Im siebten Band der autobiographisch-poetischen Chronik "Das alte Jahrhundert" führt uns Peter Kurzeck in einer großen Rückblende in den Sommer 1983 und den Sommer davor. Früh im Juni trampen der Erzähler, Freundin Sibylle und Tochter Carina nach Barjac in Südfrankreich. Sein Freund Jürgen hat dort zusammen mit Pascale ein kleines Restaurant aufgemacht. Sie bleiben ein paar Tage, und weiter geht es per Autostopp nach Saintes-Maries-de-la-Mer. Ein Buch über den Süden, über Arles, die Camargue mit ihren Pferden, Stieren, Flamingos, den Markt und das Meer. Ein Buch über das Trampen und dann den Restsommer in Frankfurt, den griechischen Biergarten in Bockenheim, den Ausflug ins Mainfränkische. Ein Buch über fragiles Glück, eingefangen im Blick auf das Alltägliche, das Kurzeck durch seinen einzigartigen Ton zum Leuchten bringt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.09.2019Flamingobuch
Peter Kurzecks neuer Nachlassroman in Frankfurt
Der Satz, über den sie sich bei der Arbeit besonders gefreut haben, taucht in Peter Kurzecks neuem Nachlassroman immer wieder auf: "Weiße Pferde, schwarze Stiere und rosa Flamingos." Vor sechs Jahren ist Kurzeck in Frankfurt gestorben, zwei Jahre später brachten seine langjährigen Lektoren Rudi Deuble und Alexander Losse das erste nachgelassene Romanfragment heraus. Auf "Bis er kommt" sollte "Der vorige Sommer und der Sommer davor" so schnell wie möglich folgen, doch die Insolvenz des Stroemfeld Verlags kam dazwischen. Vor gut drei Wochen ist der Roman bei Schöffling erschienen (F.A.Z. vom 29. August), nun stellten die Herausgeber ihn in der Frankfurter Filiale der Buchhandlung Hugendubel am Steinweg vor. Eine konzentrierte Stunde lang, wie es das Format der Spätnachmittags-Buchvorstellungen an diesem Ort gebietet, viel zu kurz also für die versammelten Fans, aber sehr viel besser als nichts.
"Das Buch steht in der Mitte", sagt Losse. In der Mitte der Reihe "Das alte Jahrhundert", die Kurzeck auf zwölf Bände angelegt hatte. Der letzte Band, an dem er nicht mehr gearbeitet habe, sei als Epilogband gedacht gewesen. Ohne ihn aber ist elf gleich fünf plus eins plus fünf. "Wie die Mittagssonne" sei das neue Buch, fügt Losse hinzu, ein Gestirn, um das die Reihe als Ganzes kreise: "Der Gesamtkosmos des alten Jahrhunderts dreht sich um diese Sonne." Er fügt hinzu: "Ich denke, dass er sich das so gedacht hat. Ich sehe einen Großbau." Und was macht die Sonne? Sie bestrahlt alles, was in den fünf zu Lebzeiten des Autors erschienenen Bänden kaputt ist, mit Glück. Erst in diesem Rückblendeband befindet sich das Frankfurter Personal der Reihe in Frankreich, von dem zuvor viel die Rede war. Gleich zwei südfranzösische Sommer werden beschrieben, Wochen der Familie und der Freundschaft, kurz vor dem Zerbrechen des Restauranttraums und der Beziehung von Jürgen und Pascale, kurz vor dem Trennungswinter von Peter und Sibylle, mit dem die Reihe in "Übers Eis" einst begann. Immerhin: Auch Frankfurt kommt noch einmal als Ort des Glückes zur Geltung. Den beiden Sommern am Mittelmeer steht ein langer Stadtsommer daheim zur Seite. "Ein dreifacher großer Akkord", sagt Losse, angefüllt mit Touristen, Baguettes, Sonne, dem Bus aus Arles, Möwen und Flamingos, "Farbfoto-Flamingos", wie es im Roman heißt, leuchtend rosa, damit auch der unerfahrenste Frankreich-Fahrer sie sogleich erkennt und sagen kann: "Ah, Flamingos."
Ah, Kurzeck. Sein elliptischer Stil. Wie kam es zu ihm? "Er wollte unser mündliches Sprechen und Denken zeigen", sagt Deuble: "Das ist nicht geradlinig, das bewegt sich in Kreisen, das bricht ab. Es ist eine Übersetzung von Alltag in Literatur. Darauf kam es ihm an, in allen seinen Büchern." Noch drei weitere Nachlassbände wird es geben.
