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Ein skandalöser Fall, ein kontroverses Buch, eine verstörende Lektüre.
Gerald Foos hat eine Obsession: Er will alles über das Sexleben anderer Menschen wissen. Zu diesem Zweck kauft er ein Hotel in Colorado. Jahrzehntelang observiert er seine Gäste und notiert akribisch, was er sieht, den Wandel sexueller Sitten von den späten 1960er Jahren bis heute: Sex mit Ehefrauen oder Geliebten, Gruppensex, gleichgeschlechtlichen Sex, Sex mit sich selbst - oder auch gar keinen Sex. Und er beobachtet nicht nur, er greift auch ins Geschehen ein, mit fatalen Konsequenzen ... In den achtziger Jahren…mehr

Produktbeschreibung
Ein skandalöser Fall, ein kontroverses Buch, eine verstörende Lektüre.

Gerald Foos hat eine Obsession: Er will alles über das Sexleben anderer Menschen wissen. Zu diesem Zweck kauft er ein Hotel in Colorado. Jahrzehntelang observiert er seine Gäste und notiert akribisch, was er sieht, den Wandel sexueller Sitten von den späten 1960er Jahren bis heute: Sex mit Ehefrauen oder Geliebten, Gruppensex, gleichgeschlechtlichen Sex, Sex mit sich selbst - oder auch gar keinen Sex. Und er beobachtet nicht nur, er greift auch ins Geschehen ein, mit fatalen Konsequenzen ... In den achtziger Jahren wendet sich Foos schließlich an einen der berühmtesten Journalisten unserer Tage: Gay Talese. Foos, der sich selbst als Soziologe sieht, will seine Erkenntnisse über die menschliche Natur endlich mit jemandem teilen. Talese ist sofort fasziniert, aber es wird noch Jahrzehnte dauern, bis die Geschichte von Gerald Foos an die Öff entlichkeit gelangt - und einen veritablen Skandal verursacht.
Autorenporträt
Gay Talese, geboren 1932 in Ocean City, gilt als Mitbegründer des literarischen Journalismus. In den frühen Sechzigern arbeitete Talese zunächst für die New York Times. Seine berühmtesten Artikel aber, u.a. Porträts über Joe DiMaggio und Frank Sinatra, sind im Esquire erschienen. Mit seinen Reportagen und Büchern, darunter der Bestseller Ehre deinen Vater über einen Mafia-Clan und Du sollst begehren über die sexuelle Revolution, gehört er neben Tom Wolfe, Hunter S. Thompson und Truman Capote zu den wichtigsten Vertretern des New Journalism. Zuletzt erschien von ihm Der Voyeur bei TEMPO (2017). Gay Talese lebt mit seiner Frau Nan in New York.
Alexander Weber, geboren 1969, ist promovierter Anglist und lebt als freier Übersetzer in Berlin. Er hat u.a. Werke von Robert Gerwarth, Gay Talese und Prinz Harry ins Deutsche übertragen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.07.2017

Du sollst Sex sehen
Ein Spanner kauft sich ein Motel. Ein Journalist besucht ihn. Es sind wahre Beobachtungen in Amerika

Gerald Foos ist ein Spanner: Er beobachtet seine Mitmenschen, ohne dass die davon wissen, und am allerliebsten beobachtet er sie beim Sex. Es gibt Millionen solcher Männer, aber Foos ist wahrscheinlich der einzige, der sein Hobby zum Beruf und zur Berufung gemacht hat. Im Jahr 1969 kaufte Foos das "Manor Motel" in Colorado und sägte in zwölf der einundzwanzig Zimmer Löcher in die Decke, die sich als Lüftungsschlitze tarnten. Von dem Dachboden spähte er seine Gäste aus und führte Buch über ihr Verhalten, was ihn über die Jahre zu einem erstaunlich toleranten, aber auch latent menschenfeindlichen Mann werden ließ.

Nur seiner Frau vertraute Foos sich jemals an - und dem Journalisten Gay Talese. Der Autor, Jahrgang 1932, war und ist ein Star des New Journalism. Er habe erfahren, so schrieb ihm 1980 Spanner Foos, dass Talese ein Buch über Sex in Amerika plane. In der Tat: "Du sollst begehren" war schon vor der Veröffentlichung berühmt, Hollywood bot die Rekordsumme von 2,5 Millionen Dollar für die Filmrechte - mehr als für "Der Weiße Hai", wie Talese bemerkt. Doch aus der Geschichte von Foos und seinem Voyeur-Motel wurde kein vergleichbarer Stoff. "Der Voyeur" erschien erst letztes Jahr in Amerika und nun im neuen Tempo-Imprint von Hoffmann und Campe auf Deutsch.

Warum? Was Foos tat, war strafbar. Außerdem wusste Talese, dass es mit der Akkuratesse des selbsternannten Sexualforschers nicht ganz so weit her war: Foos' Behauptung, er habe das Motel 1966 gekauft, widerlegte der Reporter. Foos erwarb es erst drei Jahre später. Und die Beobachtungen aus den drei Jahren, hat Foos die etwa nur erfunden? Auch einen Mord, den Foos beobachtet haben will, kann Talese nicht verifizieren. Eigentlich müsste der faktenstolze Journalist jetzt nachhaken, aber das tut er nicht. Der lose Briefwechsel der beiden zieht sich hin, doch was soll Talese anfangen mit einer Geschichte, die er nicht veröffentlichen kann? Fiktion mit falschen Namen und erfundenen Begebenheiten schreibe er nun einmal nicht. Die Neugier ist stärker: Talese fliegt 1980 nach Colorado und steigt auf den Dachboden des Motels.

Es ist genau so, wie Foos es beschrieben hat, sie spannen gemeinsam. Gay Talese mag es nicht, seine Krawatte abzulegen, und so baumelt sie verdächtig von der Decke. Es ist ein schönes Bild dafür, was Talese mit "Der Voyeur" passiert: Er legt seinen gutgebügelten Reporteranzug niemals ab. Ausführlich protokolliert Talese, was Foos ihn wissen lässt, was er ihm über seine Lebensgeschichte verrät und wie sehr er seiner Jugendliebe nachhängt. Es ist der Stoff für einen Roman, aber Talese schafft es nicht, eine interessante und wahrhaftige Erzählung daraus zu formen. Faszinierend sind nicht seine Sentenzen, sondern die Beobachtungen des Spanners, die achtzig Prozent des Buches ausmachen, weil sie tatsächlich etwas verraten über die sexuellen Vorlieben der Amerikaner in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren und den Wandel in den Schlafzimmern, der den in der Gesellschaft widerspiegelt. Man lernt aus solchen etwas verunglückten Büchern oft mehr als aus den großen Meisterwerken.

Boris Pofalla

Gay Talese: "Der Voyeur". Tempo, 224 Seiten, 20 Euro

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»"Ein außergewöhnliches, melancholisches, moralisch komplexes, oft beängstigendes und manchmal sehr komisches Buch, das einen vollkommen in seinen Bann zieht."« The New York Times