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"Natürlich wollte ich Macht - Gestaltungsmacht", bekennt Erhard Eppler. Sein Wort hat Gewicht in Deutschland seit über 50 Jahren. Der geradlinige Politiker, Lehrer und schwäbische Protestant gilt als kritisches Gewissen der Bundsrepublik und der SPD. Er hielt an seinen klaren Positionen auch dann fest, wenn dies zu Lasten seiner politischen Karriere ging. Egon Bahr hat einmal über ihn geschrieben: "Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben auch." Nach seinem Rückzug von allen politischen Ämtern und Mandaten 1982 begann seine zweite erstaunliche Karriere als Vor- und Nach- und Querdenker, auf…mehr

Produktbeschreibung
"Natürlich wollte ich Macht - Gestaltungsmacht", bekennt Erhard Eppler. Sein Wort hat Gewicht in Deutschland seit über 50 Jahren. Der geradlinige Politiker, Lehrer und schwäbische Protestant gilt als kritisches Gewissen der Bundsrepublik und der SPD. Er hielt an seinen klaren Positionen auch dann fest, wenn dies zu Lasten seiner politischen Karriere ging. Egon Bahr hat einmal über ihn geschrieben: "Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben auch." Nach seinem Rückzug von allen politischen Ämtern und Mandaten 1982 begann seine zweite erstaunliche Karriere als Vor- und Nach- und Querdenker, auf den sich nicht nur Sozialdemokraten berufen. Spannend erzählt die Journalistin Renate Faerber-Husemann das Leben des Ministers, Pädagogen, Sozialethikers und Vordenkers der Umwelt- und Entwicklungspolitik. Zahlreiche private Interviews mit Eppler bilden die Grundlage der Biographie. Die Autorin sprach mit Freunden, ehemaligen Schülern und Weggefährten. Ein faszinierendes Buch, in dessen Mittelpunkt das Engagement Er-hard Epplers für mehr Freiheit und Gerechtigkeit steht.
Autorenporträt
Faerber-Husemann, Renate
Renate Faerber-Husemann, geb. 1946, freie Journalistin, in den 1970er-Jahren Korrespondentin der »Frankfurter Rundschau« in Baden-Württemberg. Danach freie Journalistin in Bonn für ARD-Rundfunkanstalten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.2011

Herrschaftsfreie Einladung
Erhard Eppler, die SPD und die Kraft des Wortes

Vierundachtzig Jahre ist Erhard Eppler im vergangenen Herbst geworden. Wer deshalb glaubt, der frühere SPD-Bundesminister lebe auf dem Friedensberg in Schwäbisch Hall zurückgezogen und sei ohne politischen Einfluss, der täuscht sich. Vielleicht hatte Eppler 2010 sogar mehr Wirkung auf die baden-württembergische SPD als in vielen Jahren zuvor: Seine Drohung, zum Streitthema "Stuttgart 21" eine Mitgliederbefragung zu machen, trieb den SPD-Landesvorsitzenden dazu, sich von dem Verkehrsprojekt kalt zu verabschieden und den Bürgern eine Volksabstimmung anzubieten, die eigentlich nach der Verfassung nicht zulässig ist. Einfluss hat der kluge alte Mann der SPD also bis heute.

Die Journalistin Renate Faerber-Husemann nennt ihr Buch "Biographie" und schreibt darin, "Zuneigung" könne den Blick trüben, aber sie sei von Eppler so beeindruckt, weil er seit Jahrzehnten seinen Einfluss nur auf die Kraft des Wortes habe stützen können. Anders gesagt: Ihr Band hat mit einer kritischen Biographie so wenig gemein wie ein Groschenroman mit der Belletristik Tolstois. Wer also akzeptiert, dass hier eine glühende Verehrerin des Sozialdemokraten schreibt, der kann durch die Lektüre eine Menge lernen über Epplers Leben, die Sozialdemokratie und am Rande auch über Baden-Württemberg.

