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Wenn Walter Trefz erzählte, war es, als klinge in seiner Stimme das Raunen und Rauschen des gesamten Schwarzwaldes mit. Als ein Wald- und Umweltschützer der ersten Stunde, im Kampf gegen den Sauren Regen, im großen Streit um »Gift, Kalk und Ozon« wurde der Revierförster Trefz für viele zum charismatischen Aufklärer. Für andere blieb er zeitlebens der »Öko-Spinner«, ein renitenter Provokateur und Störenfried. Der »Walder« stand weit über seine Heimat hinaus und schon sehr früh für ein radikales Umdenken: »weniger Chemie, weniger Technik. Wildnis statt Wirtschaftswald. Und insbesondere: echte,…mehr

Produktbeschreibung
Wenn Walter Trefz erzählte, war es, als klinge in seiner Stimme das Raunen und Rauschen des gesamten Schwarzwaldes mit. Als ein Wald- und Umweltschützer der ersten Stunde, im Kampf gegen den Sauren Regen, im großen Streit um »Gift, Kalk und Ozon« wurde der Revierförster Trefz für viele zum charismatischen Aufklärer. Für andere blieb er zeitlebens der »Öko-Spinner«, ein renitenter Provokateur und Störenfried. Der »Walder« stand weit über seine Heimat hinaus und schon sehr früh für ein radikales Umdenken: »weniger Chemie, weniger Technik. Wildnis statt Wirtschaftswald. Und insbesondere: echte, tiefe Verbundenheit mit allem, was lebt, wächst und im fortwährenden Kreislauf vergeht.« Über Jahre war Annette Rieger immer wieder Gast in seinem Haus auf dem Kniebis und hat seinen Erzählungen gelauscht, außerdem Gespräche mit Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern geführt. Was sie erzählt, ist die Geschichte »ihres Walders«, eine sehr persönliche Lebensgeschichte des Försters, Lebensphilosophen und Widerständlers Walter Trefz, gleichzeitig ein Blick hinter die Kulissen von früher Umweltbewegung, Forstwirtschaft und Tourismus im Schwarzwald.
Autorenporträt
Annette Rieger, 1971 geboren, lebt im Waldachtal bei Freudenstadt. Sie ist Autorin, Journalistin und Kulturvermittlerin. Seit 2016, aus zahlreichen und intensiven Gesprächen, zeichnete sie Walter Trefz' Erinnerungen und Gedanken auf, sprach darüber mit WeggefährtInnen - und aber auch mit denen, die ihm eher kritisch gegenüberstanden, sich seiner Perspektive verweigerten. Als Walter Trefz im Juli 2021 unerwartet starb, begann sie, aus all den umfangreichen Aufzeichnungen und Gesprächsmitschnitten ihr bislang persönlichstes Buch zu schreiben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2024

Der Holzweg war schon vor vierzig Jahren eine Sackgasse
Wie der 'Förschter' Walter Trefz den Schwarzwald vor dem sauren Regen rettete.

Vor drei Jahren starb der Schwarzwald-Förster Walter Trefz. Er wurde 82 Jahre alt. Bis zu seinem Lebensende hat er für den Wald gekämpft. Noch am Tag, an dem er starb, wollte er die Bürgerinitiative "Hau und Holzwiese" in Ahldorf bei Horb besuchen. Der Zusammenschluss von Waldschützern hatte es gerade geschafft, die Planung eines Gewerbegebiets in ihrem Wald zu verhindern. Was er zuletzt sah, hatte er sein ganzes Leben zu bewahren versucht, was er in der Umgebung von Freudenstadt beobachtete, wenn er die Wälder auf dem Kniebis durchstreifte, hatte ihm gezeigt, was zu tun war. Dass Walter Trefz die Anfänge des Waldsterbens bemerkte und vom Förster zu einem naturschutzpolitischen Aktivisten wurde, liegt fast genau vierzig Jahre zurück. Wer könnte ihn besser verstehen als eine Gegenwart, in der Klimaveränderungen und ihre Folgeschäden an den Wäldern das Thema Waldumbau und Waldrettung wieder ins Bewusstsein gerufen haben. Jetzt ist sicher, das Thema wird nicht mehr aus den öffentlichen Debatten verschwinden. Wenn man die Biographie von Walter Trefz liest und in dem Teil des Schwarzwalds umherwandert, der sein Forstrevier war, fragt man sich, wie das Thema seit 1984 überhaupt wieder in den Hintergrund geraten konnte. Trefz war ein richtiger Rebell, er war unter den Ersten, die damals wachrüttelten. Er organisierte die ersten Demonstrationen. Er brachte die Bauern erstmals dazu, mit ihren Treckern die Straßen zu blockieren, so lange, bis die Politiker endlich zuhörten und schließlich Maßnahmen ergriffen wurden. Das schadete der Karriere des Försters, der seine Uniform selbstverständlich anbehielt bei den Protestaktionen. Kein Wunder, dass er sehr skeptisch war, als ihm der baden-württembergische Landesminister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Franz Untersteller von Bündnis 90/Die Grünen, 2021 das Bundesverdienstkreuz überreichen wollte. Ob das nicht eine Auszeichnung wäre, die wie in militärischen Zusammenhängen bloß die Kampfmoral stärken sollte, und er das nicht deshalb ablehnen müsste, überlegte er. Als er schließlich zustimmte, das Bundesverdienstkreuz als einen Dank für seine Arbeit verliehen zu bekommen, hielt er noch einmal eine so bewegende wie handfeste Rede, in der für ihn so typischen bildhaften Sprache mit alemannischer Färbung: "Noch immer habe ich Wünsche, und die Wünsche vom Förschter Trefz sind eine freundliche Umschreibung für Forderungen: Ich fordere, dass der öffentliche Wald endlich von seiner auf den Holzknecht reduzierten Behandlung erlöst wird. (. . .) Der Holzweg ist eine Sackgasse für den Wald. Der Holzweg ist für den Wald ein Irrweg. Heute sind mehr denn je die Wirkungen des Waldes auf ungestörte Kreisläufe und die ganzheitliche Gesundheit von Mensch, Natur und Landschaft gefragt. Die ungestörten Kreisläufe des Waldes sind für uns, unsere Gesundheit, die Zusammenhänge in der Natur und Landschaft bis hin zu unserer Mitwelt und dem Klima unbezahlbar und letztlich überlebensnotwendig."

