"Ich habe es nicht versäumt, euch den ganzen Ratschluss Gottes mitzuteilen" (Apg 20,27), konstatiert Paulus in seiner Abschiedsrede vor den Ältesten von Ephesus. Vielen anderen Erzählfiguren im lukanischen Doppelwerk bleiben solche tiefen Einblicke allerdings verwehrt: Sie wissen nichts von einem göttlichen Ratschluss oder verstehen ihn nicht, werden aber gerade dadurch zu dessen Ausführungsorganen. Daniel Lanzinger zeigt auf, dass dieses Spiel mit diskrepanter Informiertheit ein konstitutives Element von Lukas' narrativer Theologie darstellt: Durch die erzähltechnische Erzeugung von Informations- und Verstehensvorsprüngen lädt der Evangelist seine Leserinnen und Leser zu einer kognitiven Mitarbeit an der Deutung der Geschehnisse ein. So entsteht im Prozess der Lektüre nach und nach ein Gesamtbild dessen, was den Ratschluss Gottes ausmacht, wie man ihn erkennt und wie er zur Umsetzung kommt.