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Eine Zeitreise in ein längst vergessenes Italien.
Süditalien 1969. Im verschlafenen Girifalco geht alles seinen gewohnten Gang - die anstehenden Kommunalwahlen sind schon das Aufregendste, was auf absehbare Zeit zu erwarten ist. Doch im Geheimen zieht ein guter Geist die Fäden, ohne dass die anderen Dorfbewohner es ahnen: Denn der Postbote des Ortes ist ein melancholischer Einzelgänger, der die Philosophie liebt und Zufälle sammelt - und nebenbei heimlich in den Briefverkehr des Dorfes eingreift. So versucht er, den Dingen die richtige Richtung zu geben.
Unglücklich Liebende werden
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Produktbeschreibung
Eine Zeitreise in ein längst vergessenes Italien.

Süditalien 1969. Im verschlafenen Girifalco geht alles seinen gewohnten Gang - die anstehenden Kommunalwahlen sind schon das Aufregendste, was auf absehbare Zeit zu erwarten ist. Doch im Geheimen zieht ein guter Geist die Fäden, ohne dass die anderen Dorfbewohner es ahnen: Denn der Postbote des Ortes ist ein melancholischer Einzelgänger, der die Philosophie liebt und Zufälle sammelt - und nebenbei heimlich in den Briefverkehr des Dorfes eingreift. So versucht er, den Dingen die richtige Richtung zu geben.

Unglücklich Liebende werden zusammengeführt, politische und amouröse Betrugsversuche verhindert, und Mütter bekommen plötzlich Post von ihren in der Ferne verschollen geglaubten Söhnen. Der Postbote von Girifalco scheint sich in seinem zurückgezogenen Dasein eingerichtet zu haben - bis ein mysteriöser Brief aus der Vergangenheit auftaucht, der das Dorfleben im Allgemeinen und seines im Besonderen gehörig ins Wanken bringt. Ein charmanter, lustiger, rührender Roman mit einem zu Herzen gehenden Protagonisten, der uns mitnimmt auf eine nostalgische Italienreise.Im Buch finden Sie ein ausführliches Verzeichnis der agierenden Personen.
Autorenporträt
Dara, DomenicoDomenico Dara, geboren 1971 in Catanzaro, Kalabrien, aufgewachsen in Girifalco. Sein Debütroman »Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall« ist in Italien von Lesern und Kritik gleichermaßen begeistert aufgenommen worden. Domenico Dara war damit nominiert für den renommierten Italo-Calvino-Preis und hat zahlreiche weitere Preise gewonnen, u.a. den Premio Palmi, Premio Viadana und die Debütpreise des Premio Corrado Alvaro und des Premio Città di Como. Auch sein zweiter Roman »Der Zirkus von Girifalco« erscheint bei Kiepenheuer & Witsch.

Mehrmann, AnjaAnja Mehrmann, geboren 1965, studierte Romanistik in Osnabrück. Dort lebt sie auch heute und übersetzt aus dem Englischen, Französischen und Italienischen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Knapp, aber begeistert bespricht Mira Nagel diesen Debütroman des italienischen Autors Domenico Dara, der ihr die Geschichte eines einsamen Postboten in einem italienischen Dorf der Sechziger erzählt, der mitunter in die zuzustellenden Briefe eingreift und Schicksal spielt. Wenn Daras Held schließlich in einem Brief auf eine tragische Liebesgeschichte und ein zurückliegendes Verbrechen stößt, nimmt die Story an Tempo auf, versichert die Kritikerin, die dem Postboten dank Daras "subtiler" Erzählweise da aber schon längst näher gekommen ist. Und wie der Autor einzelne Geschichten verknüpft, dabei philosophische Exkurse einbaut und Leseerwartungen unterläuft, hat Nagel ebenfalls gut gefallen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2019

Wenn der Postmann zu oft klingelt
Philosophie im Taschenformat: Domenico Dara hat einen schrulligen Roman über den Zufall geschrieben

Zum Zufall unterhält die Literatur eine zwiespältige Beziehung. Bei der Niederschrift kann sie ihn nicht mögen: Ein gelungenes Werk ist eines, in dem alle Teile zusammenpassen, und sei es dadurch, dass sie grell kontrastieren - zufällig darf hier nichts sein. Als Handlungselement hingegen ist der Zufall literarisch fruchtbar: Große wie Robert Musil oder Luigi Pirandello haben ihn genutzt, um die Form des Romans neu zu erfinden; ihre von der Kontingenz gebeutelten Charaktere sind gerade deshalb als offene entworfen. Auch der Umkehrschluss gilt für die moderne Literatur: je kontrollierter ihre Welt, desto größer die Kitschgefahr.

