Marktplatzangebote
7 Angebote ab € 1,80 €
  • Broschiertes Buch

"...und mein Onkel zeigte mir didaktisch die Fotografie eines Herrn mit Brillatine und angemalten Lippen und einem Lächeln wie dem eines gefallenen Engels - Der große Carlos Gardel, du Dummkopf und nur Álvaro auf der anderen Seite des Sarges trotz der Hitze in einem idiotischen Regenmantel nahm mich weder wahr, noch empörte er sich, war zerstreut, zögerlich verstört (- Ich dachte, ich liebte dich, aber ich liebe dich nicht, ich fühlte mich allein, das war alles)."

Produktbeschreibung
"...und mein Onkel zeigte mir didaktisch die Fotografie eines Herrn mit Brillatine und angemalten Lippen und einem Lächeln wie dem eines gefallenen Engels - Der große Carlos Gardel, du Dummkopf und nur Álvaro auf der anderen Seite des Sarges trotz der Hitze in einem idiotischen Regenmantel nahm mich weder wahr, noch empörte er sich, war zerstreut, zögerlich verstört (- Ich dachte, ich liebte dich, aber ich liebe dich nicht, ich fühlte mich allein, das war alles)."
Autorenporträt
António Lobo Antunes, geb. 1942 in Lissabon, studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile zwanzig Titel umfasst und in über dreißig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den 'Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes', den 'Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur', den 'Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft' und zuletzt 2007 den Camões-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.08.2019

NEUE TASCHENBÜCHER
Der Geist des Tango -
Antunes’ „Der Tod des Carlos Gardel“
Der Tango erzählt von Trauer, Sehnsucht und Selbstmitleid. Niemals larmoyant, immer mit sentimentaler Würde. In seinem rhythmischen Wiegen ist er auch ein Abwägen, eine bedachte Selbstbeobachtung. Im 1994 erstmals erschienenen Roman „Der Tod des Carlos Gardel“ übersetzt António Lobo Antunes diese musikalische Form fließend in ein Familiendrama. Am Totenbett des Jungen Nuno reflektieren die Verwandten über die Umstände, die ihn in die Drogensucht trieben und zur Überdosis Heroin führten – und wer eine Mitschuld daran trägt. „Der Tod des Carlos Gardel“ ist ein Lamento derer, die zurückbleiben und sich zu spät eingestehen, dass sie ihr eigenes Unglück zu lange unterdrückt und daher weitergegeben haben. Die fünf Kapitel, alle nach Tango-Liedern benannt, geben jedem Familienmitglied eine Stimme, um die eigenen Unzulänglichkeiten und die persönliche Perspektive auf das Unglück zu reflektieren. Nur wenige Satzzeichen unterbrechen die direkte Rede, die Antunes in verschlungenen Takten zu einem vielstimmigen Nachdenken miteinander verwebt, gegeneinander abwägt und aufeinanderprallen und damit Vergangenheit und Gegenwart ineinanderfließen lässt. Dieser verschachtelte Gedankenstrom setzt aus der von jedem alleine ertragenen Familiengeschichte ein gemeinsames Schicksal zusammen. Über all diesen persönlichen Lamentos schwebt der Geist des argentinischen Tango-Sängers Carlos Gardel, der dem Vater wichtiger als die eigene Familie war und dessen Lieder in den Erinnerungen aller nachklingen. Selbst der ins Koma abgedriftete Nuno erinnert sich an einander überlagernde Bilder und Wunschvorstellungen, die sein Leben bestimmten: „Mein Vater, als würde er singen, als hätte er das Haar von Carlos Gardel in seinem Haar, den Blick von Carlos Gardel in seinem Blick, das Lächeln von Carlos Gardel in seinem Lächeln und ich war nicht im Krankenhaus, ich war in der Wohnung wir lebten alle drei in derselben Wohnung und ich hatte damals die Gewissheit, dass es immer so sein würde, meine Mutter, mein Vater und ich.“ SOFIA GLASL
António Lobo Antunes: Der Tod des Carlos Gardel. Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann. btb, München 2019. 416 Seiten, 12 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
»Realität, die sich in überbordenden Bilderstrudeln auflöst ... eine Art Gleichzeitigkeitsprosa, wie sie außer António Lobo Antunes niemand schreibt.« Frankfurter Rundschau