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Ein biographischer Roman über die "Weltmaschine" und deren Erbauer Franz Gsellmann. Über das rätselhafte Kunstwerk, ähnlich den Werken Marcel Duchamps und Jean Tinguelys. Eine Maschine, deren einzige Funktion darin besteht, Maschine zu sein, die Maschine spielt. Im Oktober 1958 sieht Franz Gsellmann (1910-1981) in einem Zeitungsartikel über die Weltausstellung die Abbildung des Atomiums. Der Landwirt, der in der Steiermark einen kleinen Hof betreibt, ist davon so fasziniert, dass er mit dem Zug nach Brüssel reist, sich das Atomium ansieht, am selben Abend zurückfährt und heimlich mit dem Bau…mehr

Produktbeschreibung
Ein biographischer Roman über die "Weltmaschine" und deren Erbauer Franz Gsellmann. Über das rätselhafte Kunstwerk, ähnlich den Werken Marcel Duchamps und Jean Tinguelys. Eine Maschine, deren einzige Funktion darin besteht, Maschine zu sein, die Maschine spielt.
Im Oktober 1958 sieht Franz Gsellmann (1910-1981) in einem Zeitungsartikel über die Weltausstellung die Abbildung des Atomiums. Der Landwirt, der in der Steiermark einen kleinen Hof betreibt, ist davon so fasziniert, dass er mit dem Zug nach Brüssel reist, sich das Atomium ansieht, am selben Abend zurückfährt und heimlich mit dem Bau einer Maschine beginnt, die später als "Weltmaschine" bekannt wird. 1981 montiert er als letztes Teil ein großes, drehbares Fragezeichen, erklärt sein Werk für vollendet und stirbt.
Klaus Ferentschik verarbeitet in seinem Roman alle bekannten und unbekannten Fakten über die Weltmaschine und liefert eine literarische Erklärung der Obsession ihres Erbauers. Ein Buch über die Kraft der Träume und ein Plädoyer, ihnen unbeirrt zu folgen. In diesem Jahr feiern das Atomium und die Weltmaschine ihren 50. Geburtstag.
Autorenporträt
Ferentschik, Klaus
Klaus Ferentschik, geboren 1957 im badischen Graben, gymnasial unterrichtet in Karlsruhe, promoviert in Wien, lebt heute in Berlin. Er ist Regent im Collége de Pataphysique, Paradiesforscher, Verfasser einer geschlechtsspezifischen Romantriologie und eines Buches über die Pataphysik, die Wissenschaft von den imaginären Lösungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2009

