Die historische Figur Richard Francis Burton kannte ich bisher nur aus dem tollen Abenteuerfilm „Land der schwarzen Sonne“, in dem die Expedition mit John Speke zu den Quellen des Nils erzählt wird. Dass dieser Burton in seinem Leben noch viel mehr Abenteuer erlebt hat und eine der interessantesten
Figuren der britischen Kolonialgeschichte ist, wurde mir erst mit Ilja Trojanows Buch klar. Die…mehrDie historische Figur Richard Francis Burton kannte ich bisher nur aus dem tollen Abenteuerfilm „Land der schwarzen Sonne“, in dem die Expedition mit John Speke zu den Quellen des Nils erzählt wird. Dass dieser Burton in seinem Leben noch viel mehr Abenteuer erlebt hat und eine der interessantesten Figuren der britischen Kolonialgeschichte ist, wurde mir erst mit Ilja Trojanows Buch klar. Die genannte Afrika-Expedition ist hier die letzte Station von insgesamt drei Teilen des Buches; zuvor beschreibt Trojanow in einer gelungenen Mischung aus Fakten und Fiktion Burtons längere Aufenthalte in Indien und Arabien. Sehr gut gefallen hat mir dabei die Erzählweise des Autors: Jeder Teil wird aus zwei Sichtweisen dargestellt, zum einen gibt es einen auktorialen Erzähler, zum anderen entweder Dialoge von Burtons Diener mit einem Schreiber, dem er von seinen Jahren mit dem exzentrischen Offizier erzählt (Indien), oder das Protokoll einer geheimdienstlichen Untersuchung seiner Hadsch (Arabien) oder die märchenhafte Erzählung der Nil-Expedition aus der Sicht eines ehemaligen Sklaven (Afrika). Für mich ist der Indien-Teil des Buches mit Abstand der beste, hier ist es Trojanow sehr gut gelungen, die Leser in die exotische Welt des Subkontinents eintauchen zu lassen. Die Hadsch nach Mekka gibt zwar einen guten Einblick in die arabische Welt und Mentalität, zieht sich aber gerade wegen der Detailverliebtheit etwas in die Länge. Und die Expedition nach Afrika schließlich ist zwar schön zu lesen, sie scheint aber plötzlich von einer ganz andere Person geleitet: Während Burton in Indien und Arabien sich perfekt in die Kultur der jeweiligen Länder eingelebt hat, bleibt er hier als kolonialer Karawanenführer auf Distanz. Er interessiert sich zwar für die Landschaft und nimmt alles für seine Berichte auf, aber die Einheimischen und ihre Sprache sieht er als minderwertig an. Wo bleibt hier der weltoffene, neugierige Kosmopolit? Ein Rätsel, dass der Autor nicht zu lösen vermag. Sicherlich erhebt Trojanow auch gar nicht den Anspruch, den Menschen Burton durchschaut zu haben. Aber die Afrika-Expedition passt irgendwie nicht so recht ins Bild, das von Burton im Rest des Buches entworfen wird. Sei’s drum, „Der Weltensammler“ ist trotzdem ein spannender, schön geschriebener historischer Roman.