Eppler stammt aus einer protestantischen Lehrerfamilie; er ist eines von sieben Kindern. Seine Mutter ist Tochter eines liberalen Pfarrers, sein Vater entstammte einer Albbauern-Familie. Er war Schulleiter in Schwäbisch Hall, starb schon, als Erhard Eppler 14 Jahre alt war. Der Vater war ein Anhänger des linksliberalen Reichstagsabgeordneten Friedrich Naumann. Erhard Eppler musste 1943 mit 16 Jahren zur Flak einrücken, er ist also ein typischer Repräsentant der "Flakhelfer-Generation", die später beim Aufbau der Bundesrepublik eine entscheidende Rolle spielte. Der Lehrer Eppler fand dann über Gustav Heinemanns Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP) in die Politik und 1956 über Carlo Schmid zur SPD: "Dann kam die Wiederbewaffnungsdebatte und die Notgemeinschaft für den Frieden, in der meine Frau und ich engagiert waren. Und seither ist die CDU für mich eine zwar unentbehrliche Volkspartei, aber nichts für mich", sagt Eppler in einem von mehreren Interviews, die das Buch enthält.

Eppler wurde 1961 in den Bundestag gewählt und 1968 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. 1974 trat er zurück, weil das Verhältnis zu Bundeskanzler Schmidt zerrüttet war. Als SPD-Fraktions- und Landesvorsitzender in Baden-Württemberg scheiterte Eppler bei den Wahlen 1976 und 1980. Er blieb immer ein "Idealist", was die Autorin so fasziniert, dass es ihr gar nicht in den Sinn kommt, die Schattenseiten dieses linksliberalen, protestantischen Idealismus zu beleuchten: So lässt sie Eppler unwidersprochen behaupten, die SPD-Grundwertekommission sei ein Ort des "herrschaftsfreien Diskurses" gewesen. Ähnlich unkritisch arbeitet die Autorin die Beziehung zwischen Helmut Schmidt und Eppler auf: Nach Epplers Darstellung hat Schmidt ihn immer als "religiösen Pazifisten" und reinen "Verantwortungsethiker" missverstanden. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn Schmidt zweifelte - nicht zu Unrecht, wie sich nach Epplers Zeit in Bonn herausstellen sollte - an dessen Fähigkeit, Wahlen zu gewinnen. Welchen Schaden der Idealist und Visionär Eppler seiner Partei auch zugefügt hat oder haben könnte, kommt bei Renate Faerber-Husemann nicht zur Sprache. Immerhin enthält das Buch eine versöhnliche Botschaft Epplers an den ehemaligen Kanzler: "Wenn Helmut Schmidt mich einladen würde, dann würde ich selbstverständlich kommen. Aber ich kann ihn nicht einladen."

RÜDIGER SOLDT

Renate Faerber-Husemann: Der Querdenker. Erhard Eppler - Eine Biographie. Dietz-Verlag, Bonn 2010. 296 S., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen etwas zwiespältigen Eindruck hat Renate Faerber-Husemanns Biografie des SPD-Politikers Erhard Eppler bei Rüdiger Soldt hinterlassen. Wer sich von dem Werk eine auch nur ansatzweise kritische Biografie des ehemaligen Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit erwartet, wird seines Erachtens bitter enttäuscht werden. Allerdings hält er der Autorin zugute, selber einzuräumen, dass ihr Buch von Zuneigung und Verehrung geprägt ist. Akzeptiert man dies, kann man das Werk nach Ansicht des Rezensenten dennoch mit Gewinn lesen und einiges über Epplers Leben, die SPD und teilweise auch über Baden-Württemberg lernen. Nichtsdestoweniger hätte er sich eine etwas kritischere Auseinandersetzung mit den negativen Seiten von Epplers Idealismus gewünscht. Ähnlich unkritisch scheint Soldt auch die Aufarbeitung der schwierigen Beziehung Epplers zu Helmut Schmidt.

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