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Sammy, wohlbehütet und sehr unselbstständig, trifft im Wald auf Kevin. Dieser lebt ganz auf sich allein gestellt in einer Erdhöhle. Nachdem Sammy nun weiß, wo diese Höhle ist, kann Kevin ihn natürlich nicht mehr gehen lassen. Sammy lernt im Wald zu leben, aber er will nach Hause. - Eine packende und anrührende Erzählung um eine nicht alltägliche Freundschaft.

Produktbeschreibung
Sammy, wohlbehütet und sehr unselbstständig, trifft im Wald auf Kevin. Dieser lebt ganz auf sich allein gestellt in einer Erdhöhle. Nachdem Sammy nun weiß, wo diese Höhle ist, kann Kevin ihn natürlich nicht mehr gehen lassen. Sammy lernt im Wald zu leben, aber er will nach Hause. - Eine packende und anrührende Erzählung um eine nicht alltägliche Freundschaft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2000

Ich bin ein besonderer Mensch
Das war der Sammy: "Der unsichtbare Junge" von Harry Mazer

In seinem längst zum Klassiker gewordenen ersten Kinderbuch "Das war der Hirbel" (1973) beschreibt Peter Härtling den Alltag eines kleinen Jungen im Heim, der oft Kopfweh hat und aus allem, was er erlebt, merkwürdige, für andere Kinder nicht nachvollziehbare Schlüsse zieht: Hirbel ist nicht ganz normal. Er lebt in einer Phantasiewelt, sein klinisches Leiden bleibt unbenannt. Als Nachwort ist ein Gespräch mit jungen Lesern abgedruckt, die wissen wollen, was dem Jungen denn eigentlich fehlt. Härtling spricht daraufhin von den zwei Krankheiten des Hirbel. Zum einen gebe es da eine "richtige" Krankheit ("sie wird auch einen schwierigen Namen haben"), und zum zweiten sei es eben krankmachend für das Kind, daß niemand mit ihm spiele und ihm vertraue.

So gesehen hat es Sammy, die Hauptfigur in Harry Mazers neuem Kinderroman "Der unsichtbare Junge", besser, familiär zumindest. Er lebt bei seiner Mutter, die sich viel um ihn kümmert. Gesund ist er aber auch nicht, er leidet an etwas, das Härtling ebenfalls eine Krankheit "mit schwierigem Namen" nennen würde: Sammy hat das Down-Syndrom. Den Leuten, die ihnen einen Blödmann nennen, widerspricht er: "Ich bin ein besonderer Mensch."

Eines Tages läuft Sammy weg, weil er den Eindruck hat, daß sich jetzt selbst seine geliebte Mutter gegen ihn stellt. Dabei verirrt er sich im nahe gelegenen Wald. Seine Zeit dort macht den Hauptteil des Romans aus: Im Wald trifft Sammy den aus einem Heim ausgebüxten Jungen Kevin. Schon wenn man Mazers Beschreibung von Kevins wildem Gesicht mit den verfilzten, fransigen Haaren, die ihm über die Augen fallen, gelesen hat, ahnt man, daß zwei derart unterschiedliche Jungens miteinander Probleme haben werden, sobald sie sich nur unterhalten. Und tatsächlich sind die beiden Kinder wie Feuer und Wasser. Der verängstigte Sammy bemüht sich, freundlich zu Kevin zu sein, der ihn aus Angst, Sammy würde ihn verraten, nicht mehr gehen läßt. Als er feststellt, was Sammy alles mit sich machen läßt, ohne aggressiv zu werden, entwickelt er einen geradezu sadistischen Spaß daran, ihn über Nacht zu fesseln, ihn am Weglaufen zu hindern und vor den hungrigen Augen seines Gefangenen Kuchen zu essen.

Doch an Sammys Arglosigkeit prallen selbst die ärgsten Späße ab, so daß es für Kevin keinen besonderen Lustgewinn bringt, ihn zu quälen. Sehr langsam, mit Rückschlägen und kleinen Streitereien, freunden die beiden ungewöhnlichen Außenseiter sich an, sie holen sich ihr Essen aus den Mülleimern einer nahen Siedlung, fangen Kaninchen; sie spielen Karten oder gehen baden.

In dieser gemeinsamen Zeit - bis Sammys Heimweh zu groß wird - lernen die beiden Wichtiges voneinander: Sammy, daß er zu mehr imstande ist, als seine Helfer jenseits der Waldgrenze glauben, und Kevin, daß nicht alle Menschen ihm Übles wollen. In Bruchstücken erzählt Kevin seine Geschichte, die von Armut und Vernachlässigung zeugt, und Harry Mazer zeigt auf sehr anrührende Weise, wie es dem behinderten Jungen gelingt, das Vertrauen des Heimkinds zu gewinnen. Dem amerikanischen Schriftsteller, der, zum Teil zusammen mit seiner Frau Norma, über hundert Kinder- und Jugendbücher geschrieben hat, sind mit den beiden Charakteren in "Der unsichtbare Junge" eindringliche Studien kindlicher Verstörung gelungen.

Silke Scheuermann

Harry Mazer: "Der unsichtbare Junge". Aus dem amerikanischen Englisch von Cornelia Krutz-Arnold. Verlag Sauerländer, Aarau, 2000. 127 S., geb., 24,95 DM. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Silke Scheuermann referiert den "Kinderroman" sehr ausführlich. Mitreißen aber wird sie damit sicherlich nur wenige. Mag sein, es liegt am Buch selbst, und Harry Mazer erzählt einfach nicht so spannend. Doch der Mann, das können wir in dieser Rezension lesen, hat eine Menge Erfahrung auf diesem Gebiet. Und wenn sich, wie in diesem Buch, zwei Kinder allein im Wald durchschlagen - zwei augenscheinlich durchaus originelle Charaktere -, die sich überdies erst kennenlernen müssen, wie Scheuermann erklärt, dann dürfte es an Spannung eigentlich nicht fehlen. Das wäre dann eine willkommene Ergänzung zu der Rührung, die die Rezensentin angesichts dieser "eindringlichen Studie kindlicher Verstörung" empfindet.

© Perlentaucher Medien GmbH"