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20 Kundenbewertungen

Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängenden Vergangenheit. Jetzt im Kino mit Kate Winslet und Ralph Fiennes!

Produktbeschreibung
Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängenden Vergangenheit. Jetzt im Kino mit Kate Winslet und Ralph Fiennes!
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Autorenporträt
"Bernhard Schlink wird 1944 in Bielefeld geboren und wächst in Heidelberg auf. Nach dem Abitur studiert er Jura, promoviert über die 'Abwägung' und schreibt beim späteren Verfassungsrichter Böckenförde seine Habilitation über die 'Amtshilfe'. Seine erste Professur für Verfassungs- und Verwaltungsrecht führt ihn nach Bonn. 1990 erhält er einen Ruf als Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an die Humboldt-Universität Berlin, wo er noch immer tätig ist. 1987 tritt er erstmals als Schriftsteller hervor, mit dem Krimi 'Selbs Justiz', der 1991 unter dem Titel 'Der Tod kam als Freund' von Nico Hoffmann für das ZDF verfilmt wurde. Weitere Krimis schließen sich an: 'Die gordische Schleife', für die er den Krimipreis 'Glauser' erhält, und 'Selbs Betrug'. 1995 erscheint der Weltbestseller 'Der Vorleser'."
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2009

Heller Schleim

"Die blaßblaue, geblümte Kittelschürze, unter der sie keine Wäsche trug, klebte in der heißen, feuchten Luft an ihrem schwitzenden Körper. Sie erregte mich sehr. Als wir uns liebten, hatte ich das Gefühl, sie wolle mich zu Empfindungen jenseits alles bisher Empfundenen treiben, dahin, wo ich's nicht mehr aushalten konnte. Auch ihre Hingabe war einzig. Nicht rückhaltlos; ihren Rückhalt hat sie nie preisgegeben. Aber es war, als wolle sie mit mir zusammen ertrinken."

Seite 77 der Schullektüre, zu der "Lektürehilfen" bei Klett vorliegen, ein "Lektüreschlüssel" bei Reclam, "Oldenbourg Interpretationen", ein "LiteraNova"-Heft von Cornelsen, eine "Interpretationshilfe Deutsch" und ein Heft der unverwüstlichen "Königs Erläuterungen". In diesen Materialien fehlen wohl Hinweise zur Intertextualität zwischen Bernhard Schlinks Roman und den Heftchen, die der Romanheld, ein Heidelberger Professorensohn, in den fünfziger Jahren natürlich nicht gelesen hat. Seine Jungmännerphantasien hatten andere Vorlagen: "Ich nahm an der Beziehung von Julien Sorel zu Madame de Rênal mehr Anteil als an der zu Mathilde de la Mole." Bleibt zu Seite 77 für den Unterricht nur die Frage: Gibt es das eigentlich, Ertrinkenwollen mit Rückhalt?

Man hat dem Buch vorgeworfen, der Ich-Erzähler nehme Anteil am Schicksal der KZ-Wächterin, die es angeblich nur deshalb zur SS verschlug, weil sie ihren Analphabetismus tarnen wollte. Michael Berg versetzt sich aber gerade nicht in Hanna Schwarz hinein. Der Jurist verweigert seiner zu lebenslanger Haft verurteilten ehemaligen Geliebten die elementaren Akte der Mitmenschlichkeit, den Besuch und den Brief. Sie ist für ihn nur ein Objekt seiner narzisstischen Spekulationen - wie ihre Opfer. Als Beobachter des Auschwitz-Prozesses meint der Student, dieselbe "Betäubung" zu verspüren wie der um des Überlebens willen unterempfindliche KZ-Häftling. Er grübelt darüber, ob sie ihn wohl ebenso ins Gas geschickt hätte wie die Mädchen, die ihr im Lager vorgelesen hatten. Den von ihm besprochenen Tonkassetten, die er ihr ins Gefängnis schickt, entsprechen in dieser onanistischen Figuration seine inneren Bilder von ihr, die er sich rein bewahrt.

Das Professorenbürschchen hat Glück bei den Mädchen, denn "die Frau" hat ihn zum Mann gemacht, schon beim zweiten Besuch. "Fast grob" hatte sie ihn angefasst, als sich bei der ersten Begegnung ein anderer Körpersaft aus ihm ergossen hatte. "Dann stützte ich mich an die Hauswand, sah auf das Erbrochene zu meinen Füßen und würgte hellen Schleim." Ein Buch wie eine Kotztüte. Man weiß, was kommt.

