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Das ist die große Herausforderung für den kleinen Zauberer von Karakosk: er wird an den königlichen Hof von Kulpai zitiert, um der Prinzessin das Zaubern beizubringen. Diese ist jedoch abgrundtief böse und der Zauberer muss nun zeigen, was wirklich in ihm steckt.

Produktbeschreibung
Das ist die große Herausforderung für den kleinen Zauberer von Karakosk: er wird an den königlichen Hof von Kulpai zitiert, um der Prinzessin das Zaubern beizubringen. Diese ist jedoch abgrundtief böse und der Zauberer muss nun zeigen, was wirklich in ihm steckt.
Autorenporträt
Peter S. Beagle geboren 1939 in Manhattan, gehört zu den ganz großen Fantasyautoren unserer Zeit. Er lebt in Kalifornien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2000

Trügerisch wie gebuttertes Eis
Lauter kleine Wunder: Peter S. Beagle bittet zur Kommunion

Eine Geschichte, an die niemand glaubt, wird niemals erzählt. Als eine solche Geschichte aber hätte nicht nur unsere, sondern hätte jede Gegenwart zu gelten, weshalb für Vernunft, Wahrscheinlichkeit und Logik kein Weg in dieses Buch führt. "Ein Märchen", sagt die Bauerstochter Mircha Del, "ist, nebenbei bemerkt, wahr." Von Mund zu Mund muss die Erzählung gehen, damit im Schein des Kaminfeuers die Moderne nicht ihr Haupt erheben kann. Mircha Del trug nicht umsonst die achtzehnsaitige Kiit des größten Barden aller Zeiten, des unvergleichlichen Sirit Byar, der nach Crevedek sich aufmachte, um mit seinem allerletzten Lied Jailly Doura aus dem Wahnsinn zu erlösen. Es gelang ihm, sie genas, er starb.

Die schriftunkundige Mircha ist stolz auf ihr "schmutziges, gemeines, wildes Tiergesicht", das Sirit Byar einst fast geküsst hätte. Seitdem sind dreißig Jahre vergangen, und nun bezahlt sie eine "Krakelhand", um diese Fabel vom Leben, Singen und Sterben der Nachwelt zu überliefern. Vor "zwanzig und ein paar Jahren" hingegen verstieß der neue Jiril die Schauspieltruppe des Dardis von seinem Hof. Darum fristen Lisonje, Trygvalin, Nususir und Dardis jetzt ein klägliches Dasein, spielen billige Possen statt schrecklicher Tragödien. Gar in "längst, längst vergangener Zeit" rief die böse Königin von Fors n'Shachim den Zauberer Lanak auf ihr schwarzes Schloss, weil dieser sie in die Geheimnisse der Magie einweisen sollte. Der Zauberer aus Karakosk aber erkannte der Königin schändliche Absichten und bestrafte sie für ihre Heimtücke.

Gekritzel, Geschwafel, Gefasel nennen die rededurstigen Erinnerungskünstler ihre Anekdoten, die "unsere Geschichte" werden sollen. Dem weit zurückliegenden und gänzlich unwahrscheinlichen, vollends glaubwürdigen Ereignis trauen Micha, Dardis und die vier anderen Erzähler der sechs hier vorliegenden Fantastereien einigende Wirkung zu. Die vergangenen "Wunder und Dummheiten und abermals Wunder" sollen mit der ihrerseits vergangenen Gegenwart der Erzählung und der schnell vergehenden Gegenwart der Lektüre zu einem zeitlosen, flächigen Immerdar verschmelzen. Jede andere Zeit wäre "trügerisch wie gebuttertes Eis".

Im Land jenseits der Torgry-Berge, die einst die Riesen Dudrilashashek und Yriadvele bewohnten, arbeiten die Menschen auch deshalb derart leidenschaftlich an ihrer Erinnerung, weil sie sich selbst als ein randständiges Phänomen erfahren. Statt ihrer herrschen Flora und Fauna. