Da sein Vater nach Indien abberufen wurde, muß der junge Sherlock Holmes seine langersehnten Sommerferien bei ungeliebten Verwandten auf dem Lande verbringen, was für eine Enttäuschung für den 14 Jährigen! Dabei wäre er viel lieber bei seinem Bruder Mycroft in London, doch der hat auf Grund seiner
Arbeit keine Zeit für den Jungen. Onkel und Tante sind ein wenig eigenartig und auch die Haushälterin…mehrDa sein Vater nach Indien abberufen wurde, muß der junge Sherlock Holmes seine langersehnten Sommerferien bei ungeliebten Verwandten auf dem Lande verbringen, was für eine Enttäuschung für den 14 Jährigen! Dabei wäre er viel lieber bei seinem Bruder Mycroft in London, doch der hat auf Grund seiner Arbeit keine Zeit für den Jungen. Onkel und Tante sind ein wenig eigenartig und auch die Haushälterin Mrs. Eglantine scheint Sherlock nicht sehr wohlgesonnen zu sein. Sherlocks trübe Stimmung bessert sich ein wenig, als er den Straßenjungen Matty Arnatt kennenlernt. Doch dann ist sein Onkel der Meinung, Sherlock dürfe seine Zeit nicht so vertrödeln und engagiert Amyus Crowe als Hauslehrer für seinen Neffen. Was sich zunächst als Einschränkung der Ferien anfühlt, erweist sich bald als Glücksfall, denn Crowe ist eigentlich gar kein Lehrer und als im Wald eine Leiche gefunden wird, begeben sich Sherlock, Crowe, dessen Tochter und Matty auf Spurensuche.
Über die Familiengeschichte und Jugendzeit von Sherlock Holmes hat Arthur Conan Doyle ja nur ganz spärliche Informationen geliefert. Manch eingefleischter Fan hat sich da sicher wie ich auch schon öfter gefragt, wie der Meisterdetektiv wohl in seiner Jugend war. Andrew Lane hat nun mit seinem Roman, der als Reihe konzipiert ist, eine durchaus lesenswerte Vorgeschichte des Meisterdetektives gestrickt. Der 14 Jährige Sherlock ist zwar ein Eigenbrötler aber noch keineswegs der brillante Denker und Beobachter späterer Zeiten, manchmal scheint er sogar ein wenig begriffsstutzig. In einigen Kommentaren zum Buch wurde das auch bemängelt, doch mir hat das sehr gut gefallen, denn es macht die Figur des jungen Sherlock glaubwürdiger. Zunächst ist Sherlock ein recht begabter Junge, der auch Interesse am weiblichen Geschlecht hat, hier in Form von Viktoria, der Tochter seines Hauslehrers, aber noch keinerlei Anzeichen seiner späteren Interessen zeigt. Im Verlauf der Geschichte hat er durch das Auffinden der Leiche und das Ermitteln in dem Kriminalfall ein einschneidendes Erlebnis, das ihn prägt. Mit Amyus Crowe wird ihm dann jemand zur Seite gestellt, der seinen Verstand schult, ihm logisches Denken nahebringt und ihm zeigt, dass eben auch winzige Kleinigkeiten wichtig sein können. Zudem ist Crowe jemand, der Sherlock und Matty ernst nimmt und ihre Begabungen erkennt und fördert. Für mich hat das die Geschichte glaubwürdiger gemacht, als wenn Sherlock schon von Anfang an der brillante Detektiv späterer Zeiten gewesen wäre. Vermutlich wird das auch das Problem vieler Leser sein, die erwarten eine 1 zu 1 Kopie nur in jüngeren Jahren zu bekommen und das kann nicht gelingen.
Der Krimifall ist aber wirklich gut durchdacht, zwar merkt man hier, dass die Story hauptsächlich für jüngere Leser konzipiert ist, aber die Spannung bleibt durchweg erhalten und auch ein erwachsener Leser findet hier unterhaltsame Lesestunden. Die Figurenzeichnung ist ganz in Ordnung, lediglich beim Oberschurken Baron Maupertuis sind mit dem Autor wohl ein bissel die Pferde durchgegangen, die Figur ist ein wenig arg überzeichnet und hat schon fast Comichafte Züge, aber letztendlich paßt er dann doch gut in diese Geschichte. Sehr gut gefallen hat mir, dass der Autor hier zu ergründen versucht, wo Sherlocks Interesse für Bienen und für das Fechten her kommen und der geneigte Leser findet dazu auch schlüssige Antworten. Insgesamt ein flott zu lesendes Buch, das gut unterhält und mich neugierig auf die weiteren Teile gemacht hat.
FaziT: eingefleischte Holmes Fans könnten vielleicht enttäuscht sein, mir hat aber hier der Werdegang und die Charakterentwicklung von einem zwar begabten, aber ansonsten ehr normalen Jungen sehr gut gefallen und dem Autor ist es gelungen eine Vorgeschichte zum großen Meisterdetektiv zu schreiben, die für mich schlüssig, spannend und vor allem glaubwürdig war, auch wenn natürlich der brillante Geist späterer Zeiten noch fehlt.