Da seine alleinerziehende Mutter für längere Zeit in eine Klinik muss, wird Rio aus London zu seiner Großmutter nach Kalifornien in den USA geschickt. Der Elfjährige kennt seine Oma kaum. Er möchte einfach nur wieder nach Hause zurück und sehnt sich sehr nach seiner Mutter. Doch dann lernt er die
gleichaltrige Marina kennen, die ihn zu den Walbeobachtungstouren ihres Vaters mitnimmt. Rio erfährt,…mehrDa seine alleinerziehende Mutter für längere Zeit in eine Klinik muss, wird Rio aus London zu seiner Großmutter nach Kalifornien in den USA geschickt. Der Elfjährige kennt seine Oma kaum. Er möchte einfach nur wieder nach Hause zurück und sehnt sich sehr nach seiner Mutter. Doch dann lernt er die gleichaltrige Marina kennen, die ihn zu den Walbeobachtungstouren ihres Vaters mitnimmt. Rio erfährt, dass ein ganz bestimmter Wal – genannt Weißschnauze – seine Mutter sehr glücklich machte, als sie noch ein Kind war. Er begibt sich auf die Suche nach diesem Walweibchen, in der Hoffnung, seine Mutter, die an schweren Depressionen leidet, wieder glücklich machen zu können. Tatsächlich trifft er auf Weißschnauze und geht sofort eine tiefe Verbindung mit dem Wal ein. Zum ersten Mal seit langer Zeit keimt Hoffnung in dem Jungen auf. Aber dann wird Weißschnauze vermisst und Rio scheint der einzige Mensch zu sein, der ihr helfen kann...
Die britische Autorin Hannah Gold, die einige von euch vielleicht schon von ihrem ersten Buch "Der letzte Bär" kennen, hat einen behutsamen, einfühlsamen und sehr flüssig zu lesenden Kinderroman geschaffen.
Rios Mutter ist nicht einfach nur im Krankenhaus, sondern in einer Klinik für psychische Erkrankungen. Ihrem Aufenthalt dort gehen Jahre an unberechenbaren Gefühlsausbrüchen und depressiven Phasen voraus. Aus den Beschreibungen konnte ich herauslesen, dass eine bipolare Störung der Grund für ihre Gemütsschwankungen und Phasen der schweren Depression ist. Rio fühlte sich Zeit seines Lebens für sie verantwortlich, kümmerte sich um sie und passte auf sie auf. Eine Rolle, die kein Kind einnehmen müssen sollte. Ich finde es sehr wichtig, dass solche Themen, die im realen Leben öfter vorkommen als man vielleicht denkt, in Kinderbüchern thematisiert und aufgegriffen werden. Auch das Gebiet alleinerziehende Eltern könnte meiner Meinung nach noch viel mehr von Kinderbuchautoren in ihre Geschichten eingewoben werden, da es heutzutage kaum noch ein Kind gibt, welches nicht davon betroffen ist oder mindestens jemanden kennt, der bei nur einem Elternteil aufwächst.
Die Entwicklung der Beziehung zwischen Enkelsohn und Großmutter und deren sanfte Annäherung haben mir gut gefallen. Auch wächst Rio ganz erstaunlich während seiner Zeit in den USA, gewinnt Selbstbewusstsein sowie eine gewisse Selbsterkenntnis und lernt, wieder Freude zu empfinden. Er erkennt, dass er letztlich nur sich selbst und sonst niemanden retten kann. Die Begegnungen des Jungen mit dem Walweibchen sind sehr berührend, doch an einigen Stellen ziemlich unrealistisch und zu dick aufgetragen.
Hervorragend aus dem Englischen übersetzt hat das Buch Sylke Hachmeister. Levi Pinfolds berührende und eindrucksvolle Illustrationen ergänzen die Handlung wunderbar.
"Der verschwundene Wal" ist ein berührender Roman voll tiefer Gefühle über die heilsame Kraft der Natur und mit dem zentralen Thema Depression eines Elternteils, welches nicht oft in Kinderbüchern vorkommt. Es empfiehlt sich, Kinder beim Lesen des Buches zu begleiten.