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Der Salpetersiedlung Coya Sur in der chilenischen Atacama-Wüste steht das Ende der Welt bevor; die Mine schließt, und die Siedlung wird aufgegeben. Doch ehe es soweit ist, muss am nächsten Sonntag das Fußballspiel gegen den Nachbarort María Elena gewonnen werden. Die allerletzte Chance, den Erzrivalen nach Jahren schmachvoller Niederlagen endlich zu schlagen. Die Wetten könnten kaum schlechter stehen, aber dann taucht im Ort ein Mann auf, der mit seinen Fähigkeiten am Ball alles möglich erscheinen läßt. "Der Traumkicker" ist ein Roman über Freundschaft und Verlust und die komischen Seiten der…mehr

Produktbeschreibung
Der Salpetersiedlung Coya Sur in der chilenischen Atacama-Wüste steht das Ende der Welt bevor; die Mine schließt, und die Siedlung wird aufgegeben. Doch ehe es soweit ist, muss am nächsten Sonntag das Fußballspiel gegen den Nachbarort María Elena gewonnen werden. Die allerletzte Chance, den Erzrivalen nach Jahren schmachvoller Niederlagen endlich zu schlagen. Die Wetten könnten kaum schlechter stehen, aber dann taucht im Ort ein Mann auf, der mit seinen Fähigkeiten am Ball alles möglich erscheinen läßt.
"Der Traumkicker" ist ein Roman über Freundschaft und Verlust und die komischen Seiten der Tragik. Eine bunte Truppe fußballbesessener Männer und Frauen stemmt sich gegen die Tristesse des Faktischen und kämpft mit charmantem Einfallsreichtum für die Verwirklichung ihres Traums.
Autorenporträt
Rivera Letelier, Hernán
Hernán Rivera Letelier, 1950 in Talca/Südchile geboren, kam als Kind in die Atacamawüste im Norden. Als Heranwachsender besuchte er als einziger die Werksbibliothek der Minensiedlung und begann mit einundzwanzig, buchstäblich aus Hunger, mit dem Schreiben: Ein Radioprogramm lobte als ersten Preis für das beste Gedicht ein Abendessen in einem feinen Restaurant aus. Er schrieb ein vierseitiges Liebesgedicht und gewann prompt. Heute gehört er zu den meistgelesenen Autoren der spanischsprachigen Welt.

Becker, Svenja
Svenja Becker, geboren 1967 in Kusel (Pfalz), studierte Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft. Sie lebt als Übersetzerin (u. a. Allende, Guelfenbein, Onetti) in Saarbrücken.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Reinhard Helling findet Hernán Rivera Leteliers Roman "Der Traumkicker" großartig. Der Autor fange - wie schon in seinen vorherigen Büchern - mit großer Empathie die besonderen Lebensumstände in den Salpeterstädten der chilenischen Provinz ein. In diesem Roman erzähle der Autor die Geschichte einiger Arbeiter, die hauptsächlich eines im Kopf haben: ihre Fußballmannschaft. Trainiert werden sie vom Verkäufer aus dem Minenladen, die Spielfeldmarkierungen werden mit Salpeter gezogen, der Gewerkschaftsführer ist der selbsternannte Mannschaftsberater - das erklärte Ziel aller: die Mannschaft aus dem Nachbarort zu besiegen. Den Unterschied soll dieses Mal der fremde Traumkicker Expedito Gonzáles machen, berichtet der Rezensent. Helling lobt, dass der Autor neben dem Fußball nie das soziale Gefüge aus den Augen verliere, so etwa die Probleme, die sich aus der Schließung der Minen für die Mannschaft ergeben. Der Übersetzerin Svenja Becker ist er dankbar dafür, dass sie sich nicht gescheut hat, die häufig derbe Sprache der Arbeiter ins Deutsche zu übertragen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.07.2012

Elf Freunde sind nicht genug

In Hernán Rivera Leteliers wunderbarem Roman "Der Traumkicker" kämpft eine Fußballmannschaft aus der chilenischen Provinz für die Ehre und gegen den sozialen Absturz.

Das "Wir", das in Hernán Rivera Leteliers Roman "Der Traumkicker" das Wort ergreift, ist kein Pluralis majestatis, sondern die gebündelte Stimme einer Fußballmannschaft, genauer der Elf aus der Siedlung Coya Sur. Der Fußball ist für die Weiß-Gelben eine heilige Sache und manchmal wichtiger als die Arbeit in der Salpetersiedlung im hohen Norden Chiles.

Don Silvestre Pareto etwa, der im Auftrag der Abteilung für Soziales in den sechs Straßen der Siedlung streunende Hunde mit Strychnin-Hackbällchen vergiftet, ist für die wichtigen Spielfeldmarkierungen zuständig, die er auf dem Wüstenboden mit Salpeter, dem "weißen Gold", ausbringt. Trainiert wird die Truppe von Don Agapito Sánchez, dem Verkäufer im Minenladen. Und der Gewerkschaftsführer Pata Pata versucht als selbsternannter Mannschaftsberater, eine Strategie gegen den Rivalen aus der Nachbarsiedlung zu entwickeln.

Der Wettstreit mit den Schwarz-Orangefarbenen aus María Elena besteht seit Ewigkeiten, und fast immer waren die "Aasfresser" (so genannt, weil sich in Coya Sur der Friedhof befindet) allein wegen der lausigen Infrastruktur ihrer Siedlung den "Staubfressern" (in María Elena stehen die Mühlen für Rohsalpeter) unterlegen. Jetzt, Anfang der achtziger Jahre, wo die Salpetermine geschlossen werden soll und das letzte Spiel auf heimischem Platz ansteht, sind die Arbeiter entschlossen, sich mit allen (auch unsportlichen) Mitteln gegen die Schmach der letzten Jahre zu stemmen - und gegen den Beschluss der Minenbetreiber.

