Chile, Anfang der siebziger Jahre. Am Ende einer durchzechten Nacht ersticht der junge Jaime seinen heimlich begehrten besten Freund. Im Gefängnis landet er in einer Gruppenzelle, in der ein gefürchteter Anführer das Sagen hat, den alle nur "El Potro", den jungen Hengst, nennen. El Potro wird Jaimes Beschützer und macht ihn zu seinem neuen "Prinzen", erwartet dafür aber Loyalität und sexuelle Unterordnung. Die "Liebe im Dunkeln" zwischen den beiden erfüllt Jaimes Bedürfnis nach Zuneigung und Zugehörigkeit, weckt in ihm aber auch die Lust, selbst zum Anführer zu werden. Doch dann entbrennt im Knast ein brutaler Machtkampf.Mit seinem Roman "Der Prinz" führt uns Mario Cruz in eine Welt der Hierarchien und Machtproben, deren Doppelbödigkeit er in knapper, schnörkelloser Sprache offenlegt: so unmoralisch wie naiv, so zart wie fatalistisch. Der 1972 im Selbstverlag gedruckte Roman avancierte in Chile zunächst zum Underground-Hit, geriet nach der Machtergreifung Pinochets aber in Vergessenheit und wird hier zum ersten Mal wieder veröffentlicht. Im Nachwort zu dieser Ausgabe begibt sich Florian Borchmeyer auf Spurensuche nach dem Autor dieser literarischen Wiederentdeckung.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Gustav Seibt hält erstmalig den Text von Mario Cruz aus dem Jahr 1972 in deutscher Übersetzung in Händen. Die Geschichte einer schwulen Randexistenz in Chile liest er als Liebesgeschichte mit tödlichem Ausgang, "zart hingeworfen", verfasst im proletarischen Jargon. Seibt erinnert die stets "am Rand des Gewaltausbruchs" balancierende, zwischen Krassheit und Zartheit changierende Geschichte an Pasolini. Dass es bei aller Deutlichkeit im Text nie pornografisch wird, hält er für eine nicht geringe Leistung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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