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Wie ein Strauß stark duftender Blumen stehen diese Gedichte vor uns, die nur ein einziges Thema haben: die Liebe. Die Liebe als Feier der Geliebten, aber auch als rätselhafte Beunruhigung des Liebenden, der zwischen Sehnsucht und Leidenschaft, Zweifel und Gewissheit eine Skala von Empfindungen durchlebt, die den ganzen Reichtum seiner Existenz ausmachen. Immer ist es die Stimme des Liebenden selbst, die wir hören, und die Gegenwärtigkeit der Geliebten, die wir spüren. Mit einer überquellenden Fülle immer neuer Bilder versucht Adonis das Unfassbare zu fassen. Ingeborg Waldinger hat diese Texte,…mehr

Produktbeschreibung
Wie ein Strauß stark duftender Blumen stehen diese Gedichte vor uns, die nur ein einziges Thema haben: die Liebe. Die Liebe als Feier der Geliebten, aber auch als rätselhafte Beunruhigung des Liebenden, der zwischen Sehnsucht und Leidenschaft, Zweifel und Gewissheit eine Skala von Empfindungen durchlebt, die den ganzen Reichtum seiner Existenz ausmachen. Immer ist es die Stimme des Liebenden selbst, die wir hören, und die Gegenwärtigkeit der Geliebten, die wir spüren. Mit einer überquellenden Fülle immer neuer Bilder versucht Adonis das Unfassbare zu fassen. Ingeborg Waldinger hat diese Texte, die es nur in französischer Version gibt, in ein geschmeidiges Deutsch übertragen.
Autorenporträt
Esber Adonis, geboren 1930 als Ali Ahmad Said Esber im syrischen Alawitengebirge, studierte in Damaskus Philosophie und veröffentlichte in dieser Zeit erste Gedichte. Wegen politischer Aktivitäten verbrachte er elf Monate im Gefängnis. 1956 ging er in den Libanon nach Beirut, wo er zu einer der wichtigsten Stimmen für die Neubegründung der arabischen Lyrik wurde. 1980 emigrierte er nach Paris. Für seine Lyrik wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt 2011, 2013 mit dem Petrarca-Preis. 2015 erhielt er den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück. Esber Adonis lebt heute in Paris.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2013

Von der Metaphysik des Körpers
Der Lyriker Adonis erhält morgen den Petrarca-Preis: Sein neuer Gedichtband zeigt, dass er ihn verdient hat

Schaut man sich die aktuelle Lyrik an, könnte man vermuten, dass Liebesgedichte aus der Mode sind - jedenfalls bei den Dichtern selbst. Ist es die kursierende Pathos-Phobie, ist es die neue Partnerschafts-Sachlichkeit? Für eine liebeslyrische Blutauffrischung aber empfiehlt sich ein Blick auf die arabische Literatur, hat sich der Salzburger Jung und Jung Verlag gesagt und prompt eine Sammlung mit Liebesgedichten von Adonis vorgelegt, die erstmals 2009 in Paris erschienen ist.

Der 1930 geborene Syrer ist als eine Art arabischer Nietzsche bekannt geworden, sein Zyklus "Die Gesänge Mihyars des Damaszeners" (Original 1963, deutsch 1998) gilt als das arabische Pendant zu "Also sprach Zarathustra". Das Pseudonym Adonis, das er sich im Alter von siebzehn Jahren in der Hoffnung gab, seine Gedichte dadurch leichter publizieren zu können, steht ursprünglich weniger für Schönheit und Liebe als für ein weltanschauliches Erneuerungsprogramm, die Wiederauferstehung des Orients, so wie in der antiken Mythologie der schöne Jüngling Adonis aus dem Reich der Toten wieder zum Leben erweckt wird.

Dieser neue Orient, wie Adonis und andere arabische Autoren ihn sich nach dem Zweiten Weltkrieg vorstellten, wäre keiner eines ausgeprägten Islams geworden, sondern hätte sich auf das kulturelle Erbe des Mittelmeerraums und der griechisch-phönizischen Antike besonnen. Mehr denn je erscheint diese Vision heute als frommer Wunsch. Die von vielen Syrern bedauerte Skepsis des Autors angesichts des Aufstands gegen das Regime in Damaskus wurzelt womöglich auch in dieser griechisch-phönizischen Prägung.

Dass Adonis seit je auch Dichter der Liebe und des Körpers war, ist angesichts seines von Nietzsche und antiken Mythen geprägten Erneuerungsprogramms oft vergessen worden. Allerdings gelang es dem Autor stets, die Revolte des Körpers gegen die sexuellen Tabus und die Revolte gegen ein erstarrtes Gottesbild ingeniös zu verschmelzen. Adonis war der Dichter, der es wagte, den religiös aufgeladenen Begriff für die Unnachahmlichkeit des Korans, "Idjaz", in seinen Versen unverblümt auf den Liebesakt anzuwenden - eine Häresie sondergleichen. Dass seine Bücher "nur" in Saudi-Arabien verboten sind, ist kein schlechtes Zeichen für die intellektuelle Offenheit der arabischen Welt.

Die jetzt vorgelegten Liebesgedichte von Adonis - wir dürfen sie, ohne es abwertend zu meinen, durchaus als Alterslyrik bezeichnen - gehen, gemessen an der politisch-religiösen Revolte des Frühwerks, den umgekehrten Weg: Statt die Metaphysik auf die Körperlichkeit herunterzubrechen, wird der Körper mit einer Symbolik aufgeladen, die auf Höheres deutet, eine Mystik ohne Gottesbezug. Die Entkörperlichung, die der Mystiker in der Nähe zu Gott erfährt, vollzieht sich ausgerechnet in der - leiblichen - Begegnung mit der Geliebten: "Unsere Körper / Ein Wald der Knospen / Und die Zeit / Entströmt ihren Kelchen / Wie ein Parfum."

Viele Verse pendeln in dieser Art zwischen Aphorismus und Tanka, dem fernöstlichen Kurzgedicht, und dürften auch unvorbereiteten Lesern zugänglich sein. Geheimnisvoll, ja zuweilen rätselhaft sind dagegen viele der längeren Gedichte. "Der Wald der Liebe in uns", wie das Buch heißt, lädt offensichtlich dazu ein, sich in ihm zu verlaufen. "Was ich an dir mag, sind meine Verirrungen: Ich lasse ihnen freien Lauf / als verfolgte mich, in meiner Liebe zu dir, Gott."

Kennt man die früheren Werke des Dichters und seine Symbolsprache, bekommt man an vielen Stellen dennoch einen Ariadnefaden zu fassen. Labyrinth und Verirrung sind (notabene positiv konnotierte) Fundamentalbegriffe der zugleich mystischen und postnietzscheanischen Weltsicht von Adonis: "Lasst, o meine Lippen, sie nicht heran, / Lasst die Sprache der Vernunft nicht heran / und du, Glimmfeuer der Verwirrung, wachse dich aus zu Flammen", heißt es in einem der stets titellosen Texte.

Die Eigenheit der Liebeslyrik von Adonis (wobei die Liebe immer zugleich Metapher ist für die Existenz an sich) liegt in ihrem Mutwillen, sich zu verirren und Verzweiflung und Unglück als das Salz der Liebe zu begreifen. Nichts wird beschönigt, nichts betrauert. "Ohne Hoffnung, ohne Hoffnungslosigkeit", heißt es einmal in einem Vers, und doch ist dieser Zustand alles andere als deprimierend, sondern eine Form von Empfänglichkeit. Die den Schmerz zulassende Offenheit des Liebenden ist es, die erst Momente des Glücks zulässt. Die Metapher für diese Offenheit ist seit den frühsten Gedichten von Adonis die Wunde: "Ich frage mich: woher kommt zu meiner Wunde / dies sonnengekrönte Tier / Dies flüchtige?"

Ingeborg Waldinger, die Übersetzerin, hat sich auf das riskante Unterfangen eingelassen, diese Texte aus dem Französischen zu übersetzen - das arabische Original ist verloren, Adonis schreibt alle seine Texte mit der Hand auf lose Blätter. Es gab schon einmal eine Übersetzung von Adonis aus dem Französischen. Darin verwandelte sich ein Kampfflugzeug, die "Phantom für Dayan", in "Geister für Dayan" - die Unkenntnis des arabischen Originals machte es möglich. Bei den vorliegenden Gedichten funktioniert die Weiterübersetzung jedoch. Wer mit der lyrischen Sprache von Adonis vertraut ist, schafft es sogar, unter der deutsch-französischen Oberfläche die arabischen Texte im Kopf mitzulesen.

Morgen erhält Adonis in München den Petrarca-Preis der Hubert-Burda-Stiftung - es ist der richtige Preis mit dem richtigen Namen für den richtigen Dichter!

STEFAN WEIDNER

Der Rezensent ist der Übersetzer der Gedichte von Adonis, sofern sie auf Arabisch vorliegen.

Adonis: "Der Wald der Liebe in uns".

Liebesgedichte.

Aus dem Französischen von Ingeborg Waldinger. Verlag Jung und Jung, Salzburg 2013. 151 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Rezensent Stefan Weidner zollt der Übersetzerin von Adonis' Liebesgedichten in "Der Wald der Liebe in uns", Ingeborg Waldinger, Respekt. Er selbst übersetzt den syrischen Dichter aus dem Arabischen, doch die Originale der vorliegenden Gedichte sind verschollen, und so blieb nichts anderes übrig, als sie aus dem Französischen noch einmal zu übertragen, berichtet Weidner und zeigt sich beeindruckt, wie gut das gelungen ist. Der Leser kann sich auf Alterslyrik im besten Sinne freuen, berichtet der Rezensent, wer bisher aber nur die politisch-religiöse Revolte des Frühwerks kennt, dürfte über dien Ton ein wenig überrascht sein, warnt er. Statt die Religion auf das unhintergehbar Körperliche und Sexuelle zurückzuführen, scheint Adonis in seiner späten Dichtung den Körper mit mystischer Symbolik aufzuladen und gewährt Einblick in seine "zugleich mystische und postnietzscheanische" Weltsicht: "Lasst, o meine Lippen, sie nicht heran, / Lasst die Sprache der Vernunft nicht heran / und du, Glimmfeuer der Verwirrung, wachse dich aus zu Flammen", zitiert Weidner. Der Wald der Liebe lädt zum verirren ein, findet er.

© Perlentaucher Medien GmbH