Max und Moritz, die fromme Helene, Hans Huckebein oder Witwe Bolte - Wilhelm Buschs Bidergeschichten bringen uns seit einem Jahrhundert zum Lachen. Doch was für ein Mensch, welches Leben vebirgt sich hinter diesen skurrilen Gestalten?
Wilhelm Busch (1832 - 1908), Schöpfer von rabenschwarzen, abgründigen Bildergeschichten, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Er selbst jedoch maß diesen Geeschichten wenig Bedeutung bei, für ihn waren sie seine "leichte Betriebsamkeit" und er fühlte sich vom Ruhm seiner skurrilen Gestalten verkannt. Doch seine Gemälde, das für ihn eigentlich Bedeutsame, hat er ängstlich vor den Augen der Welt verborgen. Schein und Sein waren ein ewiges Thema seines Lebens.
Mit kritischer Sympathie erzählt Herbert Günther, Niedersachse wie Busch, den Lebensweg des verletzlichen, sensibel-mürrischen und oft einsamen Menschen nach. Im Wechselspiel von Nähe und Ferne entsteht vor den Augen der Leser ein facettenreiches Bild vom Leben, Werk und von der Zeit des erfolgreichsten deutschen Humoristen, der eigentlich ein Maler und ein wenig auch ein Philosoph sein wollte.
Wilhelm Busch (1832 - 1908), Schöpfer von rabenschwarzen, abgründigen Bildergeschichten, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Er selbst jedoch maß diesen Geeschichten wenig Bedeutung bei, für ihn waren sie seine "leichte Betriebsamkeit" und er fühlte sich vom Ruhm seiner skurrilen Gestalten verkannt. Doch seine Gemälde, das für ihn eigentlich Bedeutsame, hat er ängstlich vor den Augen der Welt verborgen. Schein und Sein waren ein ewiges Thema seines Lebens.
Mit kritischer Sympathie erzählt Herbert Günther, Niedersachse wie Busch, den Lebensweg des verletzlichen, sensibel-mürrischen und oft einsamen Menschen nach. Im Wechselspiel von Nähe und Ferne entsteht vor den Augen der Leser ein facettenreiches Bild vom Leben, Werk und von der Zeit des erfolgreichsten deutschen Humoristen, der eigentlich ein Maler und ein wenig auch ein Philosoph sein wollte.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eine "leichte und informative Einstiegslektüre" in das Leben von Wilhelm Busch legt Herbert Günther hier vor, findet Michael Allmaier. Er ist dankbar, dass der Autor trotz des jugendlichen Zielpublikums von der "Verniedlichung" des Dichters absieht, und dessen depressive und neurotische Züge nicht verschweigt. Weiter als zu diesen grundlegenden psychologischen Rahmenbedingungen dringt Günther aber nicht vor, kritisiert Allmaier, dafür halte er sich zu eng an das Werk. Damit fehlt Günther nach Meinung des Rezensenten oft die nötige Distanz zu seinem Objekt, Günther wird dann "hektisch", wiederholt sich oder verfällt bisweilen in einen störenden "Gruppentherapiejargon". Mehr als ein Einstieg kann der Band also nicht sein, urteilt Allmaier, und empfiehlt den Lesern, die weiter vordringen wollen zum Menschen Wilhelm Busch, gleich die "brillante" und ebenso "jugendtaugliche" Monografie von Gert Ueding.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Herbert Günther versucht Wilhelm Buschs Abgründe auszuloten
Wohl kaum ein Dichter ist je so vollständig hinter seinem Werk verschwunden wie Wilhelm Busch. Jedes Kind kann ein paar Verse von ihm aufsagen. Aber kaum ein Erwachsener wüßte dann ein paar Sätze über den zu sagen, der sie ersann. Darum ist es ein löbliches Unternehmen von Beltz & Gelberg, eine Busch-Biographie für junge Leser zu verlegen - ein mutiges freilich auch. Denn besonders weit ist die Germanistik auf diesem Gebiet nicht gekommen. Kaum ein Pfad führt von seiner Vita in das Wundersame seiner Geschichten. Mitunter scheint es fast, als habe Wilhelm Busch mit Absicht möglichst eintönig gelebt, um sich vor solchen Übergriffen zu schützen.
