Nominiert in der Kategorie Bilderbuch; ab 5
Die Nacht ist schwarz und man kann sich im dunklen Zimmer verlaufen wie in einem Wald. Man könnte sich fürchten doch gottlob, es gibt ja den weißen Bären! Das kleine Mädchen erklärt es am Morgen der Mutter, denn die kennt ihn nicht. Die weiß noch nicht, dass der große weiße Bär jede Nacht am Bett des Mädchens sitzt und ein bisschen im Dunkeln schimmert. Er ist ein schweigsamer Bär, der sich auskennt mit der Dunkelheit. Wenn er von nebenan Musik hört, tanzt er. Doch dann bleibt er eines Nachts aus. Auch in der nächsten Nacht kommt er nicht und es ist stockfinster. Das Mädchen dachte: Wenn jetzt ein Bär neben meinem Bett sitzt, muss es ein schwarzer sein. Das Mädchen horchte. Tatsächlich konnte es das Schnaufen einer feuchten Nase hören.
Die Nacht ist schwarz und man kann sich im dunklen Zimmer verlaufen wie in einem Wald. Man könnte sich fürchten doch gottlob, es gibt ja den weißen Bären! Das kleine Mädchen erklärt es am Morgen der Mutter, denn die kennt ihn nicht. Die weiß noch nicht, dass der große weiße Bär jede Nacht am Bett des Mädchens sitzt und ein bisschen im Dunkeln schimmert. Er ist ein schweigsamer Bär, der sich auskennt mit der Dunkelheit. Wenn er von nebenan Musik hört, tanzt er. Doch dann bleibt er eines Nachts aus. Auch in der nächsten Nacht kommt er nicht und es ist stockfinster. Das Mädchen dachte: Wenn jetzt ein Bär neben meinem Bett sitzt, muss es ein schwarzer sein. Das Mädchen horchte. Tatsächlich konnte es das Schnaufen einer feuchten Nase hören.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.07.2007Spielgefährte der Nacht
Ein Traumbilderbuch, das Mut macht
Die Nacht ist dunkel, das Zimmer ist dunkel. „Die Puppen haben Angst, wenn sie die Augen schließen. Sie glauben dann, es werde nie wieder hell.” Das hat ihnen der weiße Bär erzählt, behauptet das kleine Mädchen am hellen Morgen beim Frühstück mit der Mutter. Der weiße Bär, so sagt sie, besucht sie Nacht für Nacht. „Er schimmert ein wenig im Dunkeln”, sitzt auf ihrer Bettkante, putzt sich die Zähne und tanzt. Er ist wild, aber er schweigt. Eines Nachts bleibt er aus. Stockfinster ist das Zimmer. Da hört das Mädchen das Schnaufen. Ein schwarzer Bär sitzt schweigend da. Jetzt „ist die Nacht zutraulich”, nur die Räuber und Diebe müssen sich fürchten. Der schwarze Bär kommt nun jede Nacht, erzählt das Mädchen der Mutter und flüstert: „Der weiße Bär, der ist erfunden.”
Jörg Schubiger spielt mit der kindlichen Phantasie im Dunkel der Nacht. Es treten auf: ein Kind und die seit Jahrhunderten widersprüchlich begriffene Figur des Bären. Das Kind führt Regie über einen weißen und einen schwarzen Bären im Geschehen von Traum und Tag.
