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Produktdetails
  • Verlag: Heyne
  • Seitenzahl: 311
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 558g
  • ISBN-13: 9783453182202
  • ISBN-10: 3453182200
  • Artikelnr.: 24346733
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.01.2001

A man, a man, ich sage euch . . .
Zuviel Masse: Nick Tosches malt Sonny Liston in Massageöl, doch er verzichtet leider auf detaillierte Bewegungsstudien

Bei Sonny Liston kam alles zusammen, was zu einem Boxerleben gehört: dunkle Herkunft und große Schlagkraft, falsche Freunde und starke Gegner, Knasterfahrung und sanfte Freundlichkeit. Sonny Liston, ein Gigant von schwarzer Hautfarbe, lebte mit und in schroffen Gegensätzen. Sein Grab auf einem Friedhof in Las Vegas schmückt ein Stein, auf dem sein Name, die Jahreszahlen 1932 und 1970 und zwei Worte zu lesen sind: "A man". Das sind wohl die richtigen Worte für einen Boxer, dessen genaues Geburtsdatum im Dunkel einer Plantagenbewohnerherkunft liegt und dessen Todesursache "Drogenüberdosis" ahnen läßt, unter welch traurigen Umständen dieser Mann aus seinem Leben hinausdämmerte.

Seine Geschichte könnte auf mindestens dreierlei Art erzählt werden: Einmal als Blues. Oder aber als Folge harter kleiner Sportreportagen und harter kleiner Polizei- und Gerichtsberichte, mit ein paar weichen Beschreibungen der Cadillacs, für die Sonny Liston sein Geld ausgab. Und schließlich als Legende, die das Leben Sonny Listons mythisch verklärt. Eine solche hat Nick Tosches geschrieben.

Die Versuchung zur Legendenbildung ist groß: Sonny Liston war viele Jahre ein Champion im Schwergewicht. Er hat gegen Muhammad Ali verloren. Er war ein schwarzes Boxidol in einer Zeit massiver Rassenauseinandersetzungen. Er war ein musikalischer Boxer, der beim Training am liebsten die Musik des Saxophonisten Jimmy Forrest gehört haben soll. Und offenkundig war er ein Boxer mit Beziehungen zum Geld der Syndikate, das Männer mit italienisch klingenden Namen verwalteten. Wer die Geschichte von Sonny Liston erzählt, der schreibt auch über Frank Carbo und über Blinky Palermo. So hießen amerikanische Geschäftmänner, die - lebten sie heute noch - der "organisierten Kriminalität" zugerechnet würden.

Nick Tosches erzählt das Leben des Boxers Sonny Liston als Geschichte eines Mannes, der ganz automatisch mit finsteren Gestalten zusammenkommen mußte. Ein schwarzer Boxer aus den Südstaaten, geboren in einer "Hütte aus Zypressenholz", wie Tosches schreibt, an einem Tag ohne Datum - ein solcher Mann mußte einfach an die Mächte des Bösen geraten. Tosches schreibt in einer der langen Passagen, in denen es sich um die Verquickung des Gelds der Syndikate mit den Boxerfolgen Sonny Listons handelt: "Sonny hatte den Überblick darüber verloren, wer nun welchen Anteil an ihm besaß und durch wie viele und wessen gierige Hände sein Geld und seine Freiheit flossen."

Der Satz läßt alle Stärken und alle Schwächen von "Der Teufel und Sonny Liston" ahnen. Die Stärken: Nick Tosches hat recherchiert, wie es unter amerikanischen Sachbuchautoren üblich ist. Er hat mit dem ersten Polizisten gesprochen, der Sonny Liston je verhaftet hat, und er hat den letzten Bruder des Boxers getroffen, der in einem Altersheim aufzutreiben war. Tosches hat alte Zeitungen und alte Anklageschriften gelesen. Er weiß, woher der Name "Liston" kommt, und er weiß, wo Blinky Palermo gestorben ist - "am 12. Mai 1996 im Alter von 91 Jahren in einem Krankenhausbett in Philadelphia". Nick Tosches weiß, als sei er stets dabeigewesen, daß Sonny Liston "oralen Sex" liebte - aber er weiß nicht immer, was er mit diesem enormen Faktenwissen anfangen soll.

