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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2007

Wussten Sie eigentlich schon,...
...dass es den Sonntagsökonomen jetzt auch als Buch gibt? Hier sind die schönsten Geschichten

...dass Politiker auch bloß Eisverkäufer sind?

Ganz einfach: Zwei Eisverkäufer, die an einem sommerlichen Badestrand ihre Ware verkaufen, tendieren dazu, sich in der Mitte zu postieren. Denn dort können sie dem Wettbewerber am ehesten die Kunden ablaufen. So machen es auch die Politiker, die sich gerne auf den Medianwähler werfen. Weswegen die Union gerne sozialdemokratisch redet und die SPD ebenso gerne die neue Mitte verführen will. Nur die Ränder des politischen Strands haben es weit zum Eis: Deswegen gibt es die Linke/PDS.

... was die New Economy mit dem Bau der Eisenbahnen vor 180 Jahren zu tun hat?

Die Antwort geht so: Zwischen 1820 und 1850 zogen zahlreiche private Kapitalgesellschaften im freien Wettbewerb ihr weit gespanntes Eisenbahnnetz über England. Die Leute waren begeistert und zeichneten eifrig Aktien. Und weil die Begeisterung immer ausgelassener wurde, entstanden lauter Spekulationsblasen, die über kurz oder lang platzten. Die Folge: Viele Eisenbahngesellschaften gingen unter, der Boom wurde von einer scharfen Rezession abgelöst. Und viele Aktionäre haben sehr viel Geld verloren. Erinnert das nicht alles verblüffend an die Zeit zwischen 1995 und 2001? Doch soll man deshalb die Zeit in Bausch und Bogen verdammen? Das würde nicht nur Bahnchef Hartmut Mehdorn tadeln. Denn immerhin sind uns aus dem 19. Jahrhundert die Eisenbahn und aus dem 20. Jahrhundert das Internet geblieben. Manchmal sind Spekulationsblasen eben der Preis für die Entwicklung neuer Technologien. Blöd für die Aktionäre, gut für die Menschheit.

...warum die Taxifahrer am liebsten den Taxameter anstellen und gar nicht gerne zu fest verabredeten Preisen fahren?

Stellen Sie sich vor, Sie sind gerade in New York gelandet und wollen nach Downtown Manhattan. Weil Sie selten in New York sind, können Sie überhaupt nicht beurteilen, wie viele hübsche kleine Umwege Ihr Taxifahrer auf seinem Weg einbaut. Läuft der Taxameter, kommt das alles seinem Einkommen zugute. Haben Sie einen Festpreis vereinbart, braucht er Ihnen nichts von Baustellen vorzuflunkern. Die Ökonomen sprechen etwas geschwollen von Informationsasymmetrien, wenn sie den Unterschied zwischen Fahrgast und Taxifahrer beschreiben. Das sind alles Fälle, bei denen Vertrauen oder Kontrolle eine große Rolle spielen.

...dass Seitensprünge auch ökonomisch erklärbar sind?

Weil sie vielleicht mehr mit Vernunft als mit Liebe oder Trieben erklärbar sind. Der Ökonom Samuel Cameron hat die Ergebnisse von Befragungen ausgewertet und besonders gefährdete Personengruppen definiert. Gefährdet sind unter anderem Frauen, die am Arbeitsplatz viele Überstunden machen (oder dies vorgeben), während die meisten Männer Überstunden tatsächlich für Arbeit verwenden. Bemerkenswert ist auch, dass nach dem Umzug von Familien Frauen offenbar häufiger zu Seitensprüngen neigen als Männer.

...warum nur noch Frauen wählen sollten?

Zwei Schweizer Ökonomen haben für ihr Heimatland etwas zunächst Merkwürdiges herausgefunden: Die Einführung des Frauenwahlrechts hatte einen dämpfenden Effekt auf die Staatsausgaben. Hierfür lassen sich mehrere mögliche Erklärungen anführen. Vielleicht verstehen Frauen einfach mehr von Geld als Männern - eine These, die Letzteren wenig gefallen dürfte. Eine andere Erklärung hängt mit dem Modell der direkten Demokratie zusammen: Je mehr Menschen über Staatsausgaben abstimmen, umso vernünftiger werden die Entscheidungen.

...warum das Erbe des Dritten Reiches in Teilen der Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht verschwinden will?

Die Handwerksordnung, das Kammerwesen für freie Berufe, das Monopol kassenärztlicher Vereinigungen, der gesetzliche Ladenschluss, die Regulierung der Energiewirtschaft, der Banken und Versicherungen - all dies gehörte jahrzehntelang zu den Selbstverständlichkeiten des bundesdeutschen Wirtschafts- und Sozialmodells. Bloß: Alle diese Regulierungen stammen aus den Jahren der braunen Diktatur und haben deren Ende schadlos überstanden. Selbst der Einfluss der Alliierten und von Ludwig Erhard reichte nicht aus, unmittelbar nach dem Krieg die deutsche Wirtschaft grundlegend zu liberalisieren.

...dass viele Verbrecher hässlich sind?

Die Antwort ist ziemlich einfach: Schöne Menschen haben nach aller Erfahrung leichter Erfolg im Leben. Nach Studien verdienen sie im Durchschnitt zehn Prozent mehr als andere Menschen. Wer dagegen hässlich ist, wird häufig benachteiligt - und gleitet leichter ab. So antwortete ein in Miami festgenommener Räuber auf die Frage nach seinem Motiv: "Ich bin zu hässlich, um einen Job zu bekommen."

ank./gb.

Rainer Hank (Herausgeber): Der Sonntagsökonom. Frankfurt 2007. Frankfurter Allgemeine Buch. 17,90 Euro. Mit Beiträgen von Hanno Beck, Gerald Braunberger, Karen Horn, Werner Mussler, Claus Tigges und Patrick Welter.

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