Jeder von uns geht täglich an Menschen vorbei, die er kaum wahrnimmt und die doch im Lauf der Zeit Teil seines Lebens werden. Jeder begegnet Menschen, mit denen er regelmäßig ein paar Worte wechselt, immergleiche, belanglose vielleicht. Und manchmal will es der Zufall, dass wir auf jemanden treffen, mit dem wir zwei, drei intensive Minuten oder auch Stunden verbringen, bevor der andere für immer aus unserem Leben verschwindet.Der österreichische, in Japan lebende Autor Leopold Federmair hat über viele Jahre hinweg solche Begegnungen gesammelt, beschrieben und phantasiert. Da er in diversen Ländern auf drei Kontinenten lebte, ist daraus auch ein Kompendium kulturell ganz unterschiedlich verfasster Figuren und Situationen geworden. In einem Band versammelt, erzählen seine Prosa-Porträts als verdichtete Biographien und zugespitzte Eindrücke von sich verändernden, alten und neuen, gleichzeitigen Existenzformen. Die Verkäuferin in der Bäckerei, die alte, alleinlebende Nachbarin, die Zufallsbekanntschaft aus der Kneipe, der Bauernjunge, der die Milch bringt, die alleinerziehende Nachbarin mit ihrem Kind, der harmlose Dorfidiot, der Jogger, der immer um dieselbe Tageszeit dieselbe Strecke nimmt, der Barkeeper als König in seinem Reich ... - sie alle kommen mitsamt ihren kleinen Kontexten ins Bild und meist auch zu Wort.Federmair betrachtet und beobachtet all dies mit Einfühlungsvermögen und mit Befremden, oft beidem zugleich. Mit seiner geschmeidigen Sprache gelingt es ihm, aus scheinbar nebensächlichen, bekannten, allzu bekannten Phänomenen Ereignisse herauszuschälen, die nach der Lektüre noch eine ganze Weile nachklingen werden.