Aufbruch in eine neue Zeit
Theodor Fontane ist ein bekannter Vertreter des poetischen Realismus; seine Bücher gehören zur Weltliteratur. Er ist in Neuruppin geboren, war zwischendurch in London und wohnte später in Berlin. Das sind auch die Handlungsorte des Romans „Der Stechlin“, seines letzten
großen Romans, erschienen gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Der Roman handelt von dem märkischen…mehrAufbruch in eine neue Zeit
Theodor Fontane ist ein bekannter Vertreter des poetischen Realismus; seine Bücher gehören zur Weltliteratur. Er ist in Neuruppin geboren, war zwischendurch in London und wohnte später in Berlin. Das sind auch die Handlungsorte des Romans „Der Stechlin“, seines letzten großen Romans, erschienen gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
Der Roman handelt von dem märkischen Junker Dubslav von Stechlin, seit vielen Jahren Witwer und seinem Sohn Woldemar. Dieser heiratet Armgard, Tochter des Berliner Grafen Barby. Armgard hat eine ältere Schwester namens Melusine. Dieser seltsame Name einer Meerfee aus der Mythologie ist kein Zufall, sondern auch Sinnbild für ihr Wesen. Sie ist nicht nur attraktiv, sondern zudem intelligent und weitsichtig.
Auffallend sind die vielen gegensätzlichen Charaktere. Dies gilt nicht nur für Woldemars Freunde Ministerialassessor Rex und Hauptmann Czako, zwei Zeitgenossen, die für Unterhaltung sorgen, sondern auch für den toleranten und ironischen Dubslav von Stechlin und seine vorweltliche Schwester Adelheid, Äbtissin von Kloster Wutz, sowie für die eher schlichte Armgard und ihre weltoffene Schwester Melusine.
Theodor Fontane arbeitet die unterschiedlichen Charaktere durch die vielen Dialoge heraus. Der eher handlungsarme Roman lebt von den Dialogen. Auch wenn diese nicht so anspruchsvoll sind, wie die Gespräche zwischen Settembrini und Naphta in „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, vermittelt der Roman einen kontrastreichen Blick auf das ausgehende 19. Jahrhundert.
Fontane beschreibt das Wechselspiel von Systemerhaltung und Aufbruch, von Konservatismus und Moderne, ahnend, dass die nächsten Jahre große Veränderungen bringen werden. Dies wird in dem eindringlichen Gespräch zwischen dem Künstler Cujacius und Woldemar („... mit den richtigen Linien in der Kunst sind auch die richtigen Formen in der Gesellschaft verloren gegangen“) und an der Wahl, die der konservative (und liberale) Dubslav von Stechlin an die Sozialdemokraten verliert, spürbar. Pastor Lorenzen und Melusine erkennen die Zeichen der Zeit: „Unsre alten Familien kranken durchgängig an der Vorstellung, dass es ohne sie nicht gehe, was aber weit gefehlt ist, denn es geht sicher auch ohne sie; - sie sind nicht mehr die Säule, die das Ganze trägt, sie sind das alte Stein- und Moosdach, das wohl noch lastet und drückt, aber gegen Unwetter nicht mehr schützen kann.“
Der Roman ist über hundert Jahre alt, die Anspielungen auf Personen und Ereignisse können heute nicht mehr alle verstanden werden. Trotzdem hat das visionäre Buch seinen eigenen Charme. Dubslav von Stechlin ist vom Wesen her anders, als man sich den Adel im 19. Jahrhundert vorgestellt hat. Die schillernden Personen neben ihm sind Pastor Lorenzen und insbesondere Melusine, die einen Pakt schließen. Laut Klappentext zum Buch trägt Protagonist Dubslav von Stechlin autobiografische Züge. Dies lässt vermuten, dass Fontane ein undogmatischer angenehmer Zeitgenosse gewesen ist.