In der Person von Expedito González taucht unerwartet ein Hoffnungsschimmer am Horizont der Atacamawüste auf: Der geheimnisvolle Mann auf der Durchreise verzaubert die Männer mit unglaublichen Ballkünsten, ziert sich aber, ihr weiß-gelbes Trikot überzuziehen. Dafür hat er gute Gründe, von denen wir allerdings erst später erfahren werden. Als selbst Bestechungsgeschenke ihn nicht zum Bleiben bewegen können, verfällt Tuny Robledo, der Intellektuelle des Teams, auf einen Trick: Er spricht Expedito González' nostalgische Ader an, indem er behauptet, der legendäre Nationalspieler Manuel "Lito" Contreras sei aus Coya Sur. Er könne sogar dessen Grab sehen. Gesagt, getan - schon ist der "Traumkicker" beim entscheidenden Spiel dabei.

In Ergänzung zum heißen Lokalderby "Staubfresser" gegen "Aasfresser", das Rivera Letelier als Aufhänger dient, um einmal mehr Glanz und Elend einer zum Sterben verurteilten Salpetersiedlung in kraftvolle Bilder zu packen, bekommen wir eine kleine Geschichte des chilenischen Fußballs präsentiert. Spiele wie die als "Schlacht von Santiago" in die Fußball-Annalen eingegangene Begegnung zwischen Chile und Italien am 2. Juni 1962 finden ebenso Erwähnung wie der tragische Absturz eines Flugzeugs in den Anden am 3. April 1961, in dem die Mannschaft des Hauptstadt-Proficlubs Green Cross saß.

Eine exponierte Stellung gegenüber dem "Wir" der Elf gewährt der Autor nur Cachimoco Farfán, dem "schnellsten Reporter der Salpeterwüste", der während seines Medizinstudiums den Verstand verlor, weshalb seine in eine verbeulte Milchbüchse gehechelten Live-Übertragungen, die jedes der sieben Kapitel beschließen, von medizinischen Fachausdrücken nur so wimmeln. Farfán kommentiert neben dem Spielgeschehen auch das allgemeine Miteinander in Coya Sur.

In der Siedlung geht es rauh zu; auf dem Fußballplatz sowieso, aber auch bei den Gewerkschaftstreffen und im "Rancho Huachipato", der einzigen Pinte, wo die heimlichen Liebesaktivitäten der Männer durchgehechelt werden - "das Bohnern und Hörnen, Stippen in Nachbars Tunke, Schürfen in fremden Minen". Rivera Letelier beschönigt nicht, dass die Befriedigung der Fleischeslust neben der Arbeit und dem Fußball hier zu den wichtigsten Sachen gehört. Männer wie Frauen sind in dieser feindlichen Umgebung aufeinander angewiesen und doch oder gerade deswegen jederzeit zu Seitensprüngen bereit. Die auf lateinamerikanische Literatur spezialisierte Übersetzerin Svenja Becker hat keine Hemmungen, die gelegentlichen Derbheiten in aller Klarheit ins Deutsche zu übertragen.

Der vielfach ausgezeichnete, im südchilenischen Talca geborene Autor, der heute mit seiner Frau und vier Kindern in Antofagasta lebt, ist kein Nostalgiker, eher ein gnadenlos leidenschaftlicher Chronist einer untergegangenen Kultur und auf ewig der Atacamawüste verfallen, deren Bodenschätze dem schmalen Land einst Reichtum bescherten. Der heute einundsechzig Jahre alte Letelier, der zwei Jahrzehnte lang malochender Teil der von ihm beschriebenen Welt war, begann als Lyriker. Erst 1994 debütierte er mit "La reina Isabel cantaba rancheras" (Lobgesang auf eine Hure) als Romancier.

Bis heute folgten ein Dutzend Romane, darunter "Die Filmerzählerin" (F.A.Z. vom 15. August 2011) und nun endlich "El fantasista" aus dem Jahr 2006. Für den bisher nicht übersetzten Roman "El arte de la resurrección" (Die Kunst der Wiederauferstehung), in dem ein Wanderprediger in der Atacamawüste "die Steine zum Weinen bringt", wie eine spanische Zeitung schrieb, bekam Rivera Letelier 2010 den hochdotierten Alfaguara-Literaturpreis zuerkannt.

All seinen Büchern gemeinsam ist neben der Liebe zur Wüste die Empathie, die Rivera Letelier seinen Figuren entgegenbringt. Wie kein Zweiter seiner Landsleute - weder Ariel Dorfman noch Krimiautor Roberto Ampuero kann ihm das Wasser reichen - erfasst der Sohn eines Predigers, der als Kind mit der Bibel unterm Kopfkissen schlief, die lebensfeindliche Region in all ihren Dimensionen: der unerbittlichen Hitze, dem Diktat des Wetters, dem wirtschaftlichen Niedergang und den menschlichen Tragödien, die unvermeidbar sind, wenn aus halbwegs lebendigen Siedlungen Geisterstädte werden.

REINHARD HELLING

Hernán Rivera Letelier: "Der Traumkicker". Roman.

Aus dem Spanischen von Svenja Becker. Insel Verlag, Berlin 2012. 207 S., geb., 17,95 [Euro].

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