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Diese Anthologie enthält rund hundert der schönsten Gedichte moderner persischer Lyrik, verfaßt von 22 der bedeutendsten iranischen Dichter des 20. Jahrhunderts. Damit liegt erstmals ein repräsentativer Überblick über eine Dichtung vor, die in Deutschland bisher zu Unrecht nur in Teilen bekannt ist. Die persische Lyrik gehört seit Jahrhunderten zur Weltliteratur und war in Iran bis weit ins 20. Jahrhundert die wichtigste literarische Gattung. Aus der großen poetischen Tradition, der Begegnung mit westlicher Lyrik sowie der politischen und religiösen Zeitgeschichte Irans ist eine moderne…mehr

Produktbeschreibung
Diese Anthologie enthält rund hundert der schönsten Gedichte moderner persischer Lyrik, verfaßt von 22 der bedeutendsten iranischen Dichter des 20. Jahrhunderts. Damit liegt erstmals ein repräsentativer Überblick über eine Dichtung vor, die in Deutschland bisher zu Unrecht nur in Teilen bekannt ist.
Die persische Lyrik gehört seit Jahrhunderten zur Weltliteratur und war in Iran bis weit ins 20. Jahrhundert die wichtigste literarische Gattung. Aus der großen poetischen Tradition, der Begegnung mit westlicher Lyrik sowie der politischen und religiösen Zeitgeschichte Irans ist eine moderne persische Dichtung hervorgegangen, die uns unmittelbar anspricht, auch und gerade da, wo ihre Bilder zunächst fremd und fern anmuten. Von Nimâ Yuschidsch, dem "Vater der neuen Lyrik", über den Mystiker und Maler Ssohrâb Ssepehri und Forugh Farrochsâd, deren Werk vielen als Höhepunkt der persischen Dichtung überhaupt gilt, bis hin zu zwei jüngeren Dichtern aus der Zeit nach der Islamischen Revolution versammelt diese Anthologie rund hundert der schönsten Gedichte moderner persischer Lyrik. Die glänzende, einfühlsame Übersetzung von Kurt Scharf vermittelt deutschen Lesern einen überzeugenden Eindruck vom Klang des Originals und läßt sie unmittelbar teilhaben an Sprachkunst und Bildern, Träumen und Hoffnungen einer gar nicht so fernen poetischen Welt. Eine ausführliche Einleitung macht mit der poetischen Tradition Irans und den einzelnen Dichtern bekannt. Der iranische Schriftsteller SAID erläutert in einem Nachwort die politische und gesellschaftliche Bedeutung der modernen persischen Lyrik.
Autorenporträt
Kurt Scharf ist Übersetzer und Herausgeber von Literatur aus dem Persischen, Portugiesischen und Spanischen. Er war viele Jahre Mitarbeiter des Goethe-Instituts in Teheran, Porto Alegre, Berlin, Istanbul und Lissabon und begründete das Haus der Kulturen der Welt in Berlin mit. Kurt Scharf lebt heute in Berlin und Salobreña (Granada/Spanien).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2005

Gott im Hinterzimmer
Die zehn Nächte: Eine Anthologie moderner persischer Lyrik

Zehn Nächte hintereinander lasen sie, die sechzig Dichter, jeweils vor zehntausend Zuhörern, und als die Herbstregen einsetzten, harrten immer noch drei- bis viertausend aus. Das geschah im Oktober 1977 in Teheran. Der iranische Schriftstellerverband hatte die Lesungen organisiert, und die Poeten lasen endlich jene Texte, die die Zensur nicht passiert hatten. Einer trug eine Liste der verbotenen Wörter vor: etwa Rosen, Freunde, Gefängnis, Blut, Nacht, Eule, Zaun, Freiheit. Das Präsidium des Schriftstellerverbandes wurde anschließend zu Gefängnisstrafen verurteilt.

