Die Intention des Buches ist, die bisherige Rezeption der Schriften Heines aus der eingespielten Dichotomie von Modernität und Tradition, beziehungsweise engagierter und autonomer Poesiekonzeption herauszuführen. Der Schnittpunkt, an dem sich diese Dichotomien auflösen lassen, ist ein archäologisches Programm, für dessen Beschreibung Heine das Stichwort eines Exils der antiken Götter verwendet. Mit der Bezeichnung "Götter im Exil" wird eine Suche nach einer Tradition beschrieben, durch die es Heine möglich wird, die bürgerlichen Zeitkonzeptionen, die zwischen Erhaltung und Fortschrittsideologie verlaufen, zu kritisieren. Eine solche Interpretation, die festgefahrene Dichotomien zu verlassen vermag, kann jedoch nur dann gelingen, wenn man Ansätze von Aby M. Warburg und Clemens Lugowski in den Verständnisprozeß einbezieht, da beide Theoretiker sich explizit mit dem Phänomen eines antiken Erbes beschäftigen, das durch die repressive Kultivierung des Christentums entstellt worden ist. Hier können Einblicke in einen semiologischen Prozeß der wechselnden Dominanz zwischen dem mimetischen Element und dem Moment der willkürlichen Zuordnung gewonnen werden, den schon Heine in seiner historischen Rekonstruktion, der Abfolge vom Symbol zur Allegorie, andeutet.