Wie man Keilriemen und Marienstatuen koppelt
Klaus Ferentschiks Roman über die „Weltmaschine” des steirischen Bauern Franz Gsellmann
Hätte Franz Gsellmann in Berlin-Kreuzberg gelebt, wäre er nicht weiter aufgefallen. Dort schraubt in jeder Werkstatt ein Künstler an einem Schrottgebilde, das gegen die gnadenlose Effizienz der Industriegesellschaft aufbegehrt. In der Berliner Alternativkultur steht die Abfallkunst in hoher Blüte, und die Poesie des Mülls floriert. Gsellmanns bizarre Wundermaschine, die nichts produziert, einen Höllenlärm veranstaltet und sich mit Hunderten von leuchtenden und röhrenden Gebraucht-Teilen um sich selbst dreht, wäre da widerspruchslos als Kunst durchgegangen.
Aber Franz Gsellmann war alles andere als ein Künstler, und die Industriegesellschaft war ihm wohl schnurz. Sein Eigensinn speiste sich aus einer manischen Technikbegeisterung, die jede Schraube in sich aufsog. Franz Gsellmann war ein österreichischer Landwirt, der in einem abgelegenen Winkel der Steiermark seinen Hof bewirtschaftete. Der Schriftsteller Klaus Ferentschik hat die Geschichte dieses Mannes in einen Roman übersetzt, der den besessenen Bastler auf behutsame Weise porträtiert. Und im Dorf Kaag bei Edelsbach, der Heimat Gsellmanns unweit von Graz, rüstet man sich seit Oktober zu einem dreijährigen Jubiläumsfest: Vor fünfzig Jahren, im Oktober 1958, begann Gsellmann mit dem Bau seiner Weltmaschine, und 2010 wird der hundertste Geburtstag des Konstrukteurs gefeiert.
Dabei kann man nicht nur die nach wie vor funktionstüchtige Maschine entdecken, die der Enkel, der ebenfalls Franz Gsellmann heißt, in einem Privatmuseum ausstellt. Wer sich mit der Geschichte der Weltmaschine beschäftigt, stößt auf das Leben eines Sonderlings, der einen inneren Bauplan gegen alle Widerstände verwirklicht hat. Im Oktober 1958 sieht Gsellmann in einer Zeitung die Fotografie des Brüsseler Atomiums: Dies ist die entscheidende Sekunde im Leben des Eigenbrötlers, der so gern Elektriker geworden wäre. Technisch getüftelt hatte er immer schon, und an langen Winterabenden liest er Science-Fiction-Heftchen und versenkt sich in die Raumfahrt. Viele Jahre träumt er davon, etwas Großes zu bauen, aber jetzt, mit dem Bild des Atomiums, ändert sich alles schlagartig. Kurzerhand lässt er Frau und Kinder mit dem Hof allein, reist nach Brüssel und bewundert auf der Weltausstellung das Kugelmodell des Eisen-Atoms.
Zu Hause baut er die Konstruktion mit neun Eisenkugeln nach und erweitert diesen Grundstock mit allen erdenklichen Ersatz- und Abfallteilen, die er bei Alteisenhändlern, Schmieden, Uhrmachern und auf den Flohmärkten der Umgebung zusammenschnorrt. In einem eifersüchtig bewachten Raum des Hofs entsteht ein rätselhafter Apparat, der alles zugleich sein soll: ein Perpetuum mobile. Ein magisches Abbild der Welt, in dem Feuer und Wasser, Luft und Erde zusammenkommen. Ein Lobpreis sowohl der modernen Technik als auch des Herrn, denn Gsellmann ist ein gläubiger Mensch. Vor allem aber soll die wundersame Maschine eines Tages irgendetwas von selbst produzieren, fast so, als sei sie eine Kreatur mit organischem Eigenleben, wie Klaus Ferentschik schreibt: „Vielleicht würde sie von ganz alleine etwas herstellen, ohne sein Zutun, so wie Hühner über Nacht Eier legten, die nur noch eingesammelt werden mussten. Jeden Morgen betrat er den Raum in der Hoffnung, von der Maschine ein Produkt zu finden, das sie in seiner Abwesenheit ganz von alleine erzeugt hätte.”
Maschinen legen keine Eier
Aber die Maschine legt keine Eier und bleibt trotz ihrer offenkundigen Verspieltheit und Faszinationskraft für die Dörfler ein ruinöses Ding, die Ausgeburt eines Spinners. Aus Sicht der Familie kann man die Skepsis schon verstehen: Ferentschik schildert eindrücklich, wie der Bauer sein Leben emotional und ökonomisch komplett auf die Maschine ausrichtet. Er arbeitet immer weniger auf dem Hof und zwingt Frau, Sohn und Tochter, alles allein zu schaffen; den schmalen Gewinn behält er für taugliche Teile ein. Bis zu seinem Tod im Sommer 1981, also 23 Jahre lang, verleibt Gsellmann seiner Maschine alles ein, was er findet: Schiffsschrauben, Infrarotlampen, Staubsaugermotoren, Kurbelwellen, Keilriemen, Marienstatuen, Glocken, Hula-Hoop-Reifen, und alles bewegt sich, blinkt, scheppert, piept und brummt.
Ab den siebziger Jahren bringt es der steirische Maschinenmann dann doch zu einer gewissen Berühmtheit: überregionale Zeitungen und der ORF berichten, Gerhard Roth verfasst einen Essay über Gsellmann, und Christine Nöstlinger liefert das Drehbuch zu einem Spielfilm über die Weltmaschine. Trotzdem bleibt, in den Augen der Einheimischen und auch für Gsellmann selbst, der Makel der Nutzlosigkeit: Wozu ist eine Maschine gut, die einfach nur Maschine ist? Der Gsellmann-Komplex hat eine interessante philosophische Dimension, weil hier ein besessener Konstrukteur das Nützlichkeitspostulat der Moderne infrage stellt, ohne mit den klassischen Kunst-Argumenten herumzufuchteln. Dazu kommt die überaus seltsame Verdrahtung von Technik und religiöser Inbrunst. Gsellmann sieht seine Maschine als magischen Kosmos, in dem jedes Detail von der Allmacht des Herrn spricht. Fortschritt und Glauben sind hier keine Antipoden, und das gibt der Maschine eine fast barocke Anmutung: Noch findet jedes Zahnrad in der göttlichen Kosmologie seinen Platz.
Wie dieses Weltall über die Jahre aus Franz Gsellmann herauswuchs, bleibt wohl ein Rätsel. Als allerletzten Handgriff hat er ein großes, um sich selbst rotierendes Fragezeichen auf seine Maschine montiert. JUTTA PERSON
KLAUS FERENTSCHIK: Der Weltmaschinenroman. Mit Illustrationen von Horst Hussel und einer Weltmaschinenpostkarte. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2008. 160 Seiten, 17,80 Euro.
„Jeden Morgen betrat er den Raum in der Hoffnung, ein Produkt zu finden, das die Maschine in seiner Abwesenheit ganz alleine erzeugt hätte.” Foto: vsl/mediacolors
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Jutta Person stellt Klaus Ferentschiks Roman über den exzentrischen österreichischen Bauern Franz Gsellmann vor. Jahrzehntelang baute Gsellmann an einer ominösen Maschine, die Weltmodell, Perpetuum mobile, Preisung der Technik und frommes Gebet zugleich sein sollte, erklärt uns die Rezensentin. Dem Autor bescheinigt sie wohlwollend, ein "zartes Porträt" des Landwirts geschaffen zu haben, dann gibt sie sich ganz dem im Roman beschriebenen Leben dieses Sonderlings hin, dessen größte - unerfüllte - Hoffnung es war, seine Weltmaschine möge eines Tages aus sich selbst heraus etwas produzieren.

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