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Maeve, die jüngste Tochter des Verkäufers Billy Sweeney und Kassiererin einer Tankstelle, ist bei einem Überfall brutal zusammengeschlagen worden und in ein Koma gefallen. Der am Boden zerstörte Vater muß während der Gerichtsverhandlung erleben, wie der Haupttäter der Haft und damit seiner Strafe entfliehen kann. Und so macht sich Billy selber auf die Suche nach dem Flüchtigen, um seine Tochter zu rächen. Die Geschichte seiner Rache, aber auch die seines Lebens, schreibt er für Maeve nieder, denn er weiß, daß er den Tag vielleicht nicht mehr erleben wird, an dem sie erwacht, dennoch "darf ein…mehr

Produktbeschreibung
Maeve, die jüngste Tochter des Verkäufers Billy Sweeney und Kassiererin einer Tankstelle, ist bei einem Überfall brutal zusammengeschlagen worden und in ein Koma gefallen.
Der am Boden zerstörte Vater muß während der Gerichtsverhandlung erleben, wie der Haupttäter der Haft und damit seiner Strafe entfliehen kann. Und so macht sich Billy selber auf die Suche nach dem Flüchtigen, um seine Tochter zu rächen.
Die Geschichte seiner Rache, aber auch die seines Lebens, schreibt er für Maeve nieder, denn er weiß, daß er den Tag vielleicht nicht mehr erleben wird, an dem sie erwacht, dennoch "darf ein Verkäufer die Hoffnung nie aufgeben. Das ist kein Leben für einen Pessimisten."
Autorenporträt
O'Connor, Joseph
Joseph O'Connor1963 in Dublin geboren, studierte in Dublin und Oxford. Seit 2014 ist er Professor für kreatives Schreiben an der University of Limerick. Seine Romane und Erzählbände, für ihren satirischen Humor bekannt, sind regelmäßig auf irischen wie britischen Bestsellerlisten zu finden.

Allié, Manfred
Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2000

Zwei Männer
im Käfig
Joseph O’Connors „Verkäufer”
Das Leben hat Billy Sweeney übel mitgespielt; dass er daran nicht unschuldig ist, macht die Lage für ihn weder einfacher noch überschaubarer. Ist seine Ehe gescheitert, weil er zu viel gesoffen hat, oder wurde er zum Alkoholiker, weil er spürte wie die Beziehung zwischen Grace und ihm unaufhaltsam in die Brüche ging? Er weiß es nicht. Jetzt ist seine Frau tot und seine Tochter Maeve liegt im Koma.
Maeve wurde das Opfer eines brutalen Überfalls auf eine Tankstelle; Donal Quinn, der mutmaßliche Täter, konnte während der Gerichtsverhandlung fliehen. Billy spürt den jungen Mann auf, observiert ihn lange, bevor er ihn von einem bezahlten Schläger fertig machen lässt, in den Kofferraum wirft und zu Hause in eine Voliere sperrt. Dann aber kehren sich die Machtverhältnisse um; plötzlich sitzt Billy im Käfig und Quinn terrorisiert ihn. Was angefangen hat wie eine böse Geschichte über Selbstjustiz, nimmt immer überraschendere Wendungen. Der Käfig wird zum symbolischen Ort, den die beiden Männer überwinden; sie wohnen schließlich gemeinsam in Billys Haus, gehen getrennte Wege und bleiben doch insgeheim aneinander gebunden durch ihre Schuldgefühle, ihre Hassliebe und die Angst vor der Einsamkeit.
Joseph O’Connors Roman Der Verkäufer ist ein Psychokrimi von überrumpelnder Folgerichtigkeit. Der 37-jährige irische Autor erzählt mit den Mitteln des Briefromans: Billy berichtet in Briefen an die bewusstlose Tochter von seinen Versuchen, Rache zu nehmen für alles, was Donal Quinn ihr und ihm angetan hat. Aber er erzählt Maeve auch von seiner Liebe und seiner gescheiterten Ehe. Vielleicht kommt der Tag, an dem sie das alles lesen kann.
Zwischen die Briefe schiebt sich ein Kapitel schneller Tagebuch-Eintragungen, in denen es um die physischen Auseinandersetzungen Billys mit Quinn geht. Die gegenwärtigen Ereignisse nehmen eine solche Vehemenz an, dass Billy mit ihnen kaum Schritt halten kann und nicht zum Nachdenken kommt – während er über seine nun 13 Jahre zurückliegende Ehe intensiv und mit einigem psychologischen Gespür reflektiert. Doch selbst in seinem aktuellen Kampfreport kommt er nicht los von den Erinnerungen an die Vergangenheit. Billys Briefe werden zur Beichte. So verbinden sich in diesem Roman unterschiedliche Tonarten zum Text eines Mannes, der sich endlich sein Leben von der Seele schreibt.
Fast beiläufig teilt der Autor jähe und schmerzhafte Seitenhiebe auf Irland aus. Das Echo der gewalttätigen Historie der Insel ist allgegenwärtig.
Der Verkäufer ist ein Roman über die alten, nicht mehr tauglichen Unterscheidungen zwischen Gut und Böse und über die tiefe innere Unordnung, in die das prosperierende Irland geraten ist. Sie fordert ihre Opfer. Zu ihnen zählt bei genauerem Hinsehen auch der Täter Donal Quinn. Am Anfang stand der Prozess, am Ende wird Quinn gerichtet – von Verbrechern.
H. G. PFLAUM
JOSEPH O’CONNOR: Der Verkäufer. Roman. Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Ammann Verlag, Zürich 1999. 420 Seiten, 44 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2000