Kein Wunder also, daß der Schriftsteller und Übersetzer Herbert Günther sein vor elf Jahren erstmals im Union-Verlag erschienenes Werk "Der Versteckspieler" nennt. Jugendbuch ist es nur insofern, als jeder, der an Busch Freude hat, keine Mühe haben sollte, es zu verstehen. Von der Verniedlichung des Dichters und Zeichners, die auch seinen erwachsenen Lesern ein Jahrhundert lang angetragen wurde, sieht er zum Glück vollkommen ab. Der Wilhelm Busch dieses Buchs ist der, der uns auch in seinen Briefen und Selbstzeugnissen begegnet: ein veritabler Landneurotiker, der den größten Teil seines Lebens allein in der niedersächsischen Provinz zubringt, geplagt von Bestrafungsphantasien und schwärzester Misanthropie. Gewiß sind die Geschichten von "Max und Moritz" bis zum "Maler Klecksel" komisch; doch das, worauf sie beruhen, ist alles andere als heiter: "Im Kern entspringt der Busch'sche Witz dem Alleingelassenwerden und dem Unvermögen, sich zu entscheiden."
Dies ist der tragende Gedanke des Buchs, und er ist plausibel begründet. Der Pfarrerszögling, der sein Schaudern vor dem Leiblichen mit Schopenhauer und Darwin erklärte, der achtbare Maler, der mit Scherzbildern hervortrat, weil er unter der Angst litt, sein ernstes OEuvre würde verlacht, bannte fraglos viele seiner Gespenster auf das Papier. Doch das allein erklärt nicht seinen Rang, und von Günthers Werkinterpretation sind keine weiteren Anhaltspunkte zu erhoffen. Die meisten erschöpfen sich in Inhaltsangaben, ergänzt um Hinweise auf die "komisch-tragische Abgründigkeit" oder dergleichen.
Bei einem biographischen Ansatz ist das verständlich; denn Busch selbst blickte offenbar nie in diesen Abgrund. Nach allem, was wir wissen, betrachtete er seine Humoresken bloß als mehr oder minder geschickte Ausformungen des damals beliebten Stils. Das, was sie darüber hinaushebt - die Spannung zwischen Bildgewalt und Verzichtsmoral, die jeden Sinn niederstampfenden Knittelverse -, war ihm vielleicht gar nicht bewußt.
Wer indes die Komplexität der Bildgeschichten unterschätzt, läuft auch Gefahr, die rechte Distanz zu ihrem Schöpfer zu verlieren, wie es hier mitunter geschieht. Ein wenig zu sicher scheint sich Günther darin, Buschs Gefühlswelt in seinem Erzählfluß widerspiegeln zu können. Da wird er bisweilen ganz hektisch. Schreibt in Ellipsen. Oder er wiederholt sich, sagt Dinge zweimal. In schmerzhaftem Gegensatz dazu dringt auch Gruppentherapiejargon in die Prosa ein: Der Wilhelm "öffnet sich nicht", er "frißt alles in sich hinein", "auch und gerade seine Verletzungen".
Bei diesem Versteckspiel frißt die Katze den Schwanz in sich hinein. Günther dichtet um die biographischen Fakten herum, aber nicht, um das dichterische Werk klarer hervortreten zu lassen, sondern bloß, um es seinerseits zum Beleg für seine Deutung des Lebens zu benutzen. "Der Versteckspieler" ist eine leichte und informative Einstiegslektüre. Wer jedoch, wie Busch selbst, vor allem wissen will, "warum und wann die Leutchen eigentlich lachen", der greift besser gleich zu der brillanten und durchaus jugendtauglichen Monographie von Gert Ueding, die 1986 erschien.
MICHAEL ALLMAIER
Herbert Günther: "Der Versteckspieler". Die Lebensgeschichte des Wilhelm Busch. Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2002. 294 S., geb., 16,90 [Euro]. Ab 14 J.
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