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Patrick Pearse' in englischer Sprache verfaßte mystisch-visionäre Lyrik von religiöser Solennität erinnert an die exaltierte Rhetorik und deklamatorische Intensität eines Walt Whitman, seine in der Diktion der traditionellen gälischen Dichtung gehaltenen irischsprachigen Gedichte vereinen christliche und heidnische Motive. In allem scheint der Topos des Selbstopfers auf.

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Produktbeschreibung
Patrick Pearse' in englischer Sprache verfaßte mystisch-visionäre Lyrik von religiöser Solennität erinnert an die exaltierte Rhetorik und deklamatorische Intensität eines Walt Whitman, seine in der Diktion der traditionellen gälischen Dichtung gehaltenen irischsprachigen Gedichte vereinen christliche und heidnische Motive. In allem scheint der Topos des Selbstopfers auf.
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Autorenporträt
Pearse, PatrickPatrick Henry Pearse (Pádraig Anraí Mac Piarais, 1879-1916) ist eine der bedeutendsten Gestalten der neueren irischen Geschichte. Ursprünglich Anwalt, radikalisierte sich der Sohn eines Engländers und einer Irin zusehends.Als Pädagoge, Poet und Publizist befürwortete er ein souveränes, demokratisches, republikanisches und gälisches Irland und avancierte erst zum Oberbefehlshaber des vom 24. bis zum 29.April 1916 dauernden Dubliner Osteraufstands und schließlich zum Präsidenten der Provisorischen Regierung. Am Morgen des 3. Mai 1916 wurde der Nationalrevolutionär im Gefängnis von Kilmainham hingerichtet.Von seiner Mutter und seinem Bruder hatte er sich mit anrührenden Versen verabschiedet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der Rebellenführer als schöne Seele

Vor hundert Jahren führte Patrick Pearse in Dublin den Osteraufstand an. Wer den Antrieb dazu verstehen will, sollte die Gedichte des danach von den Briten hingerichteten Lyrikers lesen.

Heute vor hundert Jahren hatte Patrick Pearse noch eine Woche zu leben, und er ahnte es. Zwei Tage zuvor, am Ostermontag 1916, hatte der 1879 geborene Dichter in Dublin als Anführer einen bewaffneten Aufstand in Gang gesetzt, der bis zum 29. April währen sollte, als die britischen Truppen alle besetzten Gebäude einnehmen und die Rebellen festsetzen konnten (F.A.Z. vom 26. März). Gescheitert war diese als Osteraufstand berühmt gewordene Rebellion aber gleich zu Beginn, als die erhoffte Signalwirkung der Erhebung ausblieb, weil der Stabschef der für die irische Unabhängigkeit eintretenden "Irish Volunteers" den Befehl gegeben hatte, außerhalb Dublins nicht zu den Waffen zu greifen. Damit waren die rund tausend Aufständischen in der Stadt auf sich allein gestellt.

Doch Patrick Pearse, der nicht nur als Oberbefehlshaber der gar nicht vorhandenen Streitkräfte amtierte, sondern auch zum Präsidenten der Provisorischen Regierung einer Republik Irland proklamiert worden war, die nur in den paar belagerten Amtsstuben von Dublin anerkannt wurde, dachte nicht daran, aufzugeben, obwohl er selbst als jemand galt, der außer der Feder keine Waffe einzusetzen vermochte. Am 2. Mai 1916 wurde er von einem britischen Kriegsgericht zum Tode verurteilt, einen Tag später erschossen.

Seine vier letzten Gedichte schrieb er in Haft, pikanterweise auf Englisch, obwohl der studierte Literaturwissenschaftler Pearse 1905 auf Gälisch zu dichten begonnen hatte. Als Sohn eines aus England stammenden Vaters und einer Irin war Englisch die Sprache seiner Kindheit gewesen, ehe er sich als Sechzehnjähriger der Gälischen Liga angeschlossen hatte und seit 1903 sogar eine gälische Zeitung herausgab, in der auch sein Debüt als Dichter stattfinden sollte. Das überlieferte lyrische Gesamtwerk von Pearse umfasst nur 36 Gedichte.

Davon sind 28 in einem schönen Broschurband versammelt, den der Literaturwissenschaftler Hans-Christian Oeser pünktlich zum hundertsten Todestag von Pearse herausgegeben hat. Den von Oeser selbst erstellten Übersetzungen ist das jeweilige Original beigegeben: fünf gälische und 23 englische Gedichte, darunter vierzehn, die ursprünglich auf Gälisch geschrieben, von Pearse aber später selbst übersetzt worden waren. Die Entscheidung für die englischen Versionen als Grundlage der Übersetzung ins Deutsche ist gut begründet, sind es doch gleichsam die letzten von Pearse autorisierten Versionen, bei deren Übertragung ins Deutsche Oeser allerdings auch die gälischen Originale herangezogen hat. Dadurch weicht manche deutsche Fassung in Wortwahl und Rhetorik von der auf Englisch abgedruckten Vorlage ab. So etwa beim prophetischen Gedicht "Renunciation" (1912), dessen letzte Strophen lauten:

I turned my back

On the vision I have shaped

And to this road before me

I turned my face.

