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Ein Krieg zwischen China und den Vereinigten Staaten hätte katastrophale Folgen. Leider ist er nicht länger undenkbar, schreibt Kevin Rudd, ehemaliger Premierminister Australiens und China-Experte. Die Beziehungen zwischen den beiden Supermächten werden immer instabiler, der Graben zwischen ihnen immer tiefer. Kulturelle Missverständnisse, historische Animositäten und ideologische Inkompatibilität tragen dazu bei. Doch ein geopolitisches Desaster lässt sich vermeiden - allerdings nur, wenn die beiden Giganten einen Weg der Koexistenz finden, der ihre Kerninteressen wahrt.

Produktbeschreibung
Ein Krieg zwischen China und den Vereinigten Staaten hätte katastrophale Folgen. Leider ist er nicht länger undenkbar, schreibt Kevin Rudd, ehemaliger Premierminister Australiens und China-Experte. Die Beziehungen zwischen den beiden Supermächten werden immer instabiler, der Graben zwischen ihnen immer tiefer. Kulturelle Missverständnisse, historische Animositäten und ideologische Inkompatibilität tragen dazu bei. Doch ein geopolitisches Desaster lässt sich vermeiden - allerdings nur, wenn die beiden Giganten einen Weg der Koexistenz finden, der ihre Kerninteressen wahrt.
Autorenporträt
Kevin Rudd war von 2007 bis 2010 Australiens Premierminister, dann Außenminister, bevor er 2013 noch einmal als Regierungschef amtierte. Im März 2023 wurde er zum australischen Botschafter in den Vereinigten Staaten berufen. 1957 in Nambour (Queensland) geboren, belegte er Kurse in «Chinastudien» an der Australian National University, die er mit Auszeichnung abschloss. Dort lernte er auch Mandarin, das er fließend spricht. 2021 bis 2023 war Rudd Präsident und CEO der Asia Society, deren Forschungsinstitut er seit 2015 leitete.
Rezensionen
«Rudd macht gut durchdachte Vorschläge, um ein 'globales Blutbad' zu verhindern.» New York Review of Books

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2023

Strategischer Weitblick dringend gesucht

Nationalismus auf Kosten anderer beschwört unweigerlich Konflikte herauf. Sowohl die Amerikaner als auch die Chinesen grenzen sich zur Zeit eifrig vom jeweils anderen ab. Wie kann ein "heißer" Krieg, den eigentlich niemand will, verhindert werden?

Von Jörg Echternkamp

Von Jörg Echternkamp

Konfuzius wäre konsterniert: Harmonie, Gleichmut und Respekt - die Ideale seiner Lehre - sind weit davon entfernt, eine Weltordnung zu beschreiben, in der die Rivalität von China und den USA immer riskanter wird. Sah der chinesische Philosoph die Lösung der Probleme in der Bildung für alle, plädieren die Autoren der hier vorzustellenden Neuerscheinungen dafür, dass wenigstens die Entscheidungsträger lernen, wie es um die wechselseitige Wahrnehmung bestellt ist und wie sich mit politischer Klugheit doch noch verhindern lässt, dass der "Kalte Krieg 2.0" in jenen heißen Konflikt übergeht, der in ihren Augen am Horizont droht. Wie viele China-Bücher stecken auch ihre daher voller Ausrufezeichen. Sie vermitteln weder einen Überblick im nüchternen Stil der Länderkunde noch besitzen sie die historische Tiefe des Klassikers von Jacques Gernet. Dafür bieten sie zum einen aktuelle, auf die Gegenwart und Zukunft bezogene Analysen mit einem Schwerpunkt auf der Außen- und Sicherheitspolitik, die freilich gern die Vergangenheit bemüht, um ihren Thesen historische Plausibilität zu verleihen. Zum anderen geht es ihnen deshalb zugleich, wenn nicht gleichermaßen, um die Vereinigten Staaten, deren politisches System den Autoren bestens bekannt ist. Aufgrund dieses doppelten Experten-Blicks stechen die beiden Bände aus der Menge der China-Literatur heraus.

Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen! So könnte man den Ansatz von Josef Braml und Mathew Burrows auf den Punkt bringen. Wenn der deutsche Politikwissenschaftler und der amerikanische Sicherheitsexperte vor einer Eskalation des neuen Kalten Krieges warnen, hätte es nahegelegen, den letzten Kalten Krieg als historischen Ausgangspunkt zu wählen. Doch um ihr Argument zu entwickeln, blicken sie weiter zurück auf den Beginn des Ersten Weltkriegs. Dazu machen sie eine Anleihe bei Christopher Clark. Der in Cambridge lehrende Historiker hatte 2012 die politischen Entscheidungsträger als "Traumwandler" charakterisiert, die durch ihre Entscheidungen in einer komplexen Krisensituation am Ende einen Krieg zu verantworten hatten, der vermeidbar gewesen wäre, hätten sie verantwortungsbewusster entschieden. Worauf Braml und Burrows hinauswollen: Auch in der gegenwärtigen Krise ist ein Szenario realistisch, in dem rivalisierende Weltmächte in einen Krieg "hineinschlittern". Befinden sich nicht auch all jene Idealisten, die nach dem zweiten Einmarsch Russlands in die Ukraine seit 2022 aus ihren "postsowjetischen Tagträumen vom 'Ende der Geschichte'" gerissen wurden, auf dem Weg in den nächsten Albtraum? Kurzsichtige Entscheidungsprozesse mögen in der schwarz-weißen Welt des (ersten) Kalten Krieges angebracht gewesen sein, in der Komplexität der heutigen Krisenlage seien sie es, wie schon vor 1918, nicht mehr. Daher der Buchtitel.

Der schmale Band ist zunächst als ein Fallbeispiel für zeitgemäße Entscheidungsfindungsprozesse zu lesen. Burrows war mehrere Jahre für US-Geheimdienste tätig und darin geübt, "szenario-basierte Perspektiven" zu entwickeln. Diese Form der Politikberatung sollte es den Verantwortlichen ermöglichen, systematisch (nicht: ideologisch oder spekulativ) und längerfristig (nicht: auf gegenwärtige Erfordernisse fixiert) für die Zukunft zu planen. Der strategische Weitblick soll insbesondere den allzu raschen Rückgriff auf die militärische Option verhindern, an deren Unwägbarkeiten uns zuletzt der demütigende Rückzug aus Afghanistan erinnert hat. Der Umgang der USA mit China ist für die Autoren die Probe aufs Exempel.

Ihre Lageanalyse läuft auf drei Schlüsselfaktoren hinaus: den Ausgang des Krieges gegen die Ukraine, den Abschwung der Konjunktur mit ihrem Aufschwung des Nationalismus sowie den Klimawandel als eine globale Herausforderung. Was manche überraschen mag: Den Abgesang auf die Globalisierung und damit die Abkopplung von China halten Braml und Burrows für keine gute Antwort. Der Gewinn an moralischer Integrität macht in ihren Augen den materiellen Schaden nicht wett. Wendet sich der Westen von jenen ab, deren Werte er nicht teilt, drohen die Grundlagen einer seit den 1990er-Jahren währenden Erfolgsgeschichte zerstört zu werden. Während in der öffentlichen Debatte als ausgemacht erscheint, dass das Leitprinzip "Wandel durch Handel" seine Gültigkeit verloren hat, heben Braml und Burrows daher die Vorteile von Handelsbeziehungen hervor, nicht zuletzt für die Menschen in ärmeren Ländern. Doch auch in den USA beobachten sie eine gewachsene soziale Ungleichheit als Folge des Rückzugs aus der Weltwirtschaft.

Die Covid-19-Krise hat die Rivalität zwischen den USA und China noch verstärkt, zumal Präsident Biden die technologischen Autarkiebestrebungen verdoppelt hat und mit seinem Verbot, Halbleiterchips zu liefern, eine noch harscheren Ton anschlug als Trump. Zu Recht erinnern die Autoren aber auch daran, dass Chinas Vorgehen im Südchinesischen Meer, vor allem seine militärischen Provokationen Taiwans, westlichen Sicherheitsexperten große Sorgen bereiten.

Keine Frage: Eine nationalistische Politik, die auf wirtschaftliche und militärische Abschottung setzt und den eigenen Nutzen auf Kosten der anderen mehren will, beschwört unweigerlich Konflikte herauf. So ist die inhaltliche Botschaft ein Plädoyer für die (Re-) Globalisierung der Märkte, Institutionen und Werte - und gegen einen neuen Merkantilismus mit seiner destruktiven Fiktion eines wirtschaftlichen Nullsummenspiels. Die Rückkehr zu globaler Kooperation über alle bestehenden Gräben hinweg ist das beste der drei Szenarien, die in diesem Buch entwickelt werden - neben dem schlechten Szenario eines neuen Kalten Krieges mit massiven Wohlstandsverlusten und dem "hässlichen" eines dritten Weltkriegs. Ein chinesisch-amerikanischer Krieg wäre in ihren Augen dessen Ursache - und damit ein tragisches Versagen.