Passagenweise liest sich diese gloriose Boxergeschichte, als habe ihr Verfasser den Überblick über seine Quellen verloren - oder als habe Tosches nicht gewußt, aus welcher seiner vielen Quellen er schöpfen sollte. Mal heißt es zum Beispiel, Sonny Liston sei ein Trinker gewesen - bemerkenswert genug für einen Profisportler. Dann wieder zitiert Tosches Leute, die beteuern, Liston habe "nie auch nur einen Schluck getrunken". Man mag Unschärfen im Detail nebensächlich finden, wenn doch der Boxer in Überlebensgröße. sozusagen in Öl, vor einem ersteht. Aber gerade in den Passagen, in denen es um den Fall der Legende Sonny Liston geht, liest sich das Buch, als sei sich Tosches seiner Analyse nicht wirklich sicher. In der Lebensgeschichte eines Boxers ist es nun mal wesentlich, warum er den wichtigsten Kampf seiner Laufbahn verloren hat. Sonny Liston hat 1964 gegen Cassius Clay verloren und 1965 gegen Muhammad Ali, wie Clay nun hieß.

Schon über dem Kampf von 1964 liegt in diesem Buch der Ringstaub in dicken Schichten. Folgt man Tosches, war Listons technischer K. o. gekauft - als habe Cassius Clay boxerisch nicht viel zu bieten gehabt. Aus der Beschreibung dieses Boxkampfes - es ist eine der wenigen, die sich überhaupt in dieser Boxerbiographie finden - geht nicht hervor, wer der bessere war. Als die beiden 1965 wieder zusammentrafen, ging Liston in der ersten Runde k. o. Er habe dabei "weniger schauspielerisches Können" gezeigt als in einer Fernsehserie, in der Liston später einmal auftrat, schreibt Tosches. "Dieser Kampf war nicht nur eine Schiebung, er war eine zur Schau gestellte Schiebung."

Dröhnende Worte. Genau zweiundzwanzig Zeilen zuvor hat Tosches einen Boxfachmann zitiert, der Sonny Liston beim Training zusah und beobachtete, wie der Schwergewichtler "mit solcher Kraft einen linken Haken" in den Sandsack schlug, daß der "aus seiner Verankerung gerissen wurde und zu Boden fiel". Nun war Muhammad Ali gewiß schon in jungen Jahren ein ausgezeichneter Boxer und besser als jeder Sandsack, doch Tosches beschreibt den Mann, der Liston nachhaltig fertigmachte, als Marionette eines neuen, das Boxgeschehen bestimmenden "Konsortiums", als einen mikrophonversessenen Komiker, dessen Humor "nicht über Schulhofniveau" hinausgekommen sei. Ist es nötig, daß sein Biograph Liston größer zu machen versucht, indem er einen anderen großen Boxer, dessen Fähigkeiten ziemlich unbestritten sind, herunterschreibt?

Statt dessen hätte Tosches den Boxer Sonny Liston etwas genauer ansehen sollen. Die Sandsackgeschichte läßt einige seiner Fähigkeiten ahnen. Doch Liston war nicht nur ein K.-o.-Schläger. Ein paar analytische Erinnerungen an seine Fähigkeiten im Ring hätte er gewiß verdient. Doch wie Liston wirklich boxte, erfährt man nur in wenigen Passagen. Das ist schade, denn Nick Tosches hat es - das merkt man dem Buch und der modellathletenhaften Legende an - gut gemeint mit diesem großen Verlierer.

WERNER VAN BEBBER

Nick Tosches: "Der Teufel und Sonny Liston". Aufstieg und Fall einer Boxlegende. Aus dem Amerikanischen von Ernst Leitner. Wilhelm Heyne Verlag, München 2000. 312 S., geb., 39,90 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Michael Althen ist zwar nicht rundum glücklich mit dieser Biografie der Boxlegende Sonny Liston, aber eine interessante Geschichte erzähle Nick Tosches in jedem Fall. Bemängelt wird, dass Tosches "ein bisschen zu genau weiß, wie er seine Mittel einzusetzen hat" und dass manche Recherche nicht so ausführlich ausgebreitet werden müsste. Konsequent, so Althen, ist Tosches darin, dass er die Heldengeschichte des Boxweltmeisters weitgehend weglässt und ein Bild der 50er und 60er in Amerika zeichnet, das belegt, dass man "damals schon genauso versaut und korrupt wie heute" war. Der Autor verstehe es, glaubhaft zu machen, dass die Niederlagen gegen Muhammad Ali Schiebungen waren. Keineswegs freilich leugnet Tosches dabei, dass Liston selbst, ohne viel dafür zu können, die Verkörperung des Bösen war, jemand, der "den Unterschied zwischen Gut und Böse gar nicht kannte". Alles in allem, befindet der Rezensent, "eine verdammt traurige Geschichte."

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