Eva Muggenthaler deutet den offenen Text Schubigers auf eigene Weise. Sie zeichnet auf schwarzem Grund ein Mädchen in rot gepunktetem Kleid, das mit seinen Augen erzählt, was in seinem Inneren geschieht. Sie beobachtet das zaghafte Kind, das die Bettdecke hochzieht, das mutige Mädchen, das auf dem Bären reitet: Sie gibt ihm Zärtlichkeit, Entschlossenheit und Kraft. Ihr Pinsel scheint über das Papier zu fliegen, lebhaft und bunt setzt sie die Kinderwelt in Szene, macht die Stärke der Bären großflächig sichtbar. Gewaltig und zum Fürchten groß drückt der weiße Bär das Kind an die Seite, der schwarze umfängt es mit weichem Fell, wird Spielgefährte der Nacht von Kind und Puppe. Eva Muggenthaler gibt der Phantasie des Kindes sichtbar Gestalt. Sie zeigt am Ende der Geschichte das Mädchen, wie es aus schwarzem Karton den schwarzen Bären herausschneidet und wie hinter ihrem Rücken als Leerform ein Bär erscheint. Auf Augenhöhe blicken der schwarze und der weiße Bär einander an, während das Mädchen dem schwarzen Bären aufmerksam und vorsichtig die Hand gibt. Weiße Bärentatzen führen in das Buch hinein, schwarze begleiten den Betrachter hinaus, aus einem Buch vom Glück kindlicher Magie.(ab 4 Jahre) ELISABETH HOHMEISTER
JÜRG SCHUBIGER, EVA MUGGENTHALER: Der weiße und der schwarze Bär. Hammer Verlag 2007. 32 Seiten. 14,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Ein Traumbilderbuch, das Mut macht
Die Nacht ist dunkel, das Zimmer ist dunkel. „Die Puppen haben Angst, wenn sie die Augen schließen. Sie glauben dann, es werde nie wieder hell.” Das hat ihnen der weiße Bär erzählt, behauptet das kleine Mädchen am hellen Morgen beim Frühstück mit der Mutter. Der weiße Bär, so sagt sie, besucht sie Nacht für Nacht. „Er schimmert ein wenig im Dunkeln”, sitzt auf ihrer Bettkante, putzt sich die Zähne und tanzt. Er ist wild, aber er schweigt. Eines Nachts bleibt er aus. Stockfinster ist das Zimmer. Da hört das Mädchen das Schnaufen. Ein schwarzer Bär sitzt schweigend da. Jetzt „ist die Nacht zutraulich”, nur die Räuber und Diebe müssen sich fürchten. Der schwarze Bär kommt nun jede Nacht, erzählt das Mädchen der Mutter und flüstert: „Der weiße Bär, der ist erfunden.”
Jörg Schubiger spielt mit der kindlichen Phantasie im Dunkel der Nacht. Es treten auf: ein Kind und die seit Jahrhunderten widersprüchlich begriffene Figur des Bären. Das Kind führt Regie über einen weißen und einen schwarzen Bären im Geschehen von Traum und Tag.
Eva Muggenthaler deutet den offenen Text Schubigers auf eigene Weise. Sie zeichnet auf schwarzem Grund ein Mädchen in rot gepunktetem Kleid, das mit seinen Augen erzählt, was in seinem Inneren geschieht. Sie beobachtet das zaghafte Kind, das die Bettdecke hochzieht, das mutige Mädchen, das auf dem Bären reitet: Sie gibt ihm Zärtlichkeit, Entschlossenheit und Kraft. Ihr Pinsel scheint über das Papier zu fliegen, lebhaft und bunt setzt sie die Kinderwelt in Szene, macht die Stärke der Bären großflächig sichtbar. Gewaltig und zum Fürchten groß drückt der weiße Bär das Kind an die Seite, der schwarze umfängt es mit weichem Fell, wird Spielgefährte der Nacht von Kind und Puppe. Eva Muggenthaler gibt der Phantasie des Kindes sichtbar Gestalt. Sie zeigt am Ende der Geschichte das Mädchen, wie es aus schwarzem Karton den schwarzen Bären herausschneidet und wie hinter ihrem Rücken als Leerform ein Bär erscheint. Auf Augenhöhe blicken der schwarze und der weiße Bär einander an, während das Mädchen dem schwarzen Bären aufmerksam und vorsichtig die Hand gibt. Weiße Bärentatzen führen in das Buch hinein, schwarze begleiten den Betrachter hinaus, aus einem Buch vom Glück kindlicher Magie.(ab 4 Jahre) ELISABETH HOHMEISTER
JÜRG SCHUBIGER, EVA MUGGENTHALER: Der weiße und der schwarze Bär. Hammer Verlag 2007. 32 Seiten. 14,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2007Bärenbesuch: Ein Bilderbuch verrät, warum die Nacht nicht zum Fürchten ist
Wenn sich Nacht für Nacht ein weißer Bär im Kinderzimmer herumdrückt, ist das natürlich aufregend und sicherlich auch tröstlich. Eine Belastung aber ist es auch. Denn das Tier, das immer schweigt, macht sich im Zimmer so breit, dass es den Raum fast sprengt; es hopst wild zur Musik aus der Nachbarwohnung, und wenn es dann geht, packt es alles ein, was Licht spendet: Nachttisch- und Deckenlampe sowieso, aber auch der Mond verschwindet in seiner Tatze.
