Die Schriftstellerin Bozena Nemcová (1820-1862) wird in Deutschland vor allem mit dem allseits bekannten DEFA-Weihnachtsmärchen "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" assoziiert. Dabei stellt sie in Tschechien eine wichtige Identifikationsfigur und Klassikerin der Märchenliteratur dar, die in ihrem Herkunftsland eine ähnliche Bedeutung hat wie die Brüder Grimm für die deutsche Märchendichtung. Umso mehr überrascht es, dass bisher kein wissenschaftlicher Vergleich zwischen den Märchen von Nemcová und denen der Grimms angestellt wurde. Diese Forschungslücke, die sich vor allem mit unterschiedlichen ideologischen Vereinnahmungen des romantischen Erbes und insbesondere des Konzeptes des 'Volkes' begründen lässt, bemüht sich diese Arbeit zu schließen: Erstmals werden hier das Werk Nemcovás und das der Grimms aus einer komparatistischen Perspektive gegenübergestellt und es wird gezeigt, welchen modellhaften Charakter die grimmschen Märchen für die Ausbildung der tschechischen Nationalliteratur des 19. Jahrhunderts besaßen. Vor allem geht die Studie jedoch in zahlreichen Analysen auf einzelne Märchen der Grimms und Nemcovás ein, die sich in der wechselseitigen Begegnung der beiden untersuchten Dichtungen für eine neue und unerwartete Leseerfahrung öffnen.Im Jahr 2020 jährte sich der Geburtstag Bozena Nemcovás bereits zum 200. Mal.
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