Männer denken einfach zu viel. Und sie lassen sich immer wieder einreden, Schönheit wäre eine Sache der Frauen, reine Haut, leichtfüßige Bewegungen, eine klangvolle Stimme. Walt Whitman, Begründer der modernen amerikanischen Dichtung, kannte die Wahrheit. Mit 'Der schöne Mann' schrieb er eine Hymne auf den männlichen Körper und einen Leitfaden, wie man seine Möglichkeiten voll ausschöpft. Das reicht von einer reinen Fleischdiät über das Rezitieren von Gedichten im Freien und sorgloses Tanzen bis zu Bare Knuckle Fights.
'Der schöne Mann' erschien 1858 in dreizehn wöchentlichen Kolumnen im 'New York Atlas' und war 150 Jahre lang verschollen. Mit dieser Ausgabe liegt Whitmans kurioser Ratgeber erstmals auf Deutsch vor.
Mit zahlreichen zeitgenössischen Illustrationen und einem Nachwort von Hans Wolf.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
'Der schöne Mann' erschien 1858 in dreizehn wöchentlichen Kolumnen im 'New York Atlas' und war 150 Jahre lang verschollen. Mit dieser Ausgabe liegt Whitmans kurioser Ratgeber erstmals auf Deutsch vor.
Mit zahlreichen zeitgenössischen Illustrationen und einem Nachwort von Hans Wolf.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2018Welche Frische!
Walt Whitmans schwärmerisches
Buch „Der schöne Mann“
Ulkigerweise ist fast zeitgleich zu Svenja Flaßpöhlers Streitschrift „Die potente Frau“ der Band „Der schöne Mann“ erschienen. Das Buch ist eine Zusammenstellung von Kolumnen, die Walt Whitman 1858 unter dem Pseudonym Mose Velsor im New York Atlas schrieb. Eine Anleitung zur Selbstertüchtigung, voller Ratschläge, wie der männliche Körper (und Geist) zur Vervollkommnung gebracht werden können. Und was für ein Buch es ist! So viele Adjektive, soviel Erbaulichkeit und Homoerotik hat man lange nicht am Stück gesehen.
Whitman, berühmt für seine Lyrik, stellt große Fragen, von denen man heute einige direkt beantworten kann. Etwa: „Männliche Kraft und Schönheit! Wohnt diesen Worten nicht eine Art Zauber inne – eine faszinierende Magie?“ Antwort: Nein. Nein, tut sie nicht, zumindest heute nicht mehr, weil die heutigen Männer alle nicht „Der schöne Mann“ gelesen haben. Sie sind verkümmert und krumm geworden in diesem 21. Jahrhundert.
Whitman pflegt eine ganz eigene Mischung aus stilistischer Umständlichkeit und Gefälligkeit. Und offenbar hat sich in den letzten 150 Jahren wenig geändert, was basale Gesundheitsratschläge angeht. Viel Bewegung, aber in Maßen. Immer frische Luft, frisches Essen mit möglichst geringem Verarbeitungsgrad etc. Ziel: Der vollkommene Körper. Zum Thema Diät schreibt Whitman die ewig gültigen Worte: „Es liegt keine geringe Genugtuung in dem Sieg, welchen man mit einem kleinen Aufwand von Willensstärke über die verderblichen Verlockungen der Speisetafel errungen hat. Es ist ein Sieg, der dem Gewinn einer großen Schlacht gleichkommt.“
Das Schöne daran ist, dass er das absolut ernst meint. Ebenso wie die Zeilen: „Man sehe sich die prachtvollen Musterexemplare von Viehtreibern, Fuhrleuten, Feuerwehrmännern, Holzfällern, Heumachern, Schiffslotsen etc. pp. an! Welch ein Beispiel von Kraft, Schönheit und Regsamkeit stellen sie dar! Welcher Glanz der Gesichtsfarbe – welche Anmut in der Bewegung –, welche Frische in der ganzen Gestalt und Erscheinung!“ YMCA singt es da in einem. Nicht ganz so erbaulich sind aus heutiger Perspektive Whitmans Hinweise, dass zu „einem makellosen Körper“ auch „makelloses Blut“ gehört. Es gibt zwar wenig konkreten Rassismus in dem Buch, aber Schwarze existieren in Whitmans Welt einfach nicht.
JULIANE LIEBERT
Walt Whitman: Der schöne Mann. Das Geheimnis eines gesunden Körpers. dtv, München 2018. 280 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Walt Whitmans schwärmerisches
Buch „Der schöne Mann“
Ulkigerweise ist fast zeitgleich zu Svenja Flaßpöhlers Streitschrift „Die potente Frau“ der Band „Der schöne Mann“ erschienen. Das Buch ist eine Zusammenstellung von Kolumnen, die Walt Whitman 1858 unter dem Pseudonym Mose Velsor im New York Atlas schrieb. Eine Anleitung zur Selbstertüchtigung, voller Ratschläge, wie der männliche Körper (und Geist) zur Vervollkommnung gebracht werden können. Und was für ein Buch es ist! So viele Adjektive, soviel Erbaulichkeit und Homoerotik hat man lange nicht am Stück gesehen.
Whitman, berühmt für seine Lyrik, stellt große Fragen, von denen man heute einige direkt beantworten kann. Etwa: „Männliche Kraft und Schönheit! Wohnt diesen Worten nicht eine Art Zauber inne – eine faszinierende Magie?“ Antwort: Nein. Nein, tut sie nicht, zumindest heute nicht mehr, weil die heutigen Männer alle nicht „Der schöne Mann“ gelesen haben. Sie sind verkümmert und krumm geworden in diesem 21. Jahrhundert.
Whitman pflegt eine ganz eigene Mischung aus stilistischer Umständlichkeit und Gefälligkeit. Und offenbar hat sich in den letzten 150 Jahren wenig geändert, was basale Gesundheitsratschläge angeht. Viel Bewegung, aber in Maßen. Immer frische Luft, frisches Essen mit möglichst geringem Verarbeitungsgrad etc. Ziel: Der vollkommene Körper. Zum Thema Diät schreibt Whitman die ewig gültigen Worte: „Es liegt keine geringe Genugtuung in dem Sieg, welchen man mit einem kleinen Aufwand von Willensstärke über die verderblichen Verlockungen der Speisetafel errungen hat. Es ist ein Sieg, der dem Gewinn einer großen Schlacht gleichkommt.“
Das Schöne daran ist, dass er das absolut ernst meint. Ebenso wie die Zeilen: „Man sehe sich die prachtvollen Musterexemplare von Viehtreibern, Fuhrleuten, Feuerwehrmännern, Holzfällern, Heumachern, Schiffslotsen etc. pp. an! Welch ein Beispiel von Kraft, Schönheit und Regsamkeit stellen sie dar! Welcher Glanz der Gesichtsfarbe – welche Anmut in der Bewegung –, welche Frische in der ganzen Gestalt und Erscheinung!“ YMCA singt es da in einem. Nicht ganz so erbaulich sind aus heutiger Perspektive Whitmans Hinweise, dass zu „einem makellosen Körper“ auch „makelloses Blut“ gehört. Es gibt zwar wenig konkreten Rassismus in dem Buch, aber Schwarze existieren in Whitmans Welt einfach nicht.
JULIANE LIEBERT
Walt Whitman: Der schöne Mann. Das Geheimnis eines gesunden Körpers. dtv, München 2018. 280 Seiten, 18 Euro.
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(...) eine Meditation darüber, wie aus dem guten Leben des Einzelnen das gute Leben aller entstehen kann, also die Demokratie. Georg Diez Literatur Spiegel 20180401