Yoba und sein kleiner Bruder Chioke sind Straßenkinder in der nigerianischen Stadt Aba. Der sechzehnjährige kümmert sich liebevoll um seinen kleinen Bruder, der nicht spricht und auch sonst kaum Anteil an seiner Umgebung nimmt. Die Tage der Geschwister sind von Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit
geprägt. Einmal in der Woche essen Sie sich bei Adaeke satt, deren Mutter eine Suppenküche betreibt.…mehrYoba und sein kleiner Bruder Chioke sind Straßenkinder in der nigerianischen Stadt Aba. Der sechzehnjährige kümmert sich liebevoll um seinen kleinen Bruder, der nicht spricht und auch sonst kaum Anteil an seiner Umgebung nimmt. Die Tage der Geschwister sind von Armut, Hunger und Hoffnungslosigkeit geprägt. Einmal in der Woche essen Sie sich bei Adaeke satt, deren Mutter eine Suppenküche betreibt. Als der berüchtigte Gangster Big Eagle Adaeke und ihre Mutter bedroht, kann Yoba ihnen gegen die Angreifer helfen. Allerdings zu dem Preis nun selber vogelfrei auf der Todesliste der Verbrecher zu stehen. Er muss fliehen und beschließt mit seinem Bruder nach Europa zu gehen.
Ortwin Ramadan beschreibt in seinem Buch den abenteuerlichen und gefährlichen Weg der beiden Kinder. Allein auf sich gestellt durchqueren sie drei afrikanische Staaten. Vom Süden Nigerias nach Niger und von dort durch die Wüste Libyens bis an die Küste des Mittelmeeres. Da werden die Flüchtlinge illegal mit Booten bei Nacht und Nebel nach Italien verschifft. Die Flucht der Jungen scheint zunächst unter einem guten Stern zu stehen. Bei dem Angriff der Straßengang gelangt Yoba in den Besitz einer großen Summe amerikanischer Dollar. Das Geld ermöglicht die Reise überhaupt erst. Denn überall muss Schmiergeld, Schweigegeld, Lösegeld gezahlt werden. Dem Treibstoffhändler, damit er sie aus Aba in seinem Laster hinausschmuggelt. Den Grenzposten, damit sie ohne Visum und Pass nach Niger einreisen dürfen. Dem Ticketverkäufer des Schmugglerbootes, damit er sie ohne Eltern mitreisen lässt. Ramadan erzählt flüssig und mitreißend. Die Strapazen und Gefahren werden für den Leser deutlich spürbar.
Parallel zu Yoba’s Geschichte berichtet der Autor von einer deutschen Familie die im Süden Siziliens nahe der Insel Lampedusa Urlaub macht. Julian Wegmann, der siebzehnjährige Sohn, stößt bei seiner ersten Tauchstunde im Meer auf den Leichnam eines Farbigen. Später findet er am Strand ein in Folie gewickeltes Notizbuch. Es entpuppt sich als das Tagebuch Yobas indem er sie Erlebnisse der Flucht niedergeschrieben hat. Julian macht sich auf eigene Faust auf die Suche nach Yoba um ihm seine Aufzeichnungen wieder zurück zu geben. Das ist besonders spannend, weil man bis zum Schluss nicht weiß, ob die Jungen ihre Flucht überlebt haben.
Mich hat das Buch sehr beeindruckt. In Aba verdienen die Jungen ihr Geld damit, das sie auf dem Parkplatz einer ausländischen Firma die Autos der Mitarbeiter waschen. Eines Tages dürfen sie den neuen Mercedes des Direktors säubern. “Ehrfürchtig strich er über den schwarzen, staubbedeckten Lack des Kotflügels. Wo derart perfekte Maschinen gebaut wurden, mussten auch die Menschen perfekt sein. Daran bestand für Yoba nicht der geringste Zweifel.” Diese Szene hat mich ergriffen, denn Sie zeigt mit welchen Erwartungen die Kinder ihre Reise antreten und wie wenig wir selbst darüber nachdenken, wie gut es uns in unserem Land eigentlich geht.
Auch für Julian, den verwöhnten Schulabbrecher, wird die Begegnung mit dem Tod der Flüchtlinge zu einer Zäsur. Er beginnt über das eigene und den Sinn des Lebens anderer nachzudenken. “Dieser afrikanische Junge. In seinem Tagebuch träumt er davon, dass sein Bruder und er wieder zur Schule gehen dürfen. Deshalb will er nach Europa. Wie kann man sein Leben dafür riskieren, zur Schule gehen zu können? Das kann es doch niemals wert sein, oder?”
Gerade wurde in Nigeria der 53jährige Goodluck Jonathan zum neuen Präsidenten gewählt. In der ersten Wahl in der Geschichte dieses Landes, die von unabhängigen Beobachtern als überwiegend korrekt und friedlich bezeichnet wurde. Was der Christ aus dem Süden für die Menschen dieses Landes ausrichten kann, die von Not, Elend, Korruption und Gewalt gebeutelt werden, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Vielleicht hat er die Macht Schicksalen wie dem des Helden aus Ortwin Ramadans “Der Schrei des Löwen” einen anderen Lauf zu geben. Oder zumin