Carl Schmitt (1888-1985) gehört zu den bedeutendsten und international am meisten diskutierten politischen Denkern des 20. Jahrhunderts. Über Jahrzehnte seines langen Lebens führte er Tagebücher, von denen bisher drei Bände erschienen sind. Der jetzt vorliegende neue Band beleuchtet Schmitt an einer entscheidenden Nahtstelle, am Beginn der 1920er Jahre in Bonn, die für das Entstehen seines Werkes als besonders fruchtbar gelten. Die Aufzeichnungen aus dieser von militärischer Besatzung, Wirtschaftskrise und Währungszusammenbruch gekennzeichneten Zeit erschließen die schwierigen Begleitumstände seines akademischen Wirkens. Sie zeigen den jungen Staatsrechtslehrer als von Unrast getriebenen, aber produktiven "Künstlertypus". Schmitts Freundes- und Kollegenbeziehungen, seine Alltagserfahrungen, seine Lektüre- und Gedankenwelten, auch seine seelischen und erotischen Obsessionen treten hervor. Teil I enthält unterschiedliche Eintragungen aus dem Zeitraum August 1921 bis August 1922, Teil II Tag-für-Tag-Aufzeichnungen der Jahre 1923 und 1924, Teil III unter dem von Schmitt selbst gewählten Titel "Der Schatten Gottes" u.a. Ideen zu Vorlesungen, aphoristisch zugespitzte Beobachtungen und Selbstcharakterisierungen.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Von wegen Souveränität! In diesen Aufzeichnungen erlebt Rezensent Stefan Breuer Carl Schmitt nicht als einen, der über Ausnahmezustände gebietet, sondern als jemanden, der von extremsten Affekten hin und her gerissen wird - von der "fruchtbaren Gier nach einer Frau" oder von der Wut auf das enge Elternhaus, die kläglichen Finanzen und die "ekelhaften Preußen". Aufschlussreich findet Breuer das in gewisser Weise schon, aber auch sehr quälend. Denn in den Tagebüchern und Briefen von 1921 bis 1924 beschäftigt sich Schmitt weder ernsthaft mit dem Geschehen seiner Zeit noch mit anderen Menschen. Er bleibt ganz in seinem seelischen Souterrain. Zum Putsch von Hitler und Ludendorff liest Breuer etwa nur: "Schrecklich, aber ich dachte nur an Duschka, die ich nachher sehe." Für den Rezensenten wird erkennbar, wie viel Schmitt an sich selbst bekämpft hat, was er in seiner Kritik an der politischen Romantik attackieren wird.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Die Herausgeber haben, ganz abgesehen von der Kärrnerarbeit der Transkription fast durchweg stenographierter Einträge, die der bereits verstorbene Hans Gebhardt besorgt, insofern hervorragende Arbeit geleistet, eher selten konnte etwas nicht ermittelt werden.« Ingo Meyer, in: Philosophische Rundschau, 62/2015
»Mit diesem vierten Tagebuchband liegt meines Erachtens der bisher aufschlussreichste und spannendste vor. Er umgreift entscheidende berufliche und private Ereignisse in Schmitts Leben [...] Möglicherweise sind die Tagebücher auch nur die Dokumente eines 'Buchhalter[s] meiner Verzweiflung' (S. 83), und diese Bilanzierung fordert vom Leser einiges ab, bereichert ihn aber auch mit intellektuellen Diamantsplittern und tief greifenden Einblicken in eine zerrissene Seele.« Angela Reinthal, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 6/2015
»Ein Personenverzeichnis von Hermann Abbegg bis Adolf Josef Zycha rundet die sehr aufschlussreiche, wertvolle, am Beginn und Ende eine Auswahl von Adressen Carl Schmitts in Bonn zwischen 1922 und 1924 bietende Edition ab, die jeder an Carl Schmitt Interessierte mit reichem Gewinn verwerten kann.« Gerhard Köbler, in: Zeitschrift Integrativer Europäischer Rechtsgeschichte, 5/2015
»In das Dickicht der Namen schlägt die editorische Arbeit Breschen: Die dichte Kommentierung läßt keine Fragen offen. Auch dieser Band ist kenntnisreich und gut lesbar eingeleitet, und auch ihm ist ein Anhang mit Briefen, Dokumenten und Abbildungen beigegeben. Der Blick in die Briefe und Tagebücher Hubers und Schmitts lohnt, nicht wegen etwaiger Schadenfreude über Irrungen und Wirrungen in den Köpfen zweier berühmter Juristen, sondern auch und gerade wegen den darin sichtbar werdenden Brüchen der Epochen, in denen sie lebten und schrieben« Ulf Morgenstern, in: Das Historisch-Politische Buch, 63. Jg., 5/2015 (Sammelrezension zu diesem Titel und 'Carl Schmitt - Ernst Rudolf Huber. Briefwechsel (1926-1981), hrsg. v. Ewald Grothe')
»In diesen Jahren 1921 bis 1924 wurde Schmitt der Autor, den wir kennen. Deshalb ist die Edition ein Schlüsseldokument, das jenseits von Schmitt auch in die exzentrische Sprache der Liebe entführt, wie hohe Bildung sie ermöglicht.« Prof. Dr. Reinhard Mehring, in: Merkur, 12/2014
»Mit diesem vierten Tagebuchband liegt meines Erachtens der bisher aufschlussreichste und spannendste vor. Er umgreift entscheidende berufliche und private Ereignisse in Schmitts Leben [...] Möglicherweise sind die Tagebücher auch nur die Dokumente eines 'Buchhalter[s] meiner Verzweiflung' (S. 83), und diese Bilanzierung fordert vom Leser einiges ab, bereichert ihn aber auch mit intellektuellen Diamantsplittern und tief greifenden Einblicken in eine zerrissene Seele.« Angela Reinthal, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 6/2015
»Ein Personenverzeichnis von Hermann Abbegg bis Adolf Josef Zycha rundet die sehr aufschlussreiche, wertvolle, am Beginn und Ende eine Auswahl von Adressen Carl Schmitts in Bonn zwischen 1922 und 1924 bietende Edition ab, die jeder an Carl Schmitt Interessierte mit reichem Gewinn verwerten kann.« Gerhard Köbler, in: Zeitschrift Integrativer Europäischer Rechtsgeschichte, 5/2015
»In das Dickicht der Namen schlägt die editorische Arbeit Breschen: Die dichte Kommentierung läßt keine Fragen offen. Auch dieser Band ist kenntnisreich und gut lesbar eingeleitet, und auch ihm ist ein Anhang mit Briefen, Dokumenten und Abbildungen beigegeben. Der Blick in die Briefe und Tagebücher Hubers und Schmitts lohnt, nicht wegen etwaiger Schadenfreude über Irrungen und Wirrungen in den Köpfen zweier berühmter Juristen, sondern auch und gerade wegen den darin sichtbar werdenden Brüchen der Epochen, in denen sie lebten und schrieben« Ulf Morgenstern, in: Das Historisch-Politische Buch, 63. Jg., 5/2015 (Sammelrezension zu diesem Titel und 'Carl Schmitt - Ernst Rudolf Huber. Briefwechsel (1926-1981), hrsg. v. Ewald Grothe')
»In diesen Jahren 1921 bis 1924 wurde Schmitt der Autor, den wir kennen. Deshalb ist die Edition ein Schlüsseldokument, das jenseits von Schmitt auch in die exzentrische Sprache der Liebe entführt, wie hohe Bildung sie ermöglicht.« Prof. Dr. Reinhard Mehring, in: Merkur, 12/2014