"Meisterhaft. DER SYMPATHISANT ist zum Klassiker bestimmt." T.C. Boyle
Im April 1975 wird eine Gruppe südvietnamesischer Offiziere unter dramatischen Bedingungen aus Saigon in die USA geflogen. Darunter ein als Adjutant getarnter kommunistischer Spion. In Los Angeles soll er weiterhin ein Auge auf die politischen Gegner haben, ringt jedoch immer mehr mit seinem Doppelleben, den Absurditäten des Spionagewesens, der Konsumgesellschaft und seiner eigenen Identität: "Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern. Da ist es vielleicht kein Wunder, dass ich auch ein Mann mit zwei Seelen bin."
Ein literarischer Polit-Thriller über den Vietnamkrieg und seine Folgen, eine meisterhafte Aufarbeitung über die Missverständnisse zwischen Kapitalismus und Kommunismus, ein schillerndes Werk über das Scheitern von Idealen, ein bravouröser Roman über die universelle Erfahrung von Verlust, Flucht und Vertreibung.
Im April 1975 wird eine Gruppe südvietnamesischer Offiziere unter dramatischen Bedingungen aus Saigon in die USA geflogen. Darunter ein als Adjutant getarnter kommunistischer Spion. In Los Angeles soll er weiterhin ein Auge auf die politischen Gegner haben, ringt jedoch immer mehr mit seinem Doppelleben, den Absurditäten des Spionagewesens, der Konsumgesellschaft und seiner eigenen Identität: "Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern. Da ist es vielleicht kein Wunder, dass ich auch ein Mann mit zwei Seelen bin."
Ein literarischer Polit-Thriller über den Vietnamkrieg und seine Folgen, eine meisterhafte Aufarbeitung über die Missverständnisse zwischen Kapitalismus und Kommunismus, ein schillerndes Werk über das Scheitern von Idealen, ein bravouröser Roman über die universelle Erfahrung von Verlust, Flucht und Vertreibung.
buecher-magazin.de"Ich bin ein Spion, ein Schläfer, ein Maulwurf, ein Mann mit zwei Gesichtern", so lautet der erste Satz in Viet Thanh Nguyens mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Roman. Inspiriert vom Vorbild des vietnamesischen Meisterspions Pham Xuan An liefert der inhaftierte Erzähler ein Geständnis über sein Leben. Er ist ein enttarnter Doppelagent, im Vietnamkrieg hat er für die Amerikaner gearbeitet und gleichzeitig den Kommunisten Informationen beschafft. Als er mit den südvietnamesischen Offizieren später das Land verlassen musste und in die USA emigrierte, hat er dort sein Spiel fortgesetzt und letztlich alle Menschen und Ideale in seinem Leben verraten. In der amerikanischen Form eines Agentenromans gelingt es Nguyen, eine neue Perspektive auf das zu geben, was überall "Vietnamkrieg", in Vietnam aber "Amerikanischer Krieg" heißt. Hier gibt es nicht die Dichotomie von dem bösen Vietcong und den entschlossenen GIs, vielmehr enttarnt Nguyen durch die geschickte Entscheidung, seinen Erzähler gleichermaßen Spion und Immigrant sein und alle Geschehnisse stets aus diesen beiden Sichtweisen kommentieren zu lassen, den amerikanischen Imperialismus und die Mechanismen, mit denen die Amerikaner zwar den Krieg verloren, aber die Deutungshoheit über ihn gewonnen haben. Ein großartiges Buch!