I have turned my face

To this road before me,

To the deed that I see

And the death I shall die.

In der mit "Entsagung" betitelten deutschen Version heißt es dann:

Ich wandte der Vision,

Die ich geformt, den Rücken

Und wandte mein Gesicht

Der Straße vor mir zu.

Ich habe meinen Blick

Der Straße vor mir zugewandt,

Der Tat, die ich kommen sehe,

Und dem Tod von fremder Hand.

Leider rechtfertigt Oeser seine Abweichungen vom englischen Text (einmal "Gesicht", dann wieder "Blick" für face; "Tod von fremder Hand", obwohl das Original mit the death I shall die dies bestenfalls andeutet) nicht eigens, obwohl ein Blick auf das gälische Original diese Entscheidungen verständlich macht. Andererseits: Warum dann nicht gleich die gälische Erstfassung? Und hätte nicht das Versmaß strenger beachtet werden können, da Pearses' reimfreie Dichtung die Übersetzung ohnehin erleichtert?

Aber Oeser geht es um Tonfall und Bilderreichtum der Pearse'schen Dichtung, die ihre Quellen genauso im Unabhängigkeitsstreben und dessen katholisch-irischer Terminologie hat wie das sonstige publizistische Werk: "In seinen politischen Reden und Schriften, die von religiösen Begriffen wie Taufe, Kommunion und Wunder durchzogen sind, verband er gälisches Siegespathos mit dem Ethos christlichen Märtyrertums", so Oeser. Das macht gerade die Dichtung, vor allem vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs, den Pearse begeistert begrüßte als "Tribut von Menschenleben, bereitwillig entrichtet aus Liebe zum Vaterland", heute schwer verständlich, bisweilen auch schwer erträglich, aber Pearse war mit seiner Haltung ja kein Einzelfall.

Was ihn exemplarisch und unbedingt übersetzungswürdig macht, ist das Pathos der lyrischen Tätigkeit, gipfelnd in vier letzten Gedichten im Wissen um die baldige eigene Hinrichtung. Warum nur hat Oeser die Gedichte nicht in der Reihenfolge ihrer Entstehung geordnet? Sie bieten eine Lehrstunde zur Faszination von aus Ästhetizismus geborenem Fanatismus. Pearses' Verteidigung vor dem Kriegsgericht wurde selbst von den Anklägern als geradezu poetische Tat begriffen.

"Es muss etwas ernstlich verkehrt sein an der Lage der Dinge", erzählte später der Richter, der ihn zum Tode verurteilte, "dass ein Mann wie dieser zum Rebellen wird." Das hinderte das Gericht allerdings nicht, auch den Bruder William und dreizehn weitere Aufständische hinrichten zu lassen, obwohl Patrick Pearse an es appelliert hatte, "einzig mein Leben als Pfand zu akzeptieren". Dieses ganz im pathetischen Geist seiner Dichtung gehaltene Plädoyer traf jedoch auf die harte politische Realität. Auch das war exemplarisch.

ANDREAS PLATTHAUS

Patrick Pearse: "Der Rebell". Gedichte.

Aus dem Englischen und Irischen und mit einem Nachwort von Hans-Christian Oeser. Edition Rugerup, Berlin 2016. 110 S., br., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Andreas Platthaus freut sich über diesen schönen von Hans-Christian Oeser herausgegebenen Band, der immerhin 28 der insgesamt 36 Gedichte von Patrick Pearse versammelt. Dass neben Oesers deutschen Übersetzungen hier auch die englische beziehungsweise gälische Originalversion abgedruckt ist, findet der Kritiker begrüßenswert, allerdings hätte er sich gewünscht, dass bei den vierzehn Gedichten, die von Pearse zunächst auf Gälisch verfasst und erst danach ins Englische übertragen wurden, auch die gälische Version abgedruckt worden wäre, um Oesers Abweichungen vom englischen Text verständlich zu machen. Dennoch lässt sich der Rezensent von Pearse' Bilderreichtum und Tonfall in den Bann ziehen, auch wenn er das von katholisch-irischer Terminologie getragene gälische Siegerpathos der Gedichte angesichts des Ersten Weltkriegs bisweilen schwer "erträglich" findet. In jedem Fall aber lernt Platthaus in Pearse' Werk wie Ästhetizismus in Fanatismus münden konnte.

© Perlentaucher Medien GmbH