemlich beflissen den Anschluß an die Zeitgeschichte. Es gibt, unter anderem, ein Castro-Attentat und einen Auftritt Andy Warhols in Las Vegas, für den er immerhin einen amüsanten Dialog geschrieben hat: ",Jedenfalls', sagte Theresa, ,steht er jetzt da drüben und erzählt jedem, daß Amerika in Zukunft Las Vegas sein wird. Nicht wie Vegas. Es wird Vegas sein. Der Mann ist gerade mal drei Stunden hier.' Michael zuckte die Achseln. ,Manche Leute begreifen schnell.'" Und irgendwie muß Winegardner Puzos Buch wohl als Schlüsselroman mißverstanden haben. Da treten ein Präsidentschaftskandidat namens Shea und sein Vater auf, die John F. Kennedy und seinem Vater Joseph derart gleichen, daß es aussieht wie ein schlecht abgepaustes Illustriertenbild, und der Sänger Johnny Fontane, das Patenkind des alten Dons, bei dem Puzo sich von Frank Sinatra inspirieren ließ, könnte mühelos jeden Doppelgängerwettbewerb gewinnen. Die fiktionalen Namen wirken da nur noch albern.
Was den Roman dennoch mit Energie versorgt, das ist diese besondere Ausformung eines modernen Archetyps: des amerikanischen Gangsters, der aufsteigt und zum "public enemy" wird, um zu stürzen - doch dieser Pate fällt nicht, obwohl er mehr als genügend Fallhöhe hat, er behält diese vibrierende Ambivalenz, die seine Faszination nicht nur in Amerika ausmacht. Und deshalb wäre es auch ganz gut ohne die eine oder andere Stammtischweisheit gegangen. Winegardner beschreibt die New Yorker Börse als den größten legalen Schwindel aller Zeiten und setzt seinen Figuren Gedanken in den Kopf, für die sie viel zu schlau sind: "Hagen bezweifelte, daß die Welt je eine bessere kriminelle Organisation gesehen hatte als die amerikanische Regierung." Das ist einfach nur dämlich, weil einer wie Tom Hagen natürlich weiß, daß er ohne eine spezifische Differenz zwischen organisiertem Verbrechen und korrupter Politik gar keine Geschäftsgrundlage hätte.
Winegardner hätte einen durch seinen Roman davon überzeugen müssen, daß all die Ellipsen der Filme nicht zwingend waren, daß Szenen schmerzlich fehlen, die Coppola vielleicht gedreht, aber in seinen Filmen nie verwendet hat. Daß Winegardner eine lesbare Prosa schreibt, daß er ein Ohr für Dialoge und ein Auge für Details hat, daß er als Mann ohne italienische Wurzeln Fuß gefaßt hat im Corleonekosmos und in Puzos Gewichtsklasse mithält - das reicht eben nicht. Woraus soll denn auch Spannung entstehen, wenn jederzeit vorgezeichnet ist, wie es ausgehen wird? Alles ist da, doch das Entscheidende fehlt. Befürchtet hat man das natürlich vorher - neugierig genug, um das Buch in einem Zug zu Ende zu lesen, ist man dann aber doch. Und deshalb darf man jetzt auch ruhig eine Kerze anzünden, damit das Buch nicht unter dem Titel "Der Pate IV" verfilmt wird. "Wenn etwas im Leben sicher ist", sagt Michael Corleone im zweiten Teil, "wenn die Geschichte uns etwas gelehrt hat, dann dies: Daß man jeden umbringen kann." Auch Fiktionen.
PETER KÖRTE
Mark Winegardner: "Der Pate kehrt zurück". Roman. Deutsch von Jürgen Bürger, Heyne-Verlag, München 2005. 670 Seiten, 13 Euro.
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