Nach dem Erfolg seiner Gesellschaftssatire Berlin W. Ein paar Kapitel von der Oberfläche nimmt Edmund Edel erneut die besseren Kreise der Berliner Gesellschaft in den Blick. Im Zentrum seines 1907 erschienenen Romans steht Willy Lehmann, der titelgebende Snob. Er beherrscht die zurückhaltende Noblesse perfekt, und mit seiner vollendeten Eleganz hat er den Makel seiner Herkunft aus einer Charlottenburger Gärtnerfamilie gründlich abgestreift. Zu seinem mondänen Leben gehört die luxuriöse Wohnung nahe dem Kurfürstendamm ebenso selbstverständlich wie die Gepflogenheit, diese für ausgedehnte Aufenthalte in St. Moritz oder Monte Carlo während der Wintermonate zu verlassen, wo Willy auf die gleichen Mitglieder der Hautevolee trifft wie im Berliner Westen - so auch auf die Textilfabrikantentochter Trude Blachstein. Sie erscheint ihm als Gegengewicht zu "all dem hohlen Getue, das ihn umgab, und durch dessen übertünchte Halbheit er angewidert wurde". Willy Lehmann lässt sich für ein Theaterprojekt begeistern und wird dessen Hauptinvestor. Zurück in Berlin, stürzt er sich auf seine endlich gefundene Aufgabe. Die Eröffnung des Theaters wird ein voller Erfolg, das Publikum jubelt und die gefürchtetsten Kritiker gießen Lob aus. Doch Willy wird klar, dass er darüber etwas verloren hat: seinen "Stil". Als auch seine Liebe zu Trude erkaltet, kehrt er Berlin für unbestimmte Zeit den Rücken ...
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Ein "Snob" ist Edmund Edels Romanheld Willy Lehmann auf jeden Fall, konstatiert Rezensent Björn Hayer, aber was für einer! In feinster Groteske verbringt der Protagonist seine Tage in Salons, wo er dem gerade aktuellen Stil hinterhereifert, gerade weil seine Abstimmung aus einer Gärtnerfamilie eigentlich nicht darauf hingedeutet hätte, dass er mal die Moden der Zeit an vorderster Front mitmacht. So kann sich Hayer freuen, dass Rodin wie Freud, Dichter Stefan George wie modernes Theater in diese herrliche Satire Eingang finden. Höchste Zeit, diesen schon 1907 veröffentlichten Roman wiederzuentdecken, schließt er.
© Perlentaucher Medien GmbH
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