An dieser Stelle kommen Braml und Burrows auf den China-Experten Kevin Rudd zu sprechen, dessen im Vorjahr erschienene Studie jetzt in einer stark gekürzten deutschen Fassung vorliegt. Der ehemalige australische Premierminister, von Haus aus Sinologe, leitete nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit 2021 den einschlägigen Think Tank der USA, die Asia Society. Auch Rudd warnt jetzt vor einer Eskalation der angespannten Beziehungen. Die USA und Xi Jinpings China scheinen auf Kollisionskurs. Taiwan ist auch für ihn der Punkt, an dem es am ehesten zur Katastrophe komme könnte: Xi Jinping glaubt, das Ende der amerikanischen Vorherrschaft zu erkennen, und setzt, wie Rudd nachweist, auf eine aktive geopolitische Neuordnung durch wirtschaftlichen und militärischen Einfluss in Europa, Afrika, Lateinamerika und der Arktis. Er stützt sich dazu auf einen autoritären Kapitalismus ebenso wie auf modernisierte Streitkräfte, die militärische Macht weiter über die eigenen Küstengewässer hinaus projizieren können. Biden dagegen habe den "Neustart" in den amerikanisch-chinesischen Beziehungen verpasst und sich mit seinen Verteidigungszusagen für Taipeh festgelegt. Auch Rudd warnt vor gegenseitigem Unverständnis, tiefsitzendem Misstrauen und Nationalismus. Gewiss, der Grat zwischen Sanktion und Konfrontation, zwischen Kaltem und heißem Krieg ist schmal. Doch wie Braml and Burrows drängt Rudd die Politiker, den europäischen Blickwinkel zu erweitern und ein besseres Verständnis für jene alte Zivilisation zu entwickeln, mit der man "keine Annahmen über die Vergangenheit teilt, geschweige denn über die Zukunft".

Zweierlei Politikberatung betreiben die Autoren: Zum einen dringen sie ganz grundsätzlich darauf, die Prozesse der Entscheidungsfindung in Demokratien zu optimieren. Zum anderen informieren sie aus erster Hand über den konkreten Fall der amerikanisch-chinesischen Beziehungen, um ein Politikversagen, sprich: einen Krieg, zu verhindern. In der Tat, das sicherheitspolitische Blickfeld zu weiten lohnt sich allemal in einer Zeit, in der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine den größten Teil der öffentlichen Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein besseres Verständnis der grand strategy des jeweils anderen kann nur helfen, den Frieden und Wohlstand zu sichern, der seit 1945 aufgebaut wurde. Bei aller Skepsis glauben die Autoren schließlich, wie Konfuzius, an die Lernfähigkeit des Menschen.

Josef Braml/ Mathew Burrows: "Die Traumwandler". Wie China und die USA in einen neuen Weltkrieg schlittern.

C. H. Beck Verlag, München 2023. 198 S., br., 18,- Euro.

Kevin Rudd: "Der vermeidbare Krieg". Die Gefahr eines katastrophalen Konflikts zwischen den Vereinigten Staaten und Xi Jinpings China.

Aus dem Englischen von John-William Boer. Weltkiosk Verlag, Berlin 2023. 240 S., br., 22,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Jörg Echternkamp bespricht zwei Bücher, die den sich zuspitzenden Konflikt zwischen den USA und China beleuchten. Beide Bücher stecken "voller Ausrufezeichen", so der Rezensent und fragen, wie eine Eskalation des Konfliktes verhindert werden kann. Der China-Experte Kevin Rudd sieht in seiner Analyse Taiwan als Hauptfaktor für eine mögliche Eskalation des Konfliktes an, weiß Echternkamp. Während Xi Jinpings die Vormachtstellung der USA wackeln sieht und eine "aktive geopolitische Neuordnung" anstrebe, resümiert der Rezensent Rudds These, habe es Biden verpasst, für die Beziehung zwischen den USA und China neue Grundlagen zu schaffen. Die Offenheit beider Seiten, politische Weitsicht, und der Abbau von Misstrauen gegen den jeweils anderen sind unerlässlich, um einen Übergang vom "kalten" in einen "heißen" Konflikt zu vermeiden, gibt Echternkamp wieder, dem auch hier eine kompetente Analyse der aktuellen politischen Lage vorliegt.

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