PATRICK BAHNERS

Bernhard Schlink: "Der Vorleser". Diogenes, 8,90 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.04.2002

Die Sehnsucht nach einer ungeschehenen Geschichte
Warum Bernhard Schlinks Roman „Der Vorleser” ein so schlechtes Buch ist und allein sein Erfolg einen tieferen Sinn hat / Von Lawrence Norfolk
Günter Grass hat einen Roman über die Vertreibung von Deutschen aus Polen am Ende des Zweiten Weltkriegs geschrieben, und alle sind wütend. Dem Spiegel zufolge sind die deutschen Rezensenten wütend (auf Grass), weil sein Buch mit den Polendeutschen sympathisiert. Der Spiegel ist wütend – auf die deutsche Kritik, weil sie Grass allein wegen seiner angeblich politisch nicht korrekten Haltung kritisiere. Die deutsche Kritik ist wütend auf den Spiegel, weil das, sagt sie, Blödsinn sei: Die Kritiker sind nicht deshalb wütend auf Grass, weil sein Buch politisch nicht korrekt ist, sondern weil es – ad libitum – schlecht geschrieben, langweilig, langstielig und so weiter ist. Der Spiegel verwechselt ästhetische Kritik mit der moralischen oder politischen und verteidigt insofern Grass gegen einen Vorwurf, der überhaupt nicht erhoben wurde.
Wie üblich ergibt sich, wenn alle entschlossen sind, alle anderen misszuverstehen, eine allgemeine Verwirrung – moralisch, ästhetisch, gesellschaftlich, politisch. Wie verzweifelt die Situation ist, mag darin seinen Ausdruck finden, dass ich bei dem Versuch, die jüngsten Turbulenzen der deutschen Seele zu analysieren, Hilfe auf bizarr unerwarteter Seite suchen möchte: bei den britischen Kritikern. Grass ist ein ziemlich schwieriger Patient (komplexe Themen, letztes Buch noch unübersetzt), aber sein Zustand ist bereits am Beispiel eines anderen Falles diagnostiziert worden, der dem britischen Geschmack näher liegt: dem von Bernhard Schlink.
Bewusster Falschmünzer
Man hat die Berechnung angestellt, dass sämtliche Leser, die Schlinks Roman „Der Vorleser” als „bewegend” bezeichnet haben, aneinander gelegt von der Erde bis zum Jupiter und zurück reichen würden. Wie das Buch ist diese Behauptung fast wahr. „Der Vorleser” erzählt die Geschichte eines Jungen, der kurz ein Verhältnis mit einer älteren Frau hat. Ein paar Jahre später erfährt er, dass sie erstens eine KZ-Aufseherin war und zweitens Analphabetin ist (und sich insofern bei ihrem Prozess nicht verteidigen kann). Sie kommt ins Gefängnis, und er schickt ihr Tonbänder, auf denen er ihr klassische Literatur vorliest. Es wäre aber unfair, das Ende zu verraten. „Der Vorleser” war in Deutschland ein ziemlicher Erfolg, in Großbritannien und Amerika ein riesiger.
Im März dieses Jahres wurden auf der Leserbriefseite einiger Nummern des Times Literary Supplement die Meriten von „Der Vorleser” diskutiert. Eine zornige Intervention des Romanciers und Philologen Frederic Raphael verdammte die „Ausgewogenheit zwischen den Belangen des Mörders und seines Opfers” in Schlinks Roman als eine „Form der Kollaboration mit dem Bösen”, und Schlink selbst als einen „bewussten Falschmünzer”.
Von drei Briefen im TLS der nächsten Woche teilten zwei Raphaels Ansicht, was den „Vorleser” betrifft („widerlich, weil es so gefällig gebastelt und so lesbar ist”, „ein schlecht geschriebenes, sentimentales und moralisch unsägliches Buch”), während der dritte den auf dieser Leserbriefseite eher üblichen Standard olympischer Irrelevanz wahrte und sich auf Sokrates bezog. In der Woche darauf folgte Jeremy Adler mit einer Analyse von „Der Vorleser” als „kulturelle Pornographie” und legte im einzelnen dar, wie der Roman seine literarischen Vorbilder verzerrt und mit welch kruden Verallgemeinerungen über Opfer und Unterdrücker er arbeitet: beides notwendige Voraussetzungen, damit die angeblichen moralischen Einsichten des Buches plausibel wirken.
