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Es ist die wahre Geschichte einer außergewöhnlichen Begegnung in Frankfurts Grünanlagen unweit des Bankenviertels: Der Banker, den am Vorabend der Finanzkrise leise Zweifel an seinem Beruf beschleichen. Und der ehemalige Bankräuber aus Tirol, der ein hartes, aber freies Leben auf der Straße führt. Der Zufall will es, dass die beiden ins Gespräch kommen. Der Banker wird hineingezogen in die ungemein fesselnde Erzählung des "Tramp" und begegnet darin einer faszinierenden Person von großer Weisheit. Der Tramp entführt und nach Wien ins kriminelle Milieu, ins Hochsicherheitsgefängnis "Stein" und…mehr

Produktbeschreibung
Es ist die wahre Geschichte einer außergewöhnlichen Begegnung in Frankfurts Grünanlagen unweit des Bankenviertels: Der Banker, den am Vorabend der Finanzkrise leise Zweifel an seinem Beruf beschleichen. Und der ehemalige Bankräuber aus Tirol, der ein hartes, aber freies Leben auf der Straße führt. Der Zufall will es, dass die beiden ins Gespräch kommen. Der Banker wird hineingezogen in die ungemein fesselnde Erzählung des "Tramp" und begegnet darin einer faszinierenden Person von großer Weisheit. Der Tramp entführt und nach Wien ins kriminelle Milieu, ins Hochsicherheitsgefängnis "Stein" und auf das Frachtschiff "Admiral" mit Ziel New York, in Seemannskneipen und amerikanische Country Bars. Wir hören von Prominenten, Geistern und Schlägereien, und wir erleben einen Beobachter unserer Gesellschaft, dessen messerscharfer Blick durch Wolken von Alkohol ungetrübt das Dasein derer durchschaut, die ihn außen vor lassen und deren Welt des Geldes ins Wanken gerät.
Autorenporträt
Martin Heipertz, studierte Philosophie, Politik und Nationalökonomie. Nach Stationen in der Europäischen Zentralbank, im Kosovo und in der Europäischen Investitionsbank arbeitet er heute im Leitungsstab des Bundesministeriums der Finanzen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.08.2011

Supertramp
Banker trifft Penner: Warum ein erfolgreicher Finanzmann ein Buch über einen Obdachlosen geschrieben hat
Von Frederik Obermaier
Es klingt irgendwie zu schön: Ein junger, erfolgreicher Banker trifft einen Penner, lädt ihn zum Essen ein, freundet sich mit ihm an – und bekommt so seine Zweifel, ob in seinem eigenen Leben wirklich alles richtig läuft. Ob das ganze Geld, die maßgeschneiderten Anzüge, die teuren Geschäftsessen wirklich schon alles sind, ob so die Freiheit aussieht. Dann verlieren sich der Banker und der Obdachlose aus den Augen. Jahre vergehen, die Finanzkrise erschüttert die Weltwirtschaft, der Banker macht trotzdem Karriere, wird stellvertretender Büroleiter bei Finanzminister Wolfgang Schäuble, und dann schreibt der 34-Jährige ein Buch.
„Der Tramp“ heißt es und erscheint an diesem Wochenende. Der Ex-Banker Martin Heipertz erzählt darin, wie Franz S. einst einen Polizisten zum Krüppel schoss, im Gefängnis landete, später als Seemann anheuerte, in den USA zum Tramp wurde. Sich selbst spart Heipertz weitgehend aus – was dem Leser allerdings nicht immer ersichtlich ist.
Thematisch passt „Der Tramp“ perfekt in die Zeit: Kursstürze und Staatsschulden erschüttern die Finanzmärkte, das Ansehen der Banker ist so mies wie seit Jahren nicht mehr, Raffgier scheint die Welt in die Krise zu stürzen. In dieser Situation lässt Heipertz nun einen Obdachlosen sprechen, einen Menschen also, der sich vom Geld, der Konkurrenz, dem Wettbewerb schon vor Jahren losgesagt hat.
Im Buch trifft ein Investmentbanker namens Frank von Waldheim im Frankfurter Börsenviertel auf den Obdachlosen Franz, es ist der Sommer des Jahres 2006. „Früher wärst du im KZ gelandet“, schreit Frank von Waldheim dem Clochard entgegen – nur um wenige Stunden später mit ihm ins Gespräch zu kommen. Frank trifft Franz, Banker spricht mit Penner, das ist die Geschichte – eine „wahre Geschichte“, wie der Berliner Verlag bup auf seiner Homepage schreibt. Wie wahr sie ist, erzählt Heipertz am Telefon: „Franz, der Tramp, ist etwa zu 85 Prozent authentisch, die Person des Frank höchstens zur Hälfte.“ Er selbst habe das mit dem KZ so nie gesagt, auch Investmentbanker sei er nie gewesen.
Heipertz war Notenbanker, für die Europäische Zentralbank (EZB) analysierte er die Haushaltslage der EU-Staaten. Seinen Franz traf er auf dem Weg zum Mittagessen. „Da stand mir plötzlich dieser Mensch gegenüber, mit seinem Rauschebart, dem Tiroler Dialekt – er entsprach dem Typus, den ich schon lange gesucht hatte.“ Schon seit Jahren habe er, der Sohn eines bekannten Frankfurter Chirurgen, ein Buch über Obdachlose schreiben wollen. „Mich haben diese etwas philosophisch angehauchten Landstreicher einfach schon immer interessiert.“ Der Penner als Philosoph – das klingt arg romantisch, Heipertz jedoch scheint daran zu glauben. Bereits als Zehnjähriger habe er vor dem Supermarkt das Gespräch mit „Menschen dieser Sorte“ gesucht, sagt er, „bis meine Mutter mich weggezogen hat“.
