In Isfahan, der Hauptstadt des Seldschuken-Reiches, stirbt unerwartet ein hochangesehener Mann. Der Sohn des Verstorbenen fordert Aufklärung. An den Ermittlungen nimmt auch der Hofastronom Omar Chayyam teil. Er kommt zu dem Schluss, dass der Mann vergiftet wurde. Dabei hatte er versucht, den Trauernden davon zu überzeugen, dass es besser wäre, sich an den Vater zu erinnern, wie er war, anstatt dieses Bild durch Ermittlungen in Zweifel zu ziehen. Was fangen sie nun mit dieser Wahrheit an?Kurz darauf verdüstert sich der Horizont. Hofintrigen und soziale Spannungen bedrohen das Reich von innen, während ihm Kreuzritter und Mongolen von außen gefährlich werden. Doch der Sultan lehnt die Gründung eines Nachrichtendienstes zur Gefahrenbekämpfung ab. Ein verhängnisvoller Fehler.Als der berühmte Mathematiker und Dichter Jahrzehnte später Rechenschaft über sein Leben ablegt, ist das Reich zerfallen. Eine Terrororganisation, angeführt von einem früheren Weggefährten Omar Chayyams, versetzt die Gegend in Angst. Mit epischer Kraft, den Scharfsinn und die Ohnmacht seiner Protagonisten im Blick, schildert der große bosnische Schriftsteller Dzevad Karahasan, wie der heraufziehende religiöse Fundamentalismus eine blühende, von geistiger Vielfalt und Toleranz geprägte Epoche zerstört.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Mit einer langen, hymnischen Besprechung würdigt Andreas Breitenstein Dzevad Karahasans siebenhundert Seiten umfassenden historisch-philosophischen Ideen-Roman, der ihm nicht nur als "Opus magnum" des bosnischen Autors, sondern gar als "Jahrzehnte-Ereignis" erscheint. Mit "magistralem epischen Atem" erzählt Karahasan hier nicht einfach nur von dem persischen Mathematiker, Astronom, Philosophen und Dichter Omar Chayyam, sondern verbindet virtuos die Geschichte von der Blüte und dem Untergang des Seldschukenreichs mit der Gegenwart Bosniens, schwärmt der Kritiker. Es bedarf einiger Konzentration, den zahlreichen Handlungssträngen, dem gewaltigen Figuren-Ensemble und den historischen Hintergründen dieses mit kulturhistorischen Realien des Orients angereicherten Buches zu folgen, warnt Breitenstein vor, dafür werde der Leser aber auch reichlich entlohnt: Wer diese grandios übersetzte, "mächtige Arche Noah poetischer und philosophischer Welterkenntnis" liest, erlebt ein sprachliches Meisterwerk, das nicht nur Politisches mit Persönlichem, Monumentales mit Intimem und Episches mit Dialogischem kongenial verknüpft, sondern auch eine Dimension erreicht, die sonst nur bei Ivo Andric, Leo Tolstoi, Fjodor Dostojewski oder Thomas Mann zu finden ist, schließt der überwältigte Kritiker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Dzevad Karahasans von Katharina Wolf-Griesshaber famos ins Deutsche übersetzter Ideenroman ist ein Jahrzehnte-Ereignis. Es wird viel Zeit brauchen, seine künstlerische und intellektuelle, spielerische und philosophische, ernste und (aber)witzige Dimension zu erfassen."
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung 17.04.2016
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung 17.04.2016