Die Leser des „Vorlesers” sind reingelegt worden. Das ist, implizit oder ausdrücklich, die Behauptung von Schlinks Kritikern. Die begeisterten Leser glauben, sie würden das große moralische Verbrechen des zwanzigsten Jahrhunderts jetzt begreifen, aber tatsächlich wird ihnen nur erlaubt, ihre eigenen Selbstgefälligkeit zu genießen. Doch wenn „Der Vorleser” nun etwas „Gefälschtes” ist, „widerlich”, „schlecht geschrieben”, wenn es sich bloß um eine Dosis Holocaust Light handelt - warum gefällt das Buch so vielen Leuten?
Ich glaube, dieser Umstand ist es, der den Zorn der schärfsten Kritiker des Buches nährt. Es ist schwer vorstellbar, dass dasselbe Buch dieselbe Empörung auslösen könnte, wenn es das Schicksal der meisten Romane (auch authentischer, wunderbarer, gut geschriebener Romane) geteilt hätte: spurlos zu versinken. Das tat es nicht. Aber weshalb?
Das Rückgrat des Buches bildet die Liebesgeschichte, und sie ist auch seine größte technische Leistung. Hier lag Schlinks Problem. Er muss das Liebesverhältnis so weit vorantreiben, dass die Sympathien des Lesers stark genug geworden sind, um sie nicht zurückzuziehen, wenn er erkennt, dass die Geliebte eine KZ-Mörderin ist. Also ist das Buch eine Übung in Verzögerungstaktik und erzählerischer Zeitplanung. Wann soll die Explosion erfolgen? Die plötzliche Distanzierung von der Frau bei der Enthüllung ihrer Wahrheit ist natürlich ein Täuschungsmanöver. Der Rest des Buches dient der Wiederannäherung an die Heldin in ihrer neuen Inkarnation als Analphabetin im Büßergewand. Dass sie ins Gefängnis kommt, ist hilfreich, aber ihr innerer Opferstatus kann erst mit dem Höhepunkt des Buches überzeugend behauptet werden.
Die strukturelle Integrität von „Der Vorleser” ist so solide wie die des Parthenon, aber das ist die einzige Integrität, die das Buch besitzt. Es ist, wie die Kritiker im einzelnen dargelegt haben, historisch ungenau und moralisch unwahrscheinlich. Es manipuliert uns Leser an einen Punkt, wo wir Mitleid für ein Ungeheuer empfinden, und fordert uns dann heraus: Wagt ihr es, euch moralisch überlegen zu fühlen? Aber wer sind wir denn, dass wir diese Frau verurteilen dürften? Wir haben den Vorteil, dass wir lesen können. Wenn sie nur auch hätte lesen können, dann wäre nichts von all dem Schlimmen geschehen. Dieser verführerische Gedanke spielt brillant-zynisch mit der liberalen Lieblingsvorstellung, dass eine gute Bildung den Menschen moralisch besser macht.
Ich muss gestehen, dass ich ebenfalls in Versuchung bin. Mir gefällt der Gedanke einer Revision der Geschichte, die brutale SS-Offiziere zu Heiligen werden lässt, indem sie lernen, die Odyssee zu lesen. Das ist das eigentliche Thema des Romans: Es hätte doch alles auch ganz anders sein können. Er handelt von der Sehnsucht eines Millionenpublikums am Ausgang des zwanzigsten Jahrhunderts nach einer ungeschehenen Zeitgeschichte. Hier ist Schlinks Buch absolut wahr. Die einzige Lüge steckt im Titel: Er hätte „Die Leser” lauten müssen.
Oder „Die englischen Leser”. Großbritannien ging voran, die Amerikaner folgten. Wir haben das, was das Buch ist, verwechselt mit dem, was es sagt. Es ist offenkundig eine Satire auf die moralische Naivität seiner englischsprachigen Fans. So muss es sein. Sonst gibt es keinen Sinn. Aber weder die Fans noch die Kritiker haben es so gelesen. Daher die Verwirrung und die Wut. Und nun zurück zu Grass, seinen Kritikern und den Kritikern der Kritiker. Ich habe keine Ahnung, wer bei der Debatte recht hat, aber es scheint klar, wohin sie führt: weiter und weiter weg von Grass' Buch. Es ist immer leichter, definitive Aussagen über die Realität zu machen, die einem Roman zugrunde liegt, als über diesen selbst.
Ein schwerer Tod
Ich kann hierin nichts Verdächtigeres erkennen als Trägheit – Faktenhuberei und inszenierte Empörung sollen an die Stelle engagierter Phantasie treten. Diese aber wäre für einen schlechten Roman viel verheerender – er zerfällt bei jedem Versuch, ihn wirklich zu begreifen. Die faktischen Unwahrscheinlichkeiten in „Der Vorleser” haben als Köder von einem solchen Engagement der Phantasie abgelenkt, und man hat nicht bemerkt, wie schlecht das Buch ist. Wovon kann eine Satire auf die moralische Leichtgläubigkeit des englischsprachigen Lesepublikums denn handeln außer von den eigenen Umsatzzahlen? Nur die Popularität des Buches hat einen tieferen Sinn.
Diese beiden kritischen Auseinandersetzungen sind Ausdruck derselben, zunehmend verbreiteten kritischen Haltung: der Verweisung ästhetischer Fragen an nicht-ästhetische Kriterien, politische, historische, soziale, moralische oder was auch immer. Alte Gewohnheiten sterben einen schweren Tod. Grass' Buch mag der erste Schritt in der jüngsten deutschen Kampagne zur Eroberung Polens sein, ich kann das nicht beurteilen. Aber selbst wenn es stimmte, wäre das noch keine Aussage über das Buch, sondern nur über den Zusammenhang, in dem es gelesen wird.
Oder nicht gelesen. „Der Vorleser” sagt nichts über die moralische Gleichwertigkeit von Opfer und Unterdrücker, nicht einmal etwas über die Erlösung durch Bildung. Indem sie das Buch wie oder geradezu als jene Geschichte behandeln, die es nicht evoziert, haben die wütenden Kritiker und begeisterten Fans von Schlinks Roman den einzigen Punkt gefunden, in dem sie übereinstimmen: Beide haben sich dafür entschieden, das Buch nicht zu lesen.
Der Schriftsteller Lawrence Norfolk wurde 1963 in London geboren. Auf deutsch erschien von ihm bei Knaus zuletzt der Roman „In Gestalt eines Ebers” (2001).
Aus dem Englischen übersetzt von Joachim Kalka
Sieben Jahre nach Erscheinen des Buches ist eine Debatte um Bernhard Schlinks Roman „Der Vorleser” entbrannt. Sie geht von britischen Schriftstellern und Literaturwissenschaftlern aus, die sich fragen, warum dieses Buch ein so großer internationaler Bestseller geworden ist (siehe SZ vom 30. März und vom 20. April). Vor allem sentimentale Geschichtsfälschung werfen die britischen Kritiker dem Roman vor. Gegen diese Vorwürfe wurden von deutscher Seite zwei Einwände geltend gemacht. Zum einen der Einwand, bei den britischen Kritikern handele es sich um ewig Gestrige, die nicht von den ethischen Überzeugungen der sechziger Jahre, von der Forderung nach einer moralischen Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne, lassen wollten. Zum anderen der Einwand, hinter der Kritik verberge sich nichts anderes als der Neid gegenüber dem Erfolg. Beide Einwände verfehlen ihr Ziel: Zumindest ein Teil der Kritiker ist, wie man an der heutigen Seite leicht erkennen kann, in den sechziger Jahren überhaupt erst geboren. Zum anderen ist „Neid”, wenn es um Bestseller geht, stets ein bequemes, nicht weiter begründungspflichtiges Argument, in dem sich der Kritiker der Kritiker zum Richter über deren Seelenzustand erhebt. Statt dessen belehren die britischen Kritiker auch die deutschen Leser, dass jede Debatte um einen „Schlussstrich” in der Auseinandersetzung um das „Dritte Reich” und den Holocaust Unfug ist: Denn es gibt einen Normalzustand der Literatur. Dazu gehört, dass sich Schriftsteller, gleich welchen Alters, über die Geschichte beugen. Und auch, dass Romane nicht nur der historischen, sondern auch der literarischen Kritik unterzogen werden.
Unsere Abbildung zeigt ein im März 1943 entstandenes Porträt von geringem künstlerischen Wert. Der unbekannte Maler hat für sein Werk ein Stück einer Tora-Rolle verwendet, die vermutlich aus einer osteuropäischen Synagoge stammt. Auf der Rückseite des Bildes ist ein Stück aus dem Pentateuch in hebräischer Quadratschrift erkennbar.
Foto: Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum”
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