FLORIAN BALKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Peter Kurzecks neuer Nachlassroman in Frankfurt
Der Satz, über den sie sich bei der Arbeit besonders gefreut haben, taucht in Peter Kurzecks neuem Nachlassroman immer wieder auf: "Weiße Pferde, schwarze Stiere und rosa Flamingos." Vor sechs Jahren ist Kurzeck in Frankfurt gestorben, zwei Jahre später brachten seine langjährigen Lektoren Rudi Deuble und Alexander Losse das erste nachgelassene Romanfragment heraus. Auf "Bis er kommt" sollte "Der vorige Sommer und der Sommer davor" so schnell wie möglich folgen, doch die Insolvenz des Stroemfeld Verlags kam dazwischen. Vor gut drei Wochen ist der Roman bei Schöffling erschienen (F.A.Z. vom 29. August), nun stellten die Herausgeber ihn in der Frankfurter Filiale der Buchhandlung Hugendubel am Steinweg vor. Eine konzentrierte Stunde lang, wie es das Format der Spätnachmittags-Buchvorstellungen an diesem Ort gebietet, viel zu kurz also für die versammelten Fans, aber sehr viel besser als nichts.
"Das Buch steht in der Mitte", sagt Losse. In der Mitte der Reihe "Das alte Jahrhundert", die Kurzeck auf zwölf Bände angelegt hatte. Der letzte Band, an dem er nicht mehr gearbeitet habe, sei als Epilogband gedacht gewesen. Ohne ihn aber ist elf gleich fünf plus eins plus fünf. "Wie die Mittagssonne" sei das neue Buch, fügt Losse hinzu, ein Gestirn, um das die Reihe als Ganzes kreise: "Der Gesamtkosmos des alten Jahrhunderts dreht sich um diese Sonne." Er fügt hinzu: "Ich denke, dass er sich das so gedacht hat. Ich sehe einen Großbau." Und was macht die Sonne? Sie bestrahlt alles, was in den fünf zu Lebzeiten des Autors erschienenen Bänden kaputt ist, mit Glück. Erst in diesem Rückblendeband befindet sich das Frankfurter Personal der Reihe in Frankreich, von dem zuvor viel die Rede war. Gleich zwei südfranzösische Sommer werden beschrieben, Wochen der Familie und der Freundschaft, kurz vor dem Zerbrechen des Restauranttraums und der Beziehung von Jürgen und Pascale, kurz vor dem Trennungswinter von Peter und Sibylle, mit dem die Reihe in "Übers Eis" einst begann. Immerhin: Auch Frankfurt kommt noch einmal als Ort des Glückes zur Geltung. Den beiden Sommern am Mittelmeer steht ein langer Stadtsommer daheim zur Seite. "Ein dreifacher großer Akkord", sagt Losse, angefüllt mit Touristen, Baguettes, Sonne, dem Bus aus Arles, Möwen und Flamingos, "Farbfoto-Flamingos", wie es im Roman heißt, leuchtend rosa, damit auch der unerfahrenste Frankreich-Fahrer sie sogleich erkennt und sagen kann: "Ah, Flamingos."
Ah, Kurzeck. Sein elliptischer Stil. Wie kam es zu ihm? "Er wollte unser mündliches Sprechen und Denken zeigen", sagt Deuble: "Das ist nicht geradlinig, das bewegt sich in Kreisen, das bricht ab. Es ist eine Übersetzung von Alltag in Literatur. Darauf kam es ihm an, in allen seinen Büchern." Noch drei weitere Nachlassbände wird es geben.
FLORIAN BALKE
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»Man möchte mit dem Erzähler, der Sommer und Süden, Licht und Leben hymnisch feiert, ein 'Verweile doch' sprechen, mit unterwegs sein auf den zwei Reisen nach Südfrankreich.«Beate Tröger, SWR2 Lesenswert Magazin»Sommerregen in der französischen Provinz: Sechs Jahre nach Peter Kurzecks Tod erscheint aus dem Nachlass sein bislang schönster Roman.«Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung»In Kurzeck haben wir ein vibrierendes Seelenleben vor uns, nur als ein solches konnte Kurzeck diesen unglaublich nervenzerfetzenden und wunderschönen Sommer schreiben, bewahren, vergegenwärtigen.«Andreas Maier, Frankfurter Rundschau»Keiner kann das Leben in seiner Vielfalt, in seiner Kleinheit, in seiner Schönheit so feiern wie Kurzeck.«Jörg Magenau, Deutschlandfunk Kultur»Kurzeck-Leser sind bessere Menschen.«Jörg Magenau, Frankfurter Allgemeine Zeitung»Peter Kurzeck, das sind drei Schriftsteller. Kurzeck, der Chronist. Kurzeck, der Zauberer. Und Kurzeck, der Gegenwartsautor.«Christoph Schröder, Die Zeit»Was für ein Glück, in diesem Sommer Peter Kurzecks eindrückliches Romanfragment gelesen zu haben, dessen ohnehin starke Wirkung sich durch die Hitze draußen wundersam verstärkte.«Beate Tröger, der Freitag»Suchtstoff. Mit diesem Autor verhält es sich wie mit einer sanften, nachhaltigen Droge. Ihre Wirkung: Offenbarung alltäglicher Schönheit.«Elke Schmitter, Der Spiegel