In "Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall" erzählt Domenico Dara von einem Briefträger, der sich Zufälle notiert. Zu Beginn der Handlung ist er bei Nr. 438 angekommen; es ist der 7. April 1969, die Amerikaner schicken Menschen gen Mond. Ziel des Beamten ist nicht, dem Zufall auf die Spur zu kommen, im Gegenteil, er will ihn ausschalten: "Nichts auf der Welt geschah zufällig, nichts wurde zerstört und nichts erschaffen, sondern alles verwandelte sich auf sinnvolle Weise." Der einsame Träumer, der bei anderen mitlebt, statt die eigene Existenz zu gestalten, will den verborgenen Sinn im Leben entdecken, die Fäden zu einem verständlichen Ganzen binden. Tatsächlich werden dreieinhalb Monate und 27 Zufälle später mehrere Geschichten abgeschlossen und die Aufgabe des Postboten erfüllt sein.

Das erzählt Dara in einem vitalen Roman: Girifalco wimmelt so sehr von sinnenfrohen und schrulligen Figuren, dass sie in einem vierseitigen Verzeichnis am Ende resümiert werden. Die kalabrische Fülle trägt jedes einzelne Kapitel durch seine Überschrift, die gern Existentielles und Sinnliches, Poetisches und Kulinarisches mixt, wie überreife Tomaten in einem Bauchladen vor sich her: "Von Vonella, der freiwillig nach Russland fährt, von einem Flämmchen, das allmählich erlischt, von einem ungewöhnlichen bösen Blick, von Bratkartoffeln mit Paprika und von einer Fotografie vergangener Sorglosigkeit". Auch wenn das Städtchen real existiert und Dara in Girifalco aufgewachsen ist, bedient der Roman doch das, was man so an stereotypen Erwartungen haben könnte: Es begegnen darin kupplerische Tanten, dralle Damen, die das Gemächt des Priesteranwärters erobern, korrupte christdemokratische Bürgermeister, die die Landschaft mit Mülldeponien verschandeln möchten, knorrige, sauflustige und analphabetische Kommunisten oder eben ein Postbote, der heimlich Briefe öffnet und das Schicksal seiner Mitmenschen in bessere Bahnen zu leiten sucht.

Im Zentrum des Buches stehen die Briefe eines Unbekannten an Teresa Sperarò, eine verheiratete Frau und Mutter: Offensichtlich handelt es sich um eine Stimme aus der Vergangenheit, die eine frühere Liebe wiederbeleben möchte. Der Briefträger stellt seine Nachforschungen an und kommt darauf, dass es sich um Salvatore Crisante handeln muss, Teresas ehemaligen Verlobten, der wegen einer Vergewaltigung, die er nicht begangen hatte, zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde. Diese Liebe nimmt den Postboten ganz in Beschlag: Sie lässt die Erinnerung an seine verflossene Leidenschaft für Rosa wieder aufleben und führt ihn sogar in das bislang gemiedene Nachbardorf San Floro, wo sein Vater, der seine Mutter und ihn verlassen hatte, sein Leben verbracht hat.

Mit seinem Debüt hat der 1971 geborene Domenico Dara viel Erfolg bei Publikum, Kritik und den Juroren diverser Preise erzielt. Teils kann man es nachvollziehen: Die Charaktere sind sympathisch, vorneweg der philosophierende Postbote; es wimmelt an saftigen Anekdoten und malerischen Details, die Geschichte wird flott erzählt, die eine oder andere Wendung der Hauptintrige um Teresa spielt die Lesererwartung elegant aus. Die allermeisten tun das allerdings leider nicht: "Der Postbote von Girifalco" läuft mit einem gutbestückten Vorrat an Klischees über den Markt und versucht, sie alle an den Mann zu bringen. Zu Geschlechterrollen: "Der arme Kerl! Seine Frau war das einzig Schöne, das ihm das Leben geschenkt hatte; nur in ihren Armen und zwischen ihren Beinen empfand er Freude, und jetzt drohte er durch die Launen eines Frauenhelds im Westentaschenformat, eines figghiu de puttana, alles zu verlieren." Zu Leben und Liebe (hier mit den Worten des Postboten): "Alles geht zu Ende, denn wir sind Früchte am Baum, aber manchmal ist etwas, das wie ein Ende aussieht, der Beginn einer anderen Geschichte, und so wird unsere Liebe wiedergeboren werden, Teresa, denn manchmal brauchen Schicksale mehr als ein Leben, um sich zu erfüllen." Zu Büchern: "Es war, wie wenn die Bücher ihm die Augen öffneten und ihm andere Länder und Menschen zeigten."

Dara liefert mehr oder weniger gehobene Unterhaltung, und man wundert sich, dass die Juroren des renommierten Italo-Calvino-Preises, der nicht publizierte Erstlingswerke auszeichnet, den Roman in die engere Auswahl genommen haben. Denn der süditalienische Mikrokosmos wird im Postkartenformat geliefert, da helfen auch Homer- und Dante-Anspielungen nichts. Und der Zufall, diese Zumutung, die in Reinform nur wenige ertragen, hat in Daras Welt wenig zu suchen: Ihn ersetzt ein Aufguss poetischer Gerechtigkeit, in Hochglanz, mit Sepiatönung.

NIKLAS BENDER

Domenico Dara: "Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall". Roman.

Aus dem Italienischen von Anja Mehrmann. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019. 480 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»ein toller Roman voller italienischer Gefühle« Franziska Schleicher rezensoehnchen.de 20190808