852 Minuten ohne Gegentor - Champions League-Rekord Jens Lehmann schreibt über seine Karriere in der Bundesliga, in der Nationalmannschaft und im internationalen Spitzenfußball. Über seine Erfahrungen, Desaster, Siege und Triumphe. Über seine Clubs, Mitspieler und Trainer, über Erfolgsstrategien im Spitzensport.
Zweimal wird er zum besten Torwart Europas gewählt. Er ist deutscher und englischer Meister, Vize-Europameister und hat den UEFA-Pokal gewonnen. In einer Champions-League-Saison bleibt er sagenhafte 852 Minuten ohne Gegentor. Jens Lehmann ist einer der erfolgreichsten Torhüter der letzten Jahrzehnte - und einer der eigenwilligsten. Nie ist er den einfachsten oder naheliegendsten Weg gegangen, immer hat er Herausforderungen gesucht, die nicht nur den Fußballer, sondern den Menschen Jens Lehmann fordern und weiterbringen, weit über den Fußballplatz hinaus. Nun zieht dieser außergewöhnliche Sportler Bilanz und schreibt über seine Karriere in der Bundesliga, der Nationalmannschaft, in der italienischen Seria A und der englischen Premier League.
Offen, vorbehaltlos und mit dem ihm eigenen trockenen Humor erzählt Jens Lehmann nicht nur von seinen großen Erfolgen, sondern auch von prägenden Niederlagen und den Sackgassen, in die ihn bisweilen seine Risikofreude und das Festhalten an seinen Überzeugungen geführt haben. Er lässt die Stationen einer Karriere Revue passieren, die ihn von Schalke über Dortmund nach Mailand, London und schließlich nach Stuttgart führt. Er schreibt über das Innenleben europäischer Großklubs, über seine Mitspieler, Trainer und Rivalen wie Oliver Kahn, den er mit tollen Leistungen und Beharrlichkeit aus dem Tor der Nationalmannschaft verdrängt. Bei der WM 2006 wird Jens Lehmann zu einem der Helden des Sommermärchens; in seinem Buch erläutert er das Geheimnis dieser Mannschaft ebenso wie seine legendäre Zettelwirtschaft aus dem historischen Elfmeterschießen gegen Argentinien.
Zweimal wird er zum besten Torwart Europas gewählt. Er ist deutscher und englischer Meister, Vize-Europameister und hat den UEFA-Pokal gewonnen. In einer Champions-League-Saison bleibt er sagenhafte 852 Minuten ohne Gegentor. Jens Lehmann ist einer der erfolgreichsten Torhüter der letzten Jahrzehnte - und einer der eigenwilligsten. Nie ist er den einfachsten oder naheliegendsten Weg gegangen, immer hat er Herausforderungen gesucht, die nicht nur den Fußballer, sondern den Menschen Jens Lehmann fordern und weiterbringen, weit über den Fußballplatz hinaus. Nun zieht dieser außergewöhnliche Sportler Bilanz und schreibt über seine Karriere in der Bundesliga, der Nationalmannschaft, in der italienischen Seria A und der englischen Premier League.
Offen, vorbehaltlos und mit dem ihm eigenen trockenen Humor erzählt Jens Lehmann nicht nur von seinen großen Erfolgen, sondern auch von prägenden Niederlagen und den Sackgassen, in die ihn bisweilen seine Risikofreude und das Festhalten an seinen Überzeugungen geführt haben. Er lässt die Stationen einer Karriere Revue passieren, die ihn von Schalke über Dortmund nach Mailand, London und schließlich nach Stuttgart führt. Er schreibt über das Innenleben europäischer Großklubs, über seine Mitspieler, Trainer und Rivalen wie Oliver Kahn, den er mit tollen Leistungen und Beharrlichkeit aus dem Tor der Nationalmannschaft verdrängt. Bei der WM 2006 wird Jens Lehmann zu einem der Helden des Sommermärchens; in seinem Buch erläutert er das Geheimnis dieser Mannschaft ebenso wie seine legendäre Zettelwirtschaft aus dem historischen Elfmeterschießen gegen Argentinien.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.06.2010Mann mit tausend Macken
Vom hohen Ross der Demut: Die Erinnerungen des Torwarts Jens Lehmann
Nach dem Endspiel um die Fußball-Europameisterschaft 2008 hat sich Jens Lehmann nicht mit Sentimentalitäten aufgehalten. Es mag zwar so ausgesehen haben, als er sich nach dem Abpfiff an den Torpfosten lehnte und in die innere Einkehr zurückzog, doch er trauerte nicht, und er war auch nicht melancholisch, weil er soeben das vermutlich letzte große Finale seiner Karriere verloren hatte. Stattdessen war er, wie er jetzt in seinen Memoiren schildert, sauer auf die deutsche Bundesliga und deren angeblich vormodernes Niveau: Die Bundesliga war seiner Ansicht nach schuld am trostlosen Auftritt der Nationalelf gegen Spanien, „weil sie uns immer wieder Spieler schickte, die taktisch nicht gut genug ausgebildet waren“.
Dieser Vorwurf des durchaus hochnäsigen Torwarts, der sich auf seine fünf Jahre Dienst beim FC Arsenal in London viel zugutehält, ließe sich leicht übersehen, wenn er nicht so typisch wäre für Lehmanns ausgewählte Selbstbetrachtung. Sogar in seiner Autobiographie schafft er es, die Widersprüche seiner Wahrnehmungen und Wertungen zu ignorieren.
Schuld ist die Bundesliga
Er hat zwar gerade selbst darüber berichtet, dass er beim einzigen Treffer des Spiels zu spät kam („Ich hätte es besser machen müssen!“), aber die Schuld an der Niederlage gibt er der rückständigen Bundesliga. Und dass nach der Partie der Teamkollege Ballack mit Teammanager Bierhoff um die Verantwortung für die Niederlage stritt, das machte Lehmann „richtig wütend“, wie er eine Seite weiter mitteilt, weil: „Man muss die Fehler bei sich selbst suchen.“
Auf der Suche nach den eigenen Fehlern wird Lehmann im Rückblick auf sein mehr als zwanzig Jahre währendes Leben im Profifußball selten fündig, nicht mal dann, wenn er sie, wie im Fall seiner Verspätung beim EM-Finale, eingesteht. Es gab Irrtümer, aber sie resultierten aus seinem Streben nach Vollendung, denn in diesem Fußballer wohnt eine Künstlerseele.
Aber Lehmann ist kein unglücklicher van Gogh, er ist beneidenswert frei von Zweifeln, er ist einer dieser glücklichen Menschen, die von der Überzeugung erfüllt sind, die Kenntnis vom richtigen Weg zu besitzen. Zwar behauptet er, „von Natur aus eigentlich ein sehr bescheidener Mensch“ zu sein, doch dieser Charakterdeutung vermag sich der Leser seiner Erinnerungen nicht anzuschließen. Er sieht einen egozentrischen Mann vor sich, der es meistens besser wusste als die anderen, was er ihnen auch häufig unmissverständlich klargemacht hat.
So nutzt Lehmann sein Buch auch dazu, um noch mal die vielen Ahnungslosen und Ungläubigen, die Feigen und Dummen zu belehren, die seine Wege kreuzten. Der Höhepunkt der Arroganz: Wie er den ständigen Rivalen Oliver Kahn dafür bedauert, er habe „bis heute offenbar nicht recht verstanden, was die Qualität eines Torwarts ausmacht“. Als Torhüter sieht sich Jens Lehmann ohnehin als einzigartig an – und das weltweit bis in alle Ewigkeit: Er vertritt tatsächlich die Gewissheit, „dass ich einer der komplettesten und konstantesten Torhüter sein werde, die es je gegeben haben wird“.
Die Grundlagen dieser stattlichen Hybris haben ihn schon ausgezeichnet, als er noch als Anfänger im Tor von Schalke 04 stand, schon damals galt er als Mann mit tausend Macken. Diese Eigenheit wusste man auch in England zu schätzen, in London hat man ihn mit dem Titel „mad Jens“ geschmückt, ein Adelsprädikat. Lehmann hat daher völlig recht, wenn er sich rühmt, „einer der unterhaltsamsten Spieler in Deutschland“ gewesen zu sein.
Tritte vors Schienbein
Das Buch bleibt jedoch hinter seinem eigenen Horizont zurück, sprachlich und intellektuell erreicht es nicht das Niveau seines Erzählers. Es enthält hübsche Episoden, etwa über seine Begegnungen mit den Kanzlern Helmut Kohl und Gerhard Schröder und die politischen Dachterrassengespräche mit Angela Merkel, es ist unterhaltsam und stellenweise witzig, manchmal auch klug, aber oft ist es auch einfach nur oberflächlich.
Wenn er frühere Mitspieler und Gegner vors Schienbein tritt – manche wie die Torwartkollegen Kahn und Tim Wiese oder das traurige Idol Lothar Matthäus sogar äußerst empfindlich –, dann ist das zwar ab und zu amüsant. Die hohe Summe dieser Abrechnungen lässt ihn jedoch verbissen und kleinkariert aussehen. Von Jens Lehmann – in der Tat eine faszinierende Figur auf dem Fußballplatz – hätte man mehr Größe erwartet. PHILIPP SELLDORF
JENS LEHMANN ( mit Christoph Siemes): Der Wahnsinn liegt auf dem Platz. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 286 Seiten, 16,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Vom hohen Ross der Demut: Die Erinnerungen des Torwarts Jens Lehmann
Nach dem Endspiel um die Fußball-Europameisterschaft 2008 hat sich Jens Lehmann nicht mit Sentimentalitäten aufgehalten. Es mag zwar so ausgesehen haben, als er sich nach dem Abpfiff an den Torpfosten lehnte und in die innere Einkehr zurückzog, doch er trauerte nicht, und er war auch nicht melancholisch, weil er soeben das vermutlich letzte große Finale seiner Karriere verloren hatte. Stattdessen war er, wie er jetzt in seinen Memoiren schildert, sauer auf die deutsche Bundesliga und deren angeblich vormodernes Niveau: Die Bundesliga war seiner Ansicht nach schuld am trostlosen Auftritt der Nationalelf gegen Spanien, „weil sie uns immer wieder Spieler schickte, die taktisch nicht gut genug ausgebildet waren“.
Dieser Vorwurf des durchaus hochnäsigen Torwarts, der sich auf seine fünf Jahre Dienst beim FC Arsenal in London viel zugutehält, ließe sich leicht übersehen, wenn er nicht so typisch wäre für Lehmanns ausgewählte Selbstbetrachtung. Sogar in seiner Autobiographie schafft er es, die Widersprüche seiner Wahrnehmungen und Wertungen zu ignorieren.
Schuld ist die Bundesliga
Er hat zwar gerade selbst darüber berichtet, dass er beim einzigen Treffer des Spiels zu spät kam („Ich hätte es besser machen müssen!“), aber die Schuld an der Niederlage gibt er der rückständigen Bundesliga. Und dass nach der Partie der Teamkollege Ballack mit Teammanager Bierhoff um die Verantwortung für die Niederlage stritt, das machte Lehmann „richtig wütend“, wie er eine Seite weiter mitteilt, weil: „Man muss die Fehler bei sich selbst suchen.“
Auf der Suche nach den eigenen Fehlern wird Lehmann im Rückblick auf sein mehr als zwanzig Jahre währendes Leben im Profifußball selten fündig, nicht mal dann, wenn er sie, wie im Fall seiner Verspätung beim EM-Finale, eingesteht. Es gab Irrtümer, aber sie resultierten aus seinem Streben nach Vollendung, denn in diesem Fußballer wohnt eine Künstlerseele.
Aber Lehmann ist kein unglücklicher van Gogh, er ist beneidenswert frei von Zweifeln, er ist einer dieser glücklichen Menschen, die von der Überzeugung erfüllt sind, die Kenntnis vom richtigen Weg zu besitzen. Zwar behauptet er, „von Natur aus eigentlich ein sehr bescheidener Mensch“ zu sein, doch dieser Charakterdeutung vermag sich der Leser seiner Erinnerungen nicht anzuschließen. Er sieht einen egozentrischen Mann vor sich, der es meistens besser wusste als die anderen, was er ihnen auch häufig unmissverständlich klargemacht hat.
So nutzt Lehmann sein Buch auch dazu, um noch mal die vielen Ahnungslosen und Ungläubigen, die Feigen und Dummen zu belehren, die seine Wege kreuzten. Der Höhepunkt der Arroganz: Wie er den ständigen Rivalen Oliver Kahn dafür bedauert, er habe „bis heute offenbar nicht recht verstanden, was die Qualität eines Torwarts ausmacht“. Als Torhüter sieht sich Jens Lehmann ohnehin als einzigartig an – und das weltweit bis in alle Ewigkeit: Er vertritt tatsächlich die Gewissheit, „dass ich einer der komplettesten und konstantesten Torhüter sein werde, die es je gegeben haben wird“.
Die Grundlagen dieser stattlichen Hybris haben ihn schon ausgezeichnet, als er noch als Anfänger im Tor von Schalke 04 stand, schon damals galt er als Mann mit tausend Macken. Diese Eigenheit wusste man auch in England zu schätzen, in London hat man ihn mit dem Titel „mad Jens“ geschmückt, ein Adelsprädikat. Lehmann hat daher völlig recht, wenn er sich rühmt, „einer der unterhaltsamsten Spieler in Deutschland“ gewesen zu sein.
Tritte vors Schienbein
Das Buch bleibt jedoch hinter seinem eigenen Horizont zurück, sprachlich und intellektuell erreicht es nicht das Niveau seines Erzählers. Es enthält hübsche Episoden, etwa über seine Begegnungen mit den Kanzlern Helmut Kohl und Gerhard Schröder und die politischen Dachterrassengespräche mit Angela Merkel, es ist unterhaltsam und stellenweise witzig, manchmal auch klug, aber oft ist es auch einfach nur oberflächlich.
Wenn er frühere Mitspieler und Gegner vors Schienbein tritt – manche wie die Torwartkollegen Kahn und Tim Wiese oder das traurige Idol Lothar Matthäus sogar äußerst empfindlich –, dann ist das zwar ab und zu amüsant. Die hohe Summe dieser Abrechnungen lässt ihn jedoch verbissen und kleinkariert aussehen. Von Jens Lehmann – in der Tat eine faszinierende Figur auf dem Fußballplatz – hätte man mehr Größe erwartet. PHILIPP SELLDORF
JENS LEHMANN ( mit Christoph Siemes): Der Wahnsinn liegt auf dem Platz. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010. 286 Seiten, 16,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Verspielt hat Jens Lehmann nicht nur sein letztes Finale auf dem Platz. Laut Philipp Selldorf hat Lehmann auch die Chance vertan, Memoiren vorzulegen, die seiner wahren Größe entsprächen. Stattdessen tritt ihm der deutsche Ex-Nationalkeeper aus diesem Buch egozentrisch, hochnäsig und unfähig entgegen, die Widersprüche seiner oft harschen Beurteilungen (von Kollegen wie Olli Kahn zum Beispiel) zu erkennen. Auch dass im Fußballer Lehmann eine Künstlerseele wohnt, kann Selldorf nicht wirklich nachvollziehen. Sprachlich und intellektuell jedenfalls scheint ihm das Buch kein Volltreffer zu sein. Auch wenn ein episodisch aufgezeichneter Smalltalk mit Angela Merkel Selldorf stellenweise gut unterhält, oft ist es "einfach nur oberflächlich".
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Ein Werk wie seine Karriere: unterhaltsam und ein bisschen verrückt.« Der Spiegel