Ein Hammerschlag gegen die rechte Schläfe lässt die Dörrier lautlos zusammensinken. Kürten vergeht sich zuerst an der Sterbenden, um sich dann, nicht zum ersten Mal, in eine weihevolle Stimmung zu versetzen. »Nach dem Geschlechtsakt habe ich eine ganze Zeit – etwa 10 bis 15 Minuten – neben ihr
gestanden und habe mir die Wirkung dieses neuen Falles vor Augen geführt. Ich stellte mir speziell die…mehrEin Hammerschlag gegen die rechte Schläfe lässt die Dörrier lautlos zusammensinken. Kürten vergeht sich zuerst an der Sterbenden, um sich dann, nicht zum ersten Mal, in eine weihevolle Stimmung zu versetzen. »Nach dem Geschlechtsakt habe ich eine ganze Zeit – etwa 10 bis 15 Minuten – neben ihr gestanden und habe mir die Wirkung dieses neuen Falles vor Augen geführt. Ich stellte mir speziell die Wirkung, die diese neue Bluttat auf die Düsseldorfer Bevölkerung ausüben werde, vor und hatte dabei das Gefühl wie bei allen übrigen Mordtaten, das Gefühl der Befriedigung und Entsühnung. Nachdem ich dieses Gefühl durchkostet hatte, versetzte ich der Dörrier noch mehrere wuchtige Schläge mit dem Hammer gegen den Kopf.«
Nachdem ich kürzlich einen Kriminalroman über die Taten Peter Kürtens gelesen hatte, wollte ich Genaueres zu den tatsächlichen Hintergründen wissen. Mit diesem Sachbuch bin ich ein Stück weiter.
Für sein Buch hat der Autor sorgfältig recherchiert und reichlich Fakten zusammengetragen, alle aus Unterlagen im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen sowie aus Polizei- und Gerichtsakten. Präzise werden die Taten Kürtens beschrieben, wobei sich Hanno Parmentier auf die Morde und Mordversuche Kürtens beschränkt, die vielen Brandstiftungen vernachlässigt und auch die Einbrüche im Grunde nur erwähnt, wenn sie zu Schlimmerem führten. Ein verständlicher Ansatz, ansonsten wäre der Umfang des Buchs erheblich größer geworden. Morde und Versuche werden im Anhang ordentlich aufgelistet, wobei die Vielzahl erschreckend deutlich wird.
Die Beschreibungen der einzelnen Taten werden ergänzt durch zahlreiche Fotos, Tatortfotos und -skizzen. Speziell die Tatorte werden sehr genau beschrieben, was sicher von besonderem Interesse für Düsseldorfer und andere Leser ist, die die Örtlichkeiten kennen. Wie mag es wohl sein, in einer Gegend zu wohnen, die zu dem Bereich gehört, den Kürten „sein Revier“ nannte?
Ausgespart hat der Autor größtenteils die psychologische Sicht auf den Täter. Hier verweist er auf das wohl maßgebliche Werk des Düsseldorfer Gerichtsmedizinalrats Karl Berg von 1931, der sich seinerzeit intensiv mit Kürten auseinandersetzte. Trotzdem kann man schon einiges über Kürtens Werdegang und familiären Hintergrund erfahren und Aussagen wie die im einleitenden Zitat erlauben es, sich einen ersten Eindruck seiner psychischen Verfassung zu machen. Überhaupt wird ganz deutlich, dass ihm neben den sexuell motivierten Morden die Wirkung seiner Taten in der Bevölkerung zusätzliche Inspiration verschaffte. Anscheinend war Kürten jemand, der das Ausleben seiner Veranlagung einfach nur genießen konnte, ohne mit sich zu hadern. Sehr vielsagend, wenn die Leiche eines kleinen Mädchens nur aus dem Grund in Brand gesteckt wird, um das Entsetzen in der Bevölkerung noch zu steigern!
Der Autor selbst hält sich rein an die Fakten, stellt keine Mutmaßungen an und berichtet nüchtern. Dadurch wird allerdings auch der ein oder andere Volksglauben relativiert, zum Beispiel im Hinblick auf die Bezeichnung „Vampir“, die man Kürten gab und die ihm gefallen haben dürfte, weil sie die Panik weiter anheizte. Aber ob er nun stets das Blut seiner Opfer trank oder wohl nur in wenigen Fällen ist eigentlich gleichgültig, denn seine Taten schockieren auf jeden Fall und beweisen wieder einmal, dass fiktiver Horror nicht an die Realität herankommen kann.
Fazit: Reichlich Sachinfos zu den Taten Peter Kürtens, informativ und spannend zu lesen.