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Im Wiener Exil begab sich der ehemalige Bürgermeister von Belgrad und berühmte Architekt Bogdan Bogdanovic "in die Rumpelkammer der Vergangenheit": Wehmütig, aber nicht ohne Humor spannt er den Bogen von der geradezu idyllisch erscheinenden Zwischenkriegszeit über den Zweiten Weltkrieg, die Epoche Titos, der ihm die ersten Aufträge erteilte, bis in jene Zeit, als ein serviler Parteifunktionär namens Slobodan Milosevic zum machtbesessenen Präsidenten aufstieg. Als Architekt der berühmten "Blume aus Beton", des Denkmals für das ehemalige Konzentrationslager Jasenovac, erlebte Bogdanovic hautnah…mehr

Produktbeschreibung
Im Wiener Exil begab sich der ehemalige Bürgermeister von Belgrad und berühmte Architekt Bogdan Bogdanovic "in die Rumpelkammer der Vergangenheit": Wehmütig, aber nicht ohne Humor spannt er den Bogen von der geradezu idyllisch erscheinenden Zwischenkriegszeit über den Zweiten Weltkrieg, die Epoche Titos, der ihm die ersten Aufträge erteilte, bis in jene Zeit, als ein serviler Parteifunktionär namens Slobodan Milosevic zum machtbesessenen Präsidenten aufstieg. Als Architekt der berühmten "Blume aus Beton", des Denkmals für das ehemalige Konzentrationslager Jasenovac, erlebte Bogdanovic hautnah den Kampf um Deutung und Funktionalisierung von Geschichte für politische Interessen. Bogdanovics Erinnerungen leben von seinem Grenzgängertum: zwischen Kunst und Politik, Kommunismus und intellektueller Verweigerung, die ihn 1993 nach Wien ins Exil zwang. Im Kleinen, im Detail und Anekdotenhaften offenbart sich ein Einzelschicksal, das mit dem Schicksal seines Landes eng verwoben is t. Bogdan Bogdanovic verkörpert ein anderes Serbien, eines, das den offenen Widerstand gegen Milosevic nicht scheut.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.1997

Händedruck mit einem Huhn
Melancholisch: Bogdan Bogdanovic ist der "verdammte Baumeister"

Seit 1993 lebt der heute Fünfundsiebzigjährige in Wien im Exil. Der Architekt und Hochschullehrer Bogdan Bogdanovic, zwischen 1982 und 1986 Bürgermeister seiner Heimatstadt Belgrad, vertauschte damals freilich nur die innere Emigration mit der äußeren. Ein "Volksfeind" der aufgehetzten Massen und Gegner des nationalkommunistischen Milosevic-Regimes, war er längst isoliert und tätlich bedroht gewesen. Die von ihm begründete "Dorfschule für die Philosophie der Architektur" hatten wackere Patrioten verwüstet. Und das Gedenkstättenareal rund um sein Monument für das kroatisch-faschistische Konzentrationslager Jasenovac gleicht mittlerweile einem Schlachtfeld. Gerade mit der "Blume des Guten" aus Beton hatte er sich einst in die Annalen des internationalen Denkmalbaus eingeschrieben. Das Werk von Bogdan Bogdanovic kreist um die Zentralbegriffe Symbol und Gedächtnis. Darum galt und gilt der Urbanist als Experte für Nekropolen und "metaphysische Landschaften". Aber dem finsteren Kult des Todes verlieh er dabei einen denkbar menschenfreundlichen Aspekt.

Kein Wunder, daß auch die Erinnerungen dieses bemerkenswerten Mannes zutiefst humane Züge zeigen. Die Bitterkeit des Vertriebenen und um seine Hoffnungen Betrogenen schlägt bloß ganz selten in leisem Sarkasmus durch. Eine korrekte Autobiographie würde man von dem Buch "Der verdammte Baumeister" indes vergeblich erwarten. Was sein Jugendfreund Milo Dor in geschmeidiges Deutsch übertragen hat, ist ein Mosaik aus Fragmenten.

Einst hatte Bogdanovic eine ominöse "grüne Schachtel" verfertigt, in die er Notizen, Traumaufzeichnungen und ähnliches warf. Er wollte zugleich vergessen und bewahren. Zwei Jahrzehnte hindurch blieb das Behältnis ungeöffnet. Das Kunterbunt des Inhalts, die "Rumpelkammer der Vergangenheit", bildet nun das Strukturprinzip seiner Memoiren und essayistischen Betrachtungen. Bogdan Bogdanovic blickt abgeklärt, ja weise zurück - auf das Heranwachsen in jakobinisch-republikanischem Elterhaus, auf die intellektuellen Abenteuer, das politische Engagement, die Wahlverwandten aus der Geschichte der Kunst. Mit keiner Zeile rühmt er sich irgendwelcher Heldentaten, sei's als Partisan, sei's als Widersacher chauvinistischer Doktrin. Der Schriftsteller Bogdanovic liebt das kleine, signifikante Detail. So gemahnt ihn der Händedruck mit Tito an ein "geschlachtetes, feuchtes Huhn". Und die Machtbesessenheit des wildgewordenen Apparatschiks Milosevic bringt er auf den metaphorisch überzeugenden Begriff: "Er strahlte wie die Sonne. Tatsächlich sah er Helios ähnlich - sein Haar sträubte sich wegen eines verzückten inneren Magnetismus nach allen Richtungen." In jedem Wort des Kosmopoliten Bogdanovic spürt man die Trauer über Serbiens "provinzielle Selbstzerstörung". Er konnte sie nicht aufhalten, nur beschreiben. Mit schöpferischem Zorn. ULRICH WEINZIERL

Bogdan Bogdanovic: "Der verdammte Baumeister". Erinnerungen. Aus dem Serbischen übersetzt von Milo Dor. Zsolnay Verlag, Wien 1997, 304 S., geb., 46,- DM.

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"Er verkörpert mit seinem tragischen Schicksal den zentraleuropäischen Intellektuellen, dem schließlich sein Wirkungskreis genommen wurde. Bogdan Bogdanovic könnte für ein anderes Serbien stehen."(Süddeutsche Zeitung)