Diese "Zehn Nächte" waren der Anfang vom Ende der Pahlawi-Ära. Kurt Scharf, seinerzeit beim Goethe-Institut in Teheran tätig, berichtet darüber aus eigener Anschauung. Er war einer der Mentoren der Lyrik-Abende. Für ihn, den Herausgeber der vorliegenden Anthologie, markieren sie freilich auch das Ende einer Epoche, in der die Lyrik die entscheidende literarische Gattung in Iran war.

Scharf weiß, wovon er spricht. Er kennt sich in der Tradition der persischen Poesie aus. Er hat die schönsten Gedichte aus dem klassischen Persien gesammelt, mit der Trias Hafis, Rumi und Omar Chajjam. Seine neue Anthologie ist gewissermaßen die Fortsetzung. Sie konzentriert sich auf das, was die Iraner "Sche're nou" (Neue Lyrik) nennen. Historisch sieht Scharf sie auf die Epoche zwischen 1953 und 1979 eingegrenzt, auf die Herrschaft des Schahs, also auf die Zeit zwischen dem Sturz Mossaddeghs und dem fundamentalistischen Umschwung. Es ist eine Zeit, in der die iranische Poesie einen enormen Aufschwung nahm, indem sie mit einer erstarrten Tradition brach und gegen die Oppression der Zensur eine neue Symbolsprache entwickelte. Von den zweiundzwanzig Autoren, die Scharf uns vorstellt, sind drei besonders hervorzuheben: Nimâ Yuschidsch (1897 bis 1960), Ahmad Schâmlu (1925 bis 2000) und Forugh Farrochsâd (1935 bis 1967).

Nimâ Yuschidsch nennt man den "Vater der modernen Lyrik". Er brach als erster mit der traditionellen Sprache und Metrik, sprengte die Fessel der klassischen Verspaare und führte seine Gedanken mit prosahafter Freiheit aus. Freilich nötigte ihn die Zensur unter Pahlawi, seine sozialistischen Sympathien zu chiffrieren. So erscheint das kommunistische China in ziemlich kruder Farbsymbolik: "Nicht umsonst sind die Gelben rot geworden: / Die Röte hat die Mauer / Nicht umsonst gefärbt."

Ahmad Schâmlu, auch er ein Linker und wegen seiner Überzeugung mehrfach in Haft, wollte "nackte" Gedichte schreiben. Eines seiner frühen Gedichte handelt von einem kommunistischen Arbeiter, den Schergen des Geheimdienstes 1954 folterten und töteten: "vartan sagte nichts / vartan war ein veilchen / blühte auf / brach den winter / und ging." Der in München lebende, aus Teheran stammende Lyriker SAID zitiert diese Verse in seinem Nachwort und kommentiert emphatisch: "Meine generation kennt dieses gedicht auswendig." Leider fehlt es unter den Texten der Anthologie. Ahmad Schâmlu verließ 1976 Iran und kehrte erst 1979 nach der Islamischen Revolution zurück. Doch auch den neuen Machthabern war er nicht botmäßig, wie das Gedicht "In dieser Sackgasse" zeigt. Schâmlu schrieb es im Sommer 1979 nach den ersten Massakern "im Namen Gottes". Es schließt mit den Zeilen: "Satan sitzt siegestrunken / Zum Festschmaus bei unserem Trauermahl. / Gott muß man im hintersten Zimmer des Hauses verbergen."

Forugh Farrochsâd, mit zweiunddreißig an den Folgen eines Autounfalls gestorben, hat die Islamische Revolution nicht mehr erleben müssen. Politische Motive spielen in ihrer Lyrik keine direkte Rolle. Doch ein Blick auf die Vita dieser früh verstorbenen Dichterin zeigt, wie sehr sie ihre Poesie den gesellschaftlichen Umständen abringen mußte. Als Offizierstochter gehörte sie zu den städtischen Mittelschichten, auf die sich die Modernisierungsbestrebungen der Pahlawi-Dynastie stützten. Das bot ihr die Chance der Emanzipation und bedeutete zugleich deren Beschränkung. Ihr Ehemann unterstützte ihre literarischen Neigungen, erwartete aber, daß sie sich an die traditionelle Frauenrolle hielt. Auch in ihren späteren Liebesbeziehungen blieb Forugh Farrochsâd immer die "andere": Die Männer waren nicht bereit, sich von Frau und Familie zu trennen. Dieses Emanzipationspotential nährte eine Poesie, die einen freieren, oft respektlosen Ton anschlug - einen moderneren zumal als die Lyrik der meisten männlichen Kollegen.