© BÜCHERmagazin, Sonja Hartl (sh)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.2017Die Toten brauchen jemanden, der sie vertritt
Viet Thanh Nguyens Roman "Der Sympathisant" über das Verhältnis von Amerika und Vietnam nach dem Krieg
Mit dem Fall von Saigon war der Vietnam-Krieg nicht zu Ende. Die Amerikaner mögen ihn real verloren haben, aber auf dem symbolischen Terrain von Film und Literatur haben sie ihn weitergeführt, mit der effizientesten aller amerikanischen Kampfmaschinen: Hollywood. Und diesen Krieg um die kulturelle Vormachtstellung der Repräsentation, in der ein vietnamesischer Bürgerkrieg ein amerikanisches Spektakel wurde, haben sie gewonnen. In dieser Erinnerung an einen Krieg, in der für vietnamesische Perspektiven wenig Platz war, ist Viet Thanh Nguyen in den Vereinigten Staaten aufgewachsen - als Flüchtlingskind aus Südvietnam, also doppelter Verlierer des Krieges und lange unliebsames wandelndes Zeugnis der Niederlage.
"Die Missdeutung von Vietnamesen im amerikanischen Film und Literatur hat mich tief getroffen", erzählt er im Gespräch in der Lobby eines Berliner Hotels. Nguyen lehrt Englisch und Amerika-Studien in Kalifornien, er ist der Inbegriff eines amerikanischen Intellektuellen. Sein Debütroman "Der Sympathisant" ist eine kluge und unterhaltende Erzählung: Kriegsroman, Agententhriller, Einwanderergeschichte, politische Satire und Ideologiekritik.
Die namenlose Hauptfigur ist ein eigentümliches Zwitterwesen aus seinen Erfahrungen als Sohn eines katholischen französischen Priesters und eines minderjährigen vietnamesischen Dorfmädchens, ausgebildet von Amerikanern, ein Weltenwanderer, der zwanghaft alles von zwei Seiten betrachtet. In einem politischen Geständnis erzählt er, wie er als kommunistischer Spion unter einem südvietnamesischen General im Chaos der letzten Kriegstage über Guam nach Amerika geflohen ist und seinen Genossen über konterrevolutionäre Bewegungen im Exil berichtet hat.
Dieses Geständnis ist eine hypersensitive Beobachtung Amerikas und der vietnamesischen Flüchtlingsgemeinschaft in Kalifornien, durchzogen von einem Loblied auf die Popkultur und tragisch-komischer Kritik am weißen Blick, so überladen mit Erkenntnissen wie ein pollocksches action painting, auf dem kein Quadratmillimeter unbedeckt bleibt. Der Spion ist ein vorbildlicher Schüler, ebenso wie sein Autor ein vorbildlicher Schüler ist, der die amerikanischen Stilmittel so verinnerlicht hat, dass er sie bisweilen zu opulent einsetzt, etwa wenn er zwischen Popkultur und Politik balanciert.
Der Vietnam-Krieg wird hier nicht wie sonst als Kulisse für den Blick ins dunkle Herz des weißen Mannes benutzt, sondern als Ausgangspunkt universeller Kommentare über die politischen Verhältnisse zwischen Ost und West aus der Perspektive eines Doppelagenten. Das wird besonders anschaulich, als der Erzähler zum technischen Berater bei einer Hollywood-Produktion über den Vietnam-Krieg wird und gegen einen megalomanen Autor-Regisseur ankämpft - eine köstliche Parodie auf Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" und ein Fallbeispiel für das, was in der Unterhaltungsindustrie falsch läuft, die diesen Film als Meisterwerk feiert: "In der egomanen Vorstellungswelt des Autors war sein Kunstwerk schon jetzt wichtiger als die drei oder vier oder sechs Millionen Toten, die die wahre Bedeutung des Krieges ausmachten. Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden", stellt der Erzähler während der Dreharbeiten fest, bei denen vietnamesische Flüchtlinge nur als Komparsen für Kanonenfutter eingesetzt werden und im wahrsten Sinne des Wortes den body count der amerikanischen Soldaten verkörpern. Am Ende wird der Erzähler aus den Credits gestrichen, weil er Kritik am Regisseur äußert.