So jedenfalls legen die wuchtig verspielten Bilder von Eva Muggenthaler Jürg Schubigers schwebende Geschichte "Der weiße und der schwarze Bär" aus. Sie erzählt von einem Mädchen, das sich fest vornimmt, keine Angst im Dunkeln zu haben, und nacheinander Besuch von zwei Bären erhält, einem weißen und einem schwarzen: Denn auch wenn man sich im dunklen Zimmer verlaufen könne "wie in einem Wald", weiß das in diesem Buch immer namenlose Mädchen, dass man dabei doch auf dessen Bewohner zählen dürfe, die Bären. Die kommen und gehen, schweigen und helfen bei der Bewältigung der Nacht; doch wo der eine schimmert, Radau macht und sich in den Vordergrund drängt, ist der andere, der schwarze, gerade keine Hilfe gegen die Dunkelheit, sondern eher ein Vermittler: "Die Nacht ist zutraulich", verkündet das Mädchen am nächsten Morgen seiner Mutter, "die Kinder fürchten sich nicht. Nur die Räuber und Diebe."
Wer denn das gesagt habe, will die Mutter wissen, und das Mädchen antwortet: der schwarze Bär. Und der andere, weiße, von dem zuvor zwischen ihnen so viel die Rede war? "Der ist erfunden." Dass dieses Kind auf einem guten Weg ist, leuchtet sofort ein.
TILMAN SPRECKELSEN
Jürg Schubiger, Eva Muggenthaler: "Der weiße und der schwarze Bär". Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2007. 32 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wenn sich Nacht für Nacht ein weißer Bär im Kinderzimmer herumdrückt, ist das natürlich aufregend und sicherlich auch tröstlich. Eine Belastung aber ist es auch. Denn das Tier, das immer schweigt, macht sich im Zimmer so breit, dass es den Raum fast sprengt; es hopst wild zur Musik aus der Nachbarwohnung, und wenn es dann geht, packt es alles ein, was Licht spendet: Nachttisch- und Deckenlampe sowieso, aber auch der Mond verschwindet in seiner Tatze.
So jedenfalls legen die wuchtig verspielten Bilder von Eva Muggenthaler Jürg Schubigers schwebende Geschichte "Der weiße und der schwarze Bär" aus. Sie erzählt von einem Mädchen, das sich fest vornimmt, keine Angst im Dunkeln zu haben, und nacheinander Besuch von zwei Bären erhält, einem weißen und einem schwarzen: Denn auch wenn man sich im dunklen Zimmer verlaufen könne "wie in einem Wald", weiß das in diesem Buch immer namenlose Mädchen, dass man dabei doch auf dessen Bewohner zählen dürfe, die Bären. Die kommen und gehen, schweigen und helfen bei der Bewältigung der Nacht; doch wo der eine schimmert, Radau macht und sich in den Vordergrund drängt, ist der andere, der schwarze, gerade keine Hilfe gegen die Dunkelheit, sondern eher ein Vermittler: "Die Nacht ist zutraulich", verkündet das Mädchen am nächsten Morgen seiner Mutter, "die Kinder fürchten sich nicht. Nur die Räuber und Diebe."
Wer denn das gesagt habe, will die Mutter wissen, und das Mädchen antwortet: der schwarze Bär. Und der andere, weiße, von dem zuvor zwischen ihnen so viel die Rede war? "Der ist erfunden." Dass dieses Kind auf einem guten Weg ist, leuchtet sofort ein.
TILMAN SPRECKELSEN
Jürg Schubiger, Eva Muggenthaler: "Der weiße und der schwarze Bär". Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2007. 32 S., geb., 14,90 [Euro]. Ab 4 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Von einem "ganz besonderen Kinderbuch" spricht Rezensent Jens Thiele, den diese wunderbare Geschichte über die Angst von Kindern vor dem Dunkel tief bewegt und beeindruckt hat. Denn er sieht darin Angst sehr plastisch werden und "Realität und Fantasie" sich gegenseitig durchdringen, wozu auch die "surreal anmutenden" Illustrationen von Eva Muggenthaler ihren Beitrag leisten, die der Rezensent immer wieder staunend beschreibt. Im Zentrum steht seiner Beschreibung zufolge ein kleines Mädchen, das Tags von einem weißen und nachts von einem schwarzen Bär begleitet wird, und mit diesen Begleitern lernt, dass Tag und Nacht sowie Hell und Dunkel untrennbar zusammengehören.
© Perlentaucher Medien GmbH
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