Kurt Scharf hat sie uns bereits 1993 mit der Gedichtauswahl "Jene Tage" vorgestellt. Einige dieser Gedichte erscheinen - zum Teil in revidierter Fassung - nun auch in der Anthologie. Darunter auch jenes Gedicht, das ihr den Titel gibt. "Der Wind wird uns entführen" ist ein Liebesgedicht, darin die Liebende inständig um den Geliebten wirbt, freilich in dem Bewußtsein der Vergeblichkeit und des Verlusts. Das Naturmotiv, das in dieses Nachtgedicht gehört, zeigt den Mond "rot und verstört"; und der Unbekannte, der sich hinter dem Fenster zeigt, läßt die Deutung offen, ob es sich um einen Nebenbuhler, einen Voyeur oder einen Spitzel handelt.

In einem Vierteljahrhundert fand die iranische Lyrik Anschluß an die Moderne. Die Islamische Revolution setzte dem ein Ende. Etliche Autoren gingen in die Emigration; einige begannen dort englisch zu schreiben. Andere, die zurückkehrten, arrangierten sich oder sympathisierten mit dem Regime der Mullahs. Von den jungen, staatlich geförderten Islamisten hält Scharf nichts. Noch weniger schätzt sie SAID, der emigrierte Poet. Das Gros der jungen Lyriker unterscheide sich in seiner Spracharmut kaum von der Journaille. Immerhin bringt die Anthologie jüngere Autoren, die beweisen, daß es auch unter den Bedingungen staatlicher Repression den Protest der Phantasie gibt. So beginnt die Dichterin Nâhid Kabiri ein Gedicht: "An dem Tag da die Liebe / Verteilt wurde / bekamst du den Flug / Und ich / Den Käfig." Die Verse zeigen überdeutlich, wie weit in Iran der Weg in die Freiheit ist.

HARALD HARTUNG

"Der Wind wird uns entführen". Moderne persische Lyrik. Ausgewählt, übersetzt und eingeleitet von Kurt Scharf. Mit einem Nachwort von SAID. C. H. Beck Verlag, München 2005. 202 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Das Besondere an dieser Anthologie moderner persischer Lyrik ist laut Rezensent Stefan Weidner, dass sie den Durst nach besagter Lyrik gleichzeitig weckt und doch nicht stillen kann und dem Leser dadurch "Tantalusqualen" bereitet. Insofern sei die Schwäche der Anthologie Zeugnis ihrer "überragenden Kraft": Denn der Leser empfinde den Verlust (der jungen Generation) nur aufgrund der großartigen Dichter, die ihre Väter und Großväter waren, und diese Anthologie mache ebendiese Größe spürbar. Großes Lob wird dem Herausgeber und Übersetzer Kurt Scharf zuteil, dessen "souveräne, auch Reim uns Metrum nicht scheuende Nachdichtungen" von einer eingehenden und sorgfältigen Beschäftigung mit den oft sperrigen und in der Originalsprache tief verwurzelten Texten zeugt. Den besten der vorgestellten Dichter - etwa Ahmad Schamlu, Forugh Farrochsad oder Ssohrab Ssepheri - gelinge es, die überkommene lyrische Sprache mit neuem Sinn "aufzuladen" und eine "Vieldeutigkeit" zu schaffen, die sowohl die traditionelle wie auch die moderne Variante der Rezeption zulässt. Als Nachteil der Anthologie verbucht Weidner, dass Scharf die im Exil lebenden iranischen Lyriker nicht berücksichtigt. Trotzdem, so das versöhnliche Fazit des Rezensenten, ist diese Zusammenstellung "von Herzen zu begrüßen".

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