In einer tragisch-komischen Wendung verschlägt es den Erzähler am Ende doch wieder in das nun kommunistische Vietnam, wo er in einem Umerziehungslager endet und das besagte Geständnis schreibt. "Wir haben jetzt die Macht und brauchen keine Franzosen oder Amerikaner mehr, die uns verarschen. Wir verarschen uns jetzt ganz wunderbar selbst", sagt ein durch Napalm gesichtslos gewordener Kommissar dem Spion mit den zwei Gesichtern dort - eine allgemeine Erkenntnis, dass Imperialisten Revolutionäre schaffen und aus den Revolutionären am Ende wieder Imperialisten werden.
"Flüchtlinge wie wir durften es niemals wagen, die von den meisten Amerikanern propagierte Disneyland-Ideologie in Frage zu stellen", sagt Nguyen in Berlin. Aber wer es so unterhaltsam macht und es dabei gleichzeitig schafft, Amerika doch noch zu preisen, der wird am Ende doch gefeiert. Im Falle von Viet Thanh Nguyen verdientermaßen mit dem Pulitzer-Preis. Die erste Auflage der jetzt erschienenen deutschen Übersetzung war nach wenigen Tagen ausverkauft.
QUYNH TRAN
Viet Thanh Nguyen: "Der Sympathisant". Roman.
Aus dem Englischen von Wolfgang Müller. Karl Blessing Verlag, München 2017. 528 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Viet Thanh Nguyens Roman "Der Sympathisant" über das Verhältnis von Amerika und Vietnam nach dem Krieg
Mit dem Fall von Saigon war der Vietnam-Krieg nicht zu Ende. Die Amerikaner mögen ihn real verloren haben, aber auf dem symbolischen Terrain von Film und Literatur haben sie ihn weitergeführt, mit der effizientesten aller amerikanischen Kampfmaschinen: Hollywood. Und diesen Krieg um die kulturelle Vormachtstellung der Repräsentation, in der ein vietnamesischer Bürgerkrieg ein amerikanisches Spektakel wurde, haben sie gewonnen. In dieser Erinnerung an einen Krieg, in der für vietnamesische Perspektiven wenig Platz war, ist Viet Thanh Nguyen in den Vereinigten Staaten aufgewachsen - als Flüchtlingskind aus Südvietnam, also doppelter Verlierer des Krieges und lange unliebsames wandelndes Zeugnis der Niederlage.
"Die Missdeutung von Vietnamesen im amerikanischen Film und Literatur hat mich tief getroffen", erzählt er im Gespräch in der Lobby eines Berliner Hotels. Nguyen lehrt Englisch und Amerika-Studien in Kalifornien, er ist der Inbegriff eines amerikanischen Intellektuellen. Sein Debütroman "Der Sympathisant" ist eine kluge und unterhaltende Erzählung: Kriegsroman, Agententhriller, Einwanderergeschichte, politische Satire und Ideologiekritik.
Die namenlose Hauptfigur ist ein eigentümliches Zwitterwesen aus seinen Erfahrungen als Sohn eines katholischen französischen Priesters und eines minderjährigen vietnamesischen Dorfmädchens, ausgebildet von Amerikanern, ein Weltenwanderer, der zwanghaft alles von zwei Seiten betrachtet. In einem politischen Geständnis erzählt er, wie er als kommunistischer Spion unter einem südvietnamesischen General im Chaos der letzten Kriegstage über Guam nach Amerika geflohen ist und seinen Genossen über konterrevolutionäre Bewegungen im Exil berichtet hat.
Dieses Geständnis ist eine hypersensitive Beobachtung Amerikas und der vietnamesischen Flüchtlingsgemeinschaft in Kalifornien, durchzogen von einem Loblied auf die Popkultur und tragisch-komischer Kritik am weißen Blick, so überladen mit Erkenntnissen wie ein pollocksches action painting, auf dem kein Quadratmillimeter unbedeckt bleibt. Der Spion ist ein vorbildlicher Schüler, ebenso wie sein Autor ein vorbildlicher Schüler ist, der die amerikanischen Stilmittel so verinnerlicht hat, dass er sie bisweilen zu opulent einsetzt, etwa wenn er zwischen Popkultur und Politik balanciert.
