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Der griechische Maler Timanthes, der sich die Opferung der Iphigenie zum Thema gewählt hatte, erkannte während der Arbeit, daß es ihm nicht gelingen würde, die bewegende Situation und die Trauer im Gesicht Agamemnons, des Vaters, überzeugend widerzuspiegeln. Der Maler behalf sich, indem er das Gesicht Agamemnons mit einem Schleier verhüllte. Das aber hieß: Er setzte auf einen Betrachter, der bereit sein würde, das Sichtbare nicht als es selbst, sondern als Zeichen aufzunehmen und zu deuten. Auf diese Grundsituation bezieht sich die Arbeit der historischen Semantik - sie vermutet, daß es an…mehr

Produktbeschreibung
Der griechische Maler Timanthes, der sich die Opferung der Iphigenie zum Thema gewählt hatte, erkannte während der Arbeit, daß es ihm nicht gelingen würde, die bewegende Situation und die Trauer im Gesicht Agamemnons, des Vaters, überzeugend widerzuspiegeln. Der Maler behalf sich, indem er das Gesicht Agamemnons mit einem Schleier verhüllte. Das aber hieß: Er setzte auf einen Betrachter, der bereit sein würde, das Sichtbare nicht als es selbst, sondern als Zeichen aufzunehmen und zu deuten. Auf diese Grundsituation bezieht sich die Arbeit der historischen Semantik - sie vermutet, daß es an einem Werk, einem Begriff, einem Bild mehr zu verstehen gibt, als dargestellt ist. Die historische Semantik sucht nicht nach Gesetzmäßigkeiten oder Prinzipien, sondern nach Bedeutungen. Bedeutungen jedoch antworten auf Erwartungen, die sich mit ihnen verändern. Ralf Konersmann bedient sich dieses hermeneutischen Verfahrens, um an aufschlußreichen Beispielen der Ideen-, Literatur- und Kunstgeschichte (an Werken von Rousseau, Goethe, Kleist, Magritte u. a.) die Wege der "Übersetzung" von Unverfügbarem in Verfügbares, Unsichtbarem in Sichtbares aufzuzeigen. Er bestimmt den geschichtlichen Bedeutungswandel dieser "Übersetzung" als zentrales Merkmal kultureller Produktion und zugleich als Schlüssel zu deren Verständnis.