Jahre später – Heipertz hatte inzwischen ein englisches Internat besucht, in Oxford Philosophie, Politik und Nationalökonomie studiert und promoviert – war die Kluft zwischen ihm und den Obdachlosen noch viel größer. Hier der Anzug-, dort die Lumpenträger: wie „Magnete mit denselben Polen“ seien sie gewesen, schreibt er später. Und trotzdem kamen sie ins Gespräch, Franz S. und Heipertz.
„Die Stadt lächelt“, schriftstellert Heipertz in holprigen Sätzen, „ihre Anlage arbeitet gut; der Tiegel hat die richtige Temperatur. So hat sie die Abstoßungskräfte der Magnete überwunden.“ Bei Pasta und Rotwein erzählt der Obdachlose dem Banker, wie er seine erste Bank ausgeraubt hat, in den Staaten Dolly Parton traf („Eine Oberweite wie eine Kanone“) und mit Freddy Quinn auf der Reeperbahn soff. Auch Jochen Rindt, den Formel 1-Fahrer, habe er gesprochen, „eine Stunde vor seinem Tod“, und bei dem späteren Entführer von Natascha Kampusch habe er geschlafen, „ein paar Wochen“ lang, später sei er an Krebs erkrankt, „unheilbar“. „Ich habe das nicht im Einzelnen nachgeprüft,“, sagt Heipertz, „schließlich handelt es sich um einen literarischen Text und nicht um einen Tatsachenbericht.“
Die Fakten waren dem Volkswirt egal, er brauchte nur den Franz. „Ich wollte ihn als Material nehmen für ein Romanprojekt.“ Er, der Einser-Abiturient, Euro-Experte, Überflieger, wollte nun endlich dieses Buch schreiben. Eine Parabel auf die Mäßigung sollte es werden, er schrieb sie im „flackernden Licht eines kleinen Generators“, als er Wirtschaftsberater im Kosovo war. Einem Dutzend Verlagen schickte er das Manuskript, zwei hatten Interesse. Der eine Verleger jedoch wollte Heipertz in der Ich-Form schreiben lassen, er sollte sich nicht hinter Frank, dem Investmentbanker, verstecken. „Das ging mir zu weit und es war ein Grund, warum ich mich für den anderen entschied.“
Ein Roman, der die Raffgier des Bankensystems geißelt und Banker als koksende Egomanen outet, geschrieben in der Ich-Form, von einem Büroleiter des Finanzministers – des Mannes also, der mit eben diesen Bankern täglich zu tun hat –, das sei nicht so gut vereinbar mit seinem Job, sagt Heipertz. „Auf eine solche Haltung könnte man durchaus auch als Ministerialbeamter kommen, würde das aber natürlich nicht äußern.“ Also ist es Franz, der Sätze sagt wie: „Politik, das ist für mich etwas, um das Volk zu bescheißen.“
Wolfgang Schäuble habe das Buch zur Kenntnis genommen, mehr möchte Heipertz nicht sagen. Er will als Autor wahrgenommen werden, nicht als Vertrauter des Ministers. Aber natürlich weckt gerade diese Position nun auch das Interesse.
Was im Buch Fakt ist und was Fiktion, wie viel Heipertz in der Romanfigur steckt, das bleibt auch nach 120 Seiten unklar. Der Autor spielt mit dieser Unschärfe, es ist dasselbe Spiel, das auch Charlotte Roche bei ihren Romanen so erfolgreich spielte, es brachte sie an die Spitze der Bestsellerlisten. Heipertz ist sich dieses Effekts bewusst, „grundsätzlich beklage ich mich natürlich nicht über Interesse an meinem Buch.“ Im Gespräch wird schnell klar, dass der Mann weiß, was er will – und wie er es erreichen kann.
Ende 2010 traf sich Heipertz noch einmal mit Franz S., der Verlag hatte sich das gewünscht, als Schlusspunkt für den Roman. „Tiefe Augenringe, schütteres Haar, vergilbte Finger“, so beschreibt er im Buch den ersten Eindruck. Sie sprechen miteinander, dann gehen sie auf einen Weihnachtsmarkt, dort stirbt Franz. Es ist ein gutes Ende für einen Roman. Aber es ist nicht die Wahrheit.
„Er ist kollabiert, aber er hat überlebt, er brauchte nicht mal einen Krankenwagen“, sagt Heipertz. Vor zwei Wochen erst hätten sie telefoniert. Es ging um Geld. Die Hälfte des Gewinns kriegt Franz, „aber ich musste ihn jetzt schon beruhigen, dass die Tatsache, dass man das Buch bereits im Internet bestellen kann, nicht heißt, dass ich in Reichtum schwelge.“
Interessant wäre, mit Franz selbst zu sprechen. Ihn zu fragen, was er davon hält, dass der Banker ein Buch über ihn geschrieben hat, dessen Untertitel „Die Geschichte des Franz S.“ lautet, das dann aber doch nicht wirklich die Geschichte des Franz S. sein soll. Möglich wäre ein solches Interview, sagt Heipertz, aber nicht jetzt, schließlich müsse Franz das Buch erst mal lesen. Er hat noch kein Exemplar erhalten.
Nach seinem ersten Bankraub
traf er Dolly Parton
und soff mit Freddy Quinn.
Der Bundesfinanzminister
hat das Buch
zur Kenntnis genommen – Ende.
Die Perspektive der Armut: Bettler in der Frankfurter Innenstadt Fotos: Frank Rum/dpa, oh
Martin Heipertz, Spitzenbeamter, hat einen Roman über Penner geschrieben.
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