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Thomas Mach, ein junger Österreicher aus Wien, reist nach Ägypten. Er soll an die Stelle der Reiseleiterin Eva Blum treten, die sich kurz zuvor aus dem Fenster ihres Hotelzimmers gestürzt hat. Geleitet von Evas Tagebuch verfolgt Thomas Mach die Spur der Frau.

Produktbeschreibung
Thomas Mach, ein junger Österreicher aus Wien, reist nach Ägypten. Er soll an die Stelle der Reiseleiterin Eva Blum treten, die sich kurz zuvor aus dem Fenster ihres Hotelzimmers gestürzt hat. Geleitet von Evas Tagebuch verfolgt Thomas Mach die Spur der Frau.
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Autorenporträt
Gerhard Roth, geboren 1942 in Graz und gestorben im Februar 2022, war einer der wichtigsten österreichischen Autoren. Er veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen, Essays und Theaterstücke, darunter den 1991 abgeschlossenen siebenbändigen Zyklus 'Die Archive des Schweigens' und den nachfolgenden Zyklus 'Orkus'. Zuletzt erschienen die drei Venedig-Romane 'Die Irrfahrt des Michael Aldrian', 'Die Hölle ist leer - die Teufel sind alle hier' und 'Es gibt keinen böseren Engel als die Liebe'. Sein nun letzter Roman 'Die Imker' ist im Mai 2022 erschienen.Literaturpreise (Auswahl):Preis der 'SWF-Bestenliste'Alfred-Döblin-PreisMarie-Luise-Kaschnitz-PreisPreis des Österreichischen BuchhandelsBruno-Kreisky-Preis 2003Großes Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien 2003Jakob-Wassermann-Preis 2012Jeanette-Schocken-Preis 2015Jean-Paul-Preis 2015Großer Österreichischer Staatspreis 2016Hoffmann-von-Fallersleben-Preis 2016
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.10.2002

Wasserzeichen in der Wüste
Im Staub der Pharaonen: Gerhard Roths ägyptischer Roman

Wie für Jorge Luis Borges ist das Universum für Gerhard Roth eine labyrinthische, unbegrenzte und zyklische Bibliothek, durch die er selbst als "Silberfischchen" gleitet, "auf der Odyssee durch die Meere der Titel, Namen, Wörter und Sätze". Diese Bibliotheksreisen haben schon den siebenbändigen Romanzyklus "Die Archive des Schweigens" gezeitigt, der die Geschichte und Gegenwart Österreichs darstellte, nun ist Roth in der Mitte seines ebenfalls siebenbändigen Zyklus "Orkus" angelangt, der die Abgründe fremder Kulturen auslotet. Der Roth-Leser kennt bereits den Beamten der Wiener Nationalbibliothek, den Bücherwurm Konrad Feldt, der sich in dem Japan-Roman "Der Plan" (1998) mit ungewissem Ausgang als Detektiv des Wissens betätigt hatte. Er bleibt allerdings in "Der Strom" in seinem Bücherturm sitzen.

Nach Ägypten reist diesmal an seiner Stelle der junge Wiener Absolvent der Geographie und Geschichte Thomas Mach, der wiederum die Stelle Eva Blums einnehmen soll, die in Kairo aus dem Fenster ihres Hotels gestürzt ist. Wie schon zuvor wird auch hier die Reise gleich mit Lektüre identifiziert. Der Erzähler begleitet den Helden auf seinen arabesken Wegen zwischen Kairo und Alexandria auf den Spuren von Eva Blums Studientagebuch, und immer wieder führen diese Wege in die Bibliothek.

Was sich äußerlich als exotistischer Kriminalroman gibt, ist die passagenweise ziemlich notdürftig in Handlung eingeschlagene Frage nach der Deutbarkeit der Zeichen und der Lesbarkeit der fremden Welt. Thomas Mach ist ein ziemlich schlichter und vor allem staubtrockener Charakter, was daran liegen mag, daß er einer Familie von Papierherstellern entstammt. Jedenfalls leidet er offenbar unter einer ererbten professionellen Deformation des Blicks: "Funkelndes Goldlicht lag wie Staub auf der Landschaft, Staub der Vergangenheit mit mikroskopischen Resten von Blütenpollen, Korallen, Tier- und Menschenknochen, Natron, Schilf, Muschelsplittern, Granatapfel- und Dattelkernen. Und durch diesen Schleier winzigster Staubkörner konnte er jetzt für einen Moment das gesamte Nildelta erkennen, in dem der Strom mit allen seinen Verzweigungen die Form einer Papyruspflanze annahm, die ihn (gleichsam ein Wasserzeichen in der Wüste) abermals an die Papierfabrik seiner Familie erinnerte."

Als wäre das nicht deutlich genug, bildet der Erzähler die Trockenheit seines Helden im Stil eines Besinnungsaufsatzes ab, und aus dem ereignisreichen Leben des Thomas Mach erfährt der Leser, daß er sich mit vierzehn den Knöchel verstaucht hat und andere Details, die fatal an den bekannten Sack Reis in Peking erinnern. Der Held bewegt sich von einer Binsenweisheit zur anderen, und immer wieder bis zum Überdruß stellt ihn sein Erzähler ratlos vor die Schrift: "Überall auf den Wänden fand er Inschriften, mit Kreide geschrieben oder mit einem spitzen Gegenstand in den Verputz geritzt, mitunter waren die braungelben Mauern so dicht mit weißen Schriftzeichen bedeckt, daß Thomas Mach an ein Gestöber aus Buchstaben dachte."

"Die exotischen Reize, das bunte Leben, die Armut, der Schmutz und die fremde Sprache hatten ihn erschöpft." So ergeht es auch dem Leser, auf die Valiumtabletten, die Mach stets bei sich hat, kann er gut verzichten. Bei allem Respekt vor dem enzyklopädischen Furor und dem langen Atem dieses Erzählers wirkt die Konstruktion des Romans, in der Zufälle eine übermäßige Rolle spielen, lustlos und trivial. Sie scheint nur noch als Einwickelpapier der ägyptologischen Lesefrüchte zu dienen. Borges beherrschte die Kunst, die Idee der unendlichen Lektüre in der prägnanten Situation erregend aufscheinen zu lassen, in Roths papierenem Redestrom dagegen versiegt die Lust am Text im Staub der Pharaonen.

FRIEDMAR APEL

Gerhard Roth: "Der Strom". Roman. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002. 350 S., geb., 19,90 [Euro].

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