Nein, mit dem reden wir nicht mehr. Wenn die dabei sind, kommen wir nicht! Der Riss, der durch Deutschland ist tief und heftig. Er teilt mittlerweile sogar Familien. Die beiden bekannten Karikaturisten Christiane Pfohlmann und Bernd Zeller können geradezu als berufen gelten, die Spaltung zu überwinden und Deutschland wieder zu einen. Sie fragen sich: Woher kommt die tiefe Spaltung zwischen denen mit unserer Haltung und denjenigen Gestalten, die nichts von unserer Haltung halten? Pfohlmann und Zeller tragen ihren Streit mit Hilfe von Karikaturen und Emails aus, die sich gegenseitig zugeschickt und wieder darauf mit Cartoon und Text geantwortet haben. Der Verlag fand die Idee so potentiell friedensstiftend, dass er gleich ein ganzes Buch da-raus produzierte. Penibel achteten alle Parteien auf absolute Parität, jeder die gleiche Anzahl Cartoons, jeder die gleiche Anzahl Email-Text. Absolut ausgewogen also. Einen Konflikt mit den Mitteln des Cartoons auszutragen ist zweifellos ein zivilisationshistorischer Fortschritt, der sogar schon älter ist, als man zunächst meinen möchte. Schon in der Steinzeit zogen es die kultivierteren Horden vor, lieber Höhlen-wände mit Jagdmotiven zu bemalen, statt tatsächlich die blutige Tradition der Treibjagd zum Erbeuten von Fleisch zu pflegen. Lei-der wurden die Faustkeile, die als Schreibwerkzeug sehr gut in der Hand liegen, als Hieb- und Stichwaffen zweckentfremdet. Auch die Bronzezeit ist ein unrühmliches Kapitel in der Geschichte, weil das Metall nicht feinmechanisch bearbeitet werden konnte und darum nicht zur Herstellung von Stiften, sondern Schwertern verwendet wurde. Die alten Ägypter kannten papierartige Materialien, zogen es aber vor, für die Veröffentlichung ihrer Bildergeschichten un-verhältnismäßig große Bauwerke zu errichten. Von Wilhelm Busch ist bekannt, dass er viele seiner gezeichneten Figuren zu Tode gebracht hat, dafür von seinen Mitmen-schen niemanden. Als Begründer der Kunsttherapie wird er immer noch unterschätzt. Papier und Zeichenstift ließen sich auch als Schnitt- und Stichwaffen einsetzen, wenn nicht die Befähigung und Lust zum Zeichnen die Aggressivität ins Produktive leitete. Historiker sind sich darin einig, dass der Erste Weltkrieg nicht ausgebrochen wäre mit einem Cartoonisten als Kaiser. Wäre der Hitler-Stalin-Pakt in Cartoonform verfasst worden, müssten die Geschichtsbücher mindestens umillustriert werden. Auch der Kalte Krieg hätte einen besseren Ruf, wenn er auf dem Gebiet der Zeichnerei ausgetragen worden wäre. Für Trump und Kim Jong-un ist die gegenseitige Begiftung auf Twitter auch nur ein Ersatz für fehlende Befähigung zum Zeich-nen von Cartoons. Es ist daher sehr unterstützenswert, dass Christiane Pfohlmann und Bernd Zeller sich bereitgefunden haben, den Riss, der an-geblich durch die Gesellschaft geht, karikaturistisch zu behandeln. Manche hätten eher erwartet, der Riss durch die Gesellschaft verläuft zwischen denen, die Cartoons machen, und denen, die sie angucken, aber das müssen die beiden unter sich ausmachen. Das Buch hat einige Längen, besonders in den Texten, aber dann liest man eben etwas schneller. Dieses Buch ist wichtig, damit sich Hitler nicht wiederholt. Und was läßt Bernd Zeller eine seiner Cartoonfiguren sagen: »Was soll das Gejammere, was bei abweichenden Meinungen angeblich passiert. Niemand wird gezwungen, eine abweichende Meinung zu äußern!«