Der Vietnam-Krieg wird hier nicht wie sonst als Kulisse für den Blick ins dunkle Herz des weißen Mannes benutzt, sondern als Ausgangspunkt universeller Kommentare über die politischen Verhältnisse zwischen Ost und West aus der Perspektive eines Doppelagenten. Das wird besonders anschaulich, als der Erzähler zum technischen Berater bei einer Hollywood-Produktion über den Vietnam-Krieg wird und gegen einen megalomanen Autor-Regisseur ankämpft - eine köstliche Parodie auf Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" und ein Fallbeispiel für das, was in der Unterhaltungsindustrie falsch läuft, die diesen Film als Meisterwerk feiert: "In der egomanen Vorstellungswelt des Autors war sein Kunstwerk schon jetzt wichtiger als die drei oder vier oder sechs Millionen Toten, die die wahre Bedeutung des Krieges ausmachten. Sie können sich nicht vertreten, sie müssen vertreten werden", stellt der Erzähler während der Dreharbeiten fest, bei denen vietnamesische Flüchtlinge nur als Komparsen für Kanonenfutter eingesetzt werden und im wahrsten Sinne des Wortes den body count der amerikanischen Soldaten verkörpern. Am Ende wird der Erzähler aus den Credits gestrichen, weil er Kritik am Regisseur äußert.
In einer tragisch-komischen Wendung verschlägt es den Erzähler am Ende doch wieder in das nun kommunistische Vietnam, wo er in einem Umerziehungslager endet und das besagte Geständnis schreibt. "Wir haben jetzt die Macht und brauchen keine Franzosen oder Amerikaner mehr, die uns verarschen. Wir verarschen uns jetzt ganz wunderbar selbst", sagt ein durch Napalm gesichtslos gewordener Kommissar dem Spion mit den zwei Gesichtern dort - eine allgemeine Erkenntnis, dass Imperialisten Revolutionäre schaffen und aus den Revolutionären am Ende wieder Imperialisten werden.
"Flüchtlinge wie wir durften es niemals wagen, die von den meisten Amerikanern propagierte Disneyland-Ideologie in Frage zu stellen", sagt Nguyen in Berlin. Aber wer es so unterhaltsam macht und es dabei gleichzeitig schafft, Amerika doch noch zu preisen, der wird am Ende doch gefeiert. Im Falle von Viet Thanh Nguyen verdientermaßen mit dem Pulitzer-Preis. Die erste Auflage der jetzt erschienenen deutschen Übersetzung war nach wenigen Tagen ausverkauft.
QUYNH TRAN
Viet Thanh Nguyen: "Der Sympathisant". Roman.
Aus dem Englischen von Wolfgang Müller. Karl Blessing Verlag, München 2017. 528 S., geb., 24,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimi Preis 2018" www.krimilexikon.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Quynh Thanh beschließt sein Treffen mit dem vietnamesisch-amerikanischen Autor Viet Thanh Ngyuen mit einer hymnischen Besprechung seines Debütromans "Der Sympathisant". Nicht weniger als eine intelligente und unterhaltsame Mischung aus "Kriegsroman, Agententhriller, Einwanderergeschichte, politischer Satire und Ideologiekritik" liest der Kritiker hier, der dieser an feinnervigen Beobachtungen reichen Geschichte über Amerika und die vietnamesische Flüchtlingsgesellschaft in Kalifornien einen Erkenntnisgewinn so bunt wie ein "pollocksches action painting" verdankt. Allein wie süffisant der Autor seinen Doppelagenten die an Francis Ford Coppolas "Apocalypse Now" angelehnten Dreharbeiten eines Hollywood-Kriegsfilms kommentieren lässt, hat dem Kritiker so gut gefallen, dass er den gelegentlich ein wenig zu üppigen Umgang mit "amerikanischen Stilmitteln" gern verzeiht. qu
© Perlentaucher Medien GmbH
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