Ein internationaler Polizeikongress führt Kommissar Adamsberg und seinen Adlatus Danglard nach London. Bei einer abendlichen Sightseeingtour durch die schillernde Metropole machen die beiden Franzosen einen grausigen Fund: Vor dem ebenso berühmten wie berüchtigten Friedhof Highgate entdecken sie siebzehn fein säuberlich aufgereihte Schuhe, in denen herrenlos gewordene Füße stecken. Und zurück in Paris, wird Adamsberg zum Schauplatz eines fürchterlichen Verbrechens gerufen: Pierre Vaudel, pensionierter Jurist, wurde auf unerklärlich gnadenlose Weise in seinem Haus hingerichtet; als einziges Indiz verweist ein kryptischer Brief auf ein serbisches Dörfchen. So wenig den schaurigen Fund in London und den Mord in Paris verbinden mag, so hellhörig wird Adamsberg, als Danglard behauptet, unter den Schuhen von Highgate die seines serbischen Onkels wiedererkannt zu haben. Adamsberg nimmt die Fährte auf und reist in das einstige Transsilvanien, das Ursprungsland des Vampirglaubens, wo Wagemut und Unbedachtheit ihn an die Grenze von Leben und Tod bringen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2009Wüster Alb
Ein psychoemotionaler Schock! Ausgerechnet Kommissar Adamsberg - ein Mann, der das Gefühl liebt, "restlos verloren zu sein"? Und kein Geringerer als der Hausarzt des neuesten Mordopfers löst die Blockade mit ein paar wohltemperierten Handgriffen wieder auf. Fred Vargas legt ihren elften Roman um die buntscheckige Pariser brigade criminelle vor, und dieses Mal hat sie sich durch ihren Stoff gebissen ganz wie der untote "Kauer" auf einem serbischen Friedhof, den man bäuchlings begraben hat, damit er sich nicht durch Leichentuch und Sarg in die Oberwelt zurückmümmelt. Die Handlung, beginnend mit dem Mord an einem Rentner, dehnt sich bald auf den Balkan aus, wo Vampire unter der Erde rumoren, durch die Abtrennung ihrer Gehwerkzeuge jedoch post mortem an ihren nächtlichen Ausflügen gehindert werden. Das wiederum passt zu der Sammlung abgeschnittener Füße, die jemand in London vor den Toren eines Friedhofs deponiert hat (schon Bram Stoker hatte ein Auge auf Highgate geworfen). Die Unterscheidung zwischen "ursächlichen Vampiren" und "zwangsvampirisierten" Opfern schließlich führt Adamsberg auf die Spur: Gespensterglaube, Familienfehde, Blutrache. Wie in all ihren Romanen begeht Frankreichs derzeit erfolgreichste Krimiautorin Häresie am Genre. Je unwahrscheinlicher die Handlung, desto Vargas. Spielmacher Zufall spannt den unförmigsten Bogen vom unehelichen Kind des Kommissars über korrupte Beamte bis hin zu wundertätigen Doktoren und mumifizierten Ermittlern. Das ist ein ziemlich turbulenter Trip, an dessen Ende jedoch der Stammbaum der serbischen Vampire für immer ausgelöscht sein dürfte. Kalt lässt einen das nicht. (Fred Vargas: "Der verbotene Ort". Roman. Aus dem Französischen von Waltraud Schwarze. Aufbau Verlag, Berlin 2009. 423 S., geb., 19,95 [Euro].) teut
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein psychoemotionaler Schock! Ausgerechnet Kommissar Adamsberg - ein Mann, der das Gefühl liebt, "restlos verloren zu sein"? Und kein Geringerer als der Hausarzt des neuesten Mordopfers löst die Blockade mit ein paar wohltemperierten Handgriffen wieder auf. Fred Vargas legt ihren elften Roman um die buntscheckige Pariser brigade criminelle vor, und dieses Mal hat sie sich durch ihren Stoff gebissen ganz wie der untote "Kauer" auf einem serbischen Friedhof, den man bäuchlings begraben hat, damit er sich nicht durch Leichentuch und Sarg in die Oberwelt zurückmümmelt. Die Handlung, beginnend mit dem Mord an einem Rentner, dehnt sich bald auf den Balkan aus, wo Vampire unter der Erde rumoren, durch die Abtrennung ihrer Gehwerkzeuge jedoch post mortem an ihren nächtlichen Ausflügen gehindert werden. Das wiederum passt zu der Sammlung abgeschnittener Füße, die jemand in London vor den Toren eines Friedhofs deponiert hat (schon Bram Stoker hatte ein Auge auf Highgate geworfen). Die Unterscheidung zwischen "ursächlichen Vampiren" und "zwangsvampirisierten" Opfern schließlich führt Adamsberg auf die Spur: Gespensterglaube, Familienfehde, Blutrache. Wie in all ihren Romanen begeht Frankreichs derzeit erfolgreichste Krimiautorin Häresie am Genre. Je unwahrscheinlicher die Handlung, desto Vargas. Spielmacher Zufall spannt den unförmigsten Bogen vom unehelichen Kind des Kommissars über korrupte Beamte bis hin zu wundertätigen Doktoren und mumifizierten Ermittlern. Das ist ein ziemlich turbulenter Trip, an dessen Ende jedoch der Stammbaum der serbischen Vampire für immer ausgelöscht sein dürfte. Kalt lässt einen das nicht. (Fred Vargas: "Der verbotene Ort". Roman. Aus dem Französischen von Waltraud Schwarze. Aufbau Verlag, Berlin 2009. 423 S., geb., 19,95 [Euro].) teut
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Das ist große Europäische Literatur!", seufzt Rezensent Tobias Gohlis und gibt zudem die Ansicht zu Protokoll, auch der leidenschaftliche Krimileser Bert Brecht wäre von diesem Roman "entzückt" gewesen. Den beschreibt er im Folgenden als Mischung aus "Vampir-, Schauer- und Abenteuererzählung", "Polizeiermittlung und -verschwörung". Bereits der Protagonist und ermittelnde Kommissar ist aus Rezensentensicht einzigartig: nämlich von Ängsten besessen, darunter die, das eigene Kind sei verdorben und er selbst könne lebendig begraben werden. Die Geschichte spielt in London, aber auch in einem serbischen Dorf, wie man liest. Beeindruckt ist der Rezensent auch von der "federnd-tänzelnden Sprache", dem märchenhaft-fantastischen Ton, in dem das Buch verfasst ist.
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