Eines der größten Projekte seiner späten Jahre war der Kampf für die Einrichtung des Nationalparks Schwarzwald. Der erste und bislang einzige Nationalpark in Baden-Württemberg wurde im Mai 2014 mit einem großen Fest mit zehntausend Gästen eröffnet. Darauf war Trefz besonders stolz. Drei Jahre vor seinem Tod bekannte er, dass er auf seinem Grabstein unter seinem Namen und seinen Lebensdaten das Wort "Nationalpark-Befürworter" wissen möchte. Man solle einen Briefkasten anbringen, in den alle Rechnungen einwerfen könnten über die Kosten, die das Nichtberühren der Natur verursachen könnte. Begleichen würden diese Rechnungen der "Vogelgesang, der Wind in den Bäumen und Kinderlachen".

Walter Trefz wuchs in dem kleinen Dorf Lombach bei Freudenstadt auf. Sein Vater war im Krieg, und diese Kindheitsjahre prägten den Jungen auf eine ganz bestimmte Weise. Aus der Angst heraus, dass wieder so ein Krieg ausbrechen könnte, absolvierte er nach der Schule den Wehrdienst und wurde Gebirgsjäger. Zu den friedlichen Aufgaben damals gehörte es, dem Wild im verschneiten Gebirge eines besonders harten Winters auf Skiern Futter zu bringen, damit es überlebt. Während dieser Zeit stand der Entschluss, Förster zu werden, schon fest. Er las viel, Jack London, Karl May, Henry David Thoreau erst viel später. Wilhelm Hauffs Märchen "Das kalte Herz" kannte eh jedes Kind dort. Vielleicht verinnerlicht das Kind Walter Trefz die Botschaft dieses Märchens so tief, dass er später keine Furcht mehr vor Vorgesetzten oder Dienstvorschriften kennt, wenn es um seine Überzeugung geht, den Wald vor der industriellen Verschmutzung, dem sauren Regen zu retten. Der Peter bekommt ein Herz aus Stein, als er die Naturgeister mit seiner Gier verärgert.

Walter Trefz wird Förster zu einer Zeit, als die Lehre unwidersprochen sagte: "Wald vor Wild". Die Bestände des Wildes sollten im Wald so klein gehalten werden, dass der Wald nachwachsen konnte und an den Naturverjüngungen, den kleinen Bäumchen nicht etwa zu viel geknabbert wurde. Trefz ergänzte das bereits als junger Förster: "Ein Hirsch ist genauso wichtig wie ein Baum - und andersrum." Dass die Wälder um der Holzverkäufe willen gepflegt wurden, fand er von Anfang an zu kurzsichtig. Vom Stadtwald-Förster ging er hinauf auf den Kniebis als Staatsförster. Im Winter war er dort auf Langlaufskiern über den Schnee geglitten und hatte sich vorgestellt, dass oben in der Abgeschiedenheit neben der Holzernte auch andere Funktionen des Waldes, die ihm wichtig waren, zu unterstützen wären. In den Siebzigerjahren kam der erste alemannische Protest gegen die Umweltzerstörung. Das im Kaiserstuhl geplante Atomkraftwerk verhinderte eine Bürgerinitiative mit dem Ruf "Nai hemmer gsait!", in der sich die Bäuerinnen und Weinbauern Seite an Seite mit Studenten engagierten. Das Wirtschaftswunder löste einen neuen Umgang mit der Natur aus. Ihre Nutzung stand im Vordergrund, ihr Schutz, ihre Unberührtheit beherrschten die Gedanken weniger. 1981 beobachtete dann der Schwarzwald-Förster die ersten gelben Nadeln an den Tannen. Es dauerte und war ein harter Kampf, bis niemand mehr Ministerpräsident Hans Filbinger glaubte, der damals erklärte: "Nur dumme Fische sterben in verschmutzten Flüssen." "Der Feind sind wir", hielten Trefz und seine Mitstreiter dem entgegen, vor vierzig Jahren schon. WIEBKE HÜSTER

Annette Maria Rieger: "Der Walder vom Schwarzwald. Erinnerungen an den rebellischen Förster Walter Trefz", Stuttgart 2023.

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