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Paul Hindemith (1895-1963) zählt zu den umstrittensten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Urteile über sein Werk sind häufig Vorurteile. Das neue Doppelheft der Reihe Musik-Konzepte beschäftigt sich mit dem weniger bekannten Spätwerk Hindemiths, das durch eine große Vielfalt von Werken gekennzeichnet wird. In den Jahren 1957 bis 1963 schuf Paul Hindemith nicht nur Madrigale, Motteten und eine Messe, sondern auch Orchesterwerke wie die Pittsburgh Symphony und ein Orgelkonzert. Bezieht man noch die Oper Die Harmonie der Welt und die Kammermusik in die Überlegungen mit ein, so wirft die äußere…mehr

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Produktbeschreibung
Paul Hindemith (1895-1963) zählt zu den umstrittensten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Urteile über sein Werk sind häufig Vorurteile. Das neue Doppelheft der Reihe Musik-Konzepte beschäftigt sich mit dem weniger bekannten Spätwerk Hindemiths, das durch eine große Vielfalt von Werken gekennzeichnet wird. In den Jahren 1957 bis 1963 schuf Paul Hindemith nicht nur Madrigale, Motteten und eine Messe, sondern auch Orchesterwerke wie die Pittsburgh Symphony und ein Orgelkonzert. Bezieht man noch die Oper Die Harmonie der Welt und die Kammermusik in die Überlegungen mit ein, so wirft die äußere Vielfalt des Spätwerks die Frage nach seiner inneren, ästhetischen Einheit auf. Die Autoren dieses Heftes suchen und geben Antwort auf diese Frage unter besonderer Berücksichtigung der Werke und der Biografie Paul Hindemiths, seiner akademischen Lehrtätigkeit an der Universität Zürich und seiner umfangreichen, internationalen Konzerttätigkeit als Dirigent und Interpret fremder wie auch eigener Werke. Den unvermindert aktuellen musikästhetischen und -ethischen Bezugspunkt des Doppelheftes bildet dabei die musikgeschichtliche Moral und der pessimistische Protest des späten Hindemiths gegen die zunehmend selbstbezügliche Ausdifferenzierung der Neuen Musik.
Autorenporträt
Tadday, Ulrich
Ulrich Tadday, geb. 1963, Studium der Musikpädagogik und Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie an den Universitäten Dortmund und Bochum; Staatsexamina, Promotion und Habilitation; seit 2002 Professor für Historische Musikwissenschaft an der Universität Bremen; seit 2004 Herausgeber der Neuen Folge der "Musik-Konzepte"; Herausgeber des "Schumann-Handbuches".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.12.2002

Musik, freigelassen
Schönberg und die Folgen:
Die „Musik-Konzepte” werden 25
Wieviel Buch braucht die Musik, wieviel Lesefutter der Genuss klingender Saiten, schwingender Luft? Ob Notenanalyse, Komponisten- und Interpretenporträt oder musikhistorische Abhandlung, freies Hören ist durch nichts zu ersetzen. Und anspruchsvolle Musikbücher haben es sowieso immer schwer, über die Fachzunft hinaus sich dem Publikum anzudienen, ohne sich anzubiedern. Entweder ist man zu wissensspezifisch oder zu allgemein, zu exklusiv oder zu populär und „erfolgreich”... Aber nicht nur Musikbücher, auch Musikzeitschriften haben ihre Schicksale. Als die Erfinder – und bis heute Herausgeber – der Musik-Konzepte, Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn, für ihr Unternehmen einen Verlag suchten und die Münchner „edition text + kritik” fanden, mochten sie geahnt haben, dass das editorische Schicksal es gut mit ihnen und ihrem zwischen Buch und Zeitschrift angesiedelten Wagemut meinte.
Was da zum ersten Mal im Dezember 1977 in den Buchhandlungen lag und es nie bis zum Kiosk bringen konnte, ist sich bis heute treu geblieben: Format, typografisches Erscheinungsbild und inhaltliche Konzeption unverändert über zweieinhalb Jahrzehnte hinweg – eine rare Konstanz in Zeiten der Innovation von allem und jedem. Und so lässt sich der jüngste Doppelband 117/118, Arnold Schönbergs „Berliner Schule” gewidmet, getrost neben jenen Doppelband 1/2 des Anfangs stellen, der sich Claude Debussys angenommen hatte. Wie durch ein gewaltiges Portal betrat man die Sphäre der Moderne, einer „Neuen Musik”, die der innere Kompass der Reihe geblieben ist. Wer sie von Anfang an gesammelt hat, besitzt ein einzigartiges Kompendium der halben Musikgeschichte in Aufsätzen, die meist die Mühe ernsten Studiums lohnen.
Musik und ihre Konzepte: Der Titel war von Beginn an als Programm zu verstehen – zunächst einmal eines verantwortlichen, stringenten Umgangs mit Musik, mit Musiktheorie und Musikgeschichte. Allein schon die Auswahl der Komponisten- und Themenhefte kann sodann im Sinn einer ästhetischen Dramaturgie gelesen werden, die das Neue, das Revolutionäre in der Musikgeschichte greifbar machen will. Auf Debussy, Mozart (Streit um die „Zauberflöte” als „Machwerk”) und Alban Berg folgen Wagner (Antisemitismus), Varèse, JanáCek, Beethoven (Interpretation), Verdi, Satie, Offenbach, Schnebel und so fort. Wenig später dann Bach (das spekulative Spätwerk), Stockhausen, Nono, Mussorgskij, Bartók. Vier Bände pro Jahr, später sechs, heute wieder vier.
Neue Texte und eine sorgfältige Präsentation entlegener oder erstmals auf deutsch publizierter Aufsätze (auch Beiträge von Symposien etwa) eröffnen durchwegs ungewohnte Perspektiven auf scheinbar bekannte Phänomene. Daneben setzen Metzger, der Musikphilosoph, und Riehn, der Komponist und Dirigent, immer wieder hartnäckig auf Komponisten der Vergangenheit und Gegenwart, die sie für verschollen oder vernachlässigt halten, um deren unabgegoltenes Potential es ihnen geht: Morton Feldman, Ernst Krenek oder Guillaume Dufay, Gottfried M. Koenig, Josquin des Prés oder Henri Pousseur, Adorno als Komponist, Jean Barraqué, Max Reger, Franco Evangelisti, Eric Satie, Perotinus Magnus – um nur einige zu nennen. Auch Musikdenker wie Rudolf Kolisch oder Hans G Helms. Die Musik-Konzepte sind seit langem der Ort für die, die sich mit bequemen Hauptstraßen des Musiklebens und -denkens nicht abfinden (lassen) wollen. Kann die Bedeutung der Reihe überschätzt werden?
Aufs Geratewohl wohlgeraten
Ihr konzeptueller Kopf, Heinz-Klaus Metzger, 1932 in Konstanz geboren, ist einer der originellsten, eigenwilligsten deutschen Musiktheoretiker. Schüler Max Deutschs, also Enkelschüler Arnold Schönbergs, gehört er zu den frühen Teilnehmern der Darmstädter Ferienkurse nach ’45, zu den musikphilosophischen Gesprächspartnern Theodor W.Adornos und etlicher Komponisten wie Stockhausen, Boulez, Nono. Und Metzger betätigte sich früh als Exeget, radikaler Verfechter des Amerikaners John Cage und dessen anti- hierarchischem Komponieren.
Die Musik-Konzepte zogen mit diesem Herausgeber von Anfang an die intellektuelle Aufmerksamkeit auf sich, und Metzgers Denken, das in Adorno und Cage den Angelpunkt hat, ist originär geblieben. Im Cage- Sonderband auch wieder zugänglich gemacht – sein berühmter früher Text über „John Cage oder Die freigelassene Musik”, darin Fundstücke wie dieses: „Zufall hängt mit Glück, das einem zufällt, zusammen, wie’s Geratewohl mit dem Wohlgeratenen. Undenkbar wäre organisiertes Glück.”
Das Ausmaß der Reihe ist mittlerweile beeindruckend: Schumann und Eichendorff, Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen, Monteverdi, Skrjabin, Bruckner – nimmt man die Bände, die fast alle noch lieferbar sind, in die Hand, wird einem bewusst, was sich da angesammelt hat. Und die beiden Herausgeber sind nicht müde geworden: Im nächsten Jahr wird es Hefte geben über Johann Sebastian Bach und die alte rhetorische Wissenschaft von der „Klangrede”, einen Sonderband über Mikrotonalität, ein Bruckner-Heft zur Problematik des unvollendeten Finales der Neunten und einen zweiten Sonderband über die Darmstädter Schule. Ob danach ein Heft über Messiaen (mit dessen erstmals auf deutsch publizierten Ravel-Analysen) oder Heinrich Schütz erscheint, die Herausgeber wissen es selbst noch nicht so genau.
WOLFGANG
SCHREIBER
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