Schuld und Sühne in der Voliere
Vertrackte Botschaft: Joseph O'Connors Roman "Der Verkäufer"

Am Abend des 19. August 1993 überfallen vier junge Männer die Quasar-Tankstelle in der Dubliner Stillorgan Avenue und verletzen dabei die Kassiererin Maeve Sweeney so schwer, dass sie seither im Koma liegt. Ein halbes Jahr später verurteilt ein Schwurgericht drei der Täter zu insgesamt zweiunddreißig Jahren Haftstrafe. Der vierte, Donal Quinn, diskutiert dann gut ein Jahr später mit dem Vater des Opfers in dessen Haus die korrekte Art, Eier zu kochen. Billy Sweeney hatte entschieden anderes mit ihm vorgehabt als die Frage zu klären, ob das Wasser erst kochen muss, ehe man die Eier darin versenkt, er hatte ihn töten wollen. Man muss das nicht billigen, aber man kann ihn verstehen: Tochter Maeve ist das Zentrum seiner Zuwendung, seit seine Frau Grace sich von ihm wegen seiner Sauferei getrennt und ihre beiden Töchter mitgenommen hatte, Maeve aber zu ihm zurückkehrte. Er hat am ersten Prozesstag Quinns provozierendes Auftreten erdulden müssen, dann ermöglichte diesem eine schläfrige Polizei, bei einem Zahnarztbesuch zu entweichen. Billy Sweeney aber entdeckt ihn bald, als er, wie es sein Beruf ist, ein Elektrogeschäft mit Satellitenschüsseln beliefert. Quinn strolcht darin als vermeintlicher Kunde herum, mit deutlich veränderter Erscheinung, kurz geschnittenem Haar, Brille und simuliertem Gehfehler; für Sweeney ist das gleichwohl ohne Zweifel der Urheber des Leids seiner Tochter.

In fast allabendlichen Erkundungsfahrten in das Tourismusstädtchen Bray setzt er ein Bewegungsbild des Abgetauchten zusammen und kennt bald die Zeiten und Orte, an denen Quinn Drogen verkauft, trinkt und erstaunlich erfolgreich Frauen gewinnt, die ihn im Augenblick verschärfter Erregung mit seinem Aliasnamen Niall anstöhnen. Parallel zu diesen Erkundungen bemüht sich Sweeney um professionelle Hilfe, den Täter büßen zu lassen. Nap, ein zwielichtiger Milchwagenfahrer, der sich durch den Verkauf von Pornovideos etwas hinzuverdient, behauptet, ein Kumpel von ihm erteile für fünfhundert Pfund jeder gewünschten Person eine Lektion von bleibendem Erinnerungswert. Die bestellt Sweeney durch Anzahlung, gedacht ist diese Lektion aber nur als Präludium, die - finale - Weiterbehandlung will er selbst übernehmen; Hilfsmittel wie Jagdmesser, Handschellen und Müllsäcke sind schon in seinem Auto versteckt.

Am 11. August 1994 geht dann ein weiterer Überfall über eine diesmal schwach beleuchtete Bühne: Donal Quinn wird in der Nähe seiner Wohnung von zwei Männern mit Faustschlägen, Fußtritten und einem Golfschläger traktiert, der zerschundene Körper sodann im Müllsack in den Kofferraum von Sweeneys Auto geworfen. Seine nächste Station ist die solide Voliere in Sweeneys Garten, kein Ort, sich zu erholen. "Gegen vier Uhr nachmittags in den Garten, um wieder mit ihm zu spielen", notiert der rächende Vater am dritten Tag der Käfighaft seines Gegners ins Tagebuch, aber schon einen Tag später steht da: "Ich wünschte, ich könnte die Sache ungeschehen machen." Je mehr Sweeney der Racheimpuls abhanden kommt, umso mehr baut er sich in Quinn auf - nach ein paar Tagen gelingt es ihm, den Spieß umzudrehen; jetzt ist Sweeney im Vogelhaus. Und wiederum einige Zeit später streiten sie sich dann in Sweeneys Küche über die korrekte Methode, Eier zu kochen.

Dies alles wissen wir nur, weil Bill Sweeney es aufgeschrieben hat, für Maeve: "Wenn du jemals wieder erwachst, werden diese Seiten, diese Wörter auf dich warten." Und da nicht abzusehen ist, was nach solchem Erwachen noch in Maeves Gedächtnis sein wird, macht er das äußerst plastisch und genau; "ein guter Verkäufer hat einen Blick für Kleinigkeiten". Weil allein die Geschichte zwischen ihm und Quinn die Tochter nicht klug machen könnte über ihren Ort im Leben, webt Bill Sweeney die Familiengeschichte dort hinein ab dem Zeitpunkt, als er ihre Mutter kennen lernte. Das waren großartige Zeiten, denn sie sah aus wie Audrey Hepburn und alle wollten sie haben, er aber bekam sie und von seinem Freund Seánie, dem späteren Pater Seán, auch noch zwei Karten für das Beatles-Konzert 1964 in Dublin. Aber dann wurde es zunehmend prekär mit seiner forcierten Alkoholikerkarriere; daher auch seine auf den ersten Blick überraschende neue Sicht auf den Mann in der Voliere: "Die Wahrheit ist: Er erinnerte mich an mich."

Bills Bericht an Maeve ist Selbstanalyse mit erstaunlicher Selbstdistanz, er ist Werben um Verständnis und Vergebung der Tochter, und er transportiert eine packende Geschichte mit vielen nicht absehbaren Wendungen. Joseph O'Connor, der wirkliche Autor, dreizehn Jahre jünger als der 49-jährige Billy Sweeney und nach menschlichem Ermessen durchaus nicht dessen Alter Ego, hat das alles mit langem Atem und großer, schon in seinen früheren Büchern erkennbarer Kunstfertigkeit aufgeschrieben. Obendrein mit so beherztem wie geglücktem Griff in die erzählerische Trickkiste, zum Beispiel dem, den Leser zum Voyeur zu machen, weil auch er dieses Vermächtnis an Maeve - und vor ihr - lesen darf. Gäbe es Billy, man hätte Anlass, ihm für diese Möglichkeit zu danken.

BURKHARD SCHERER

Joseph O'Connor: "Der Verkäufer". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Ammann Verlag, Zürich 1999. 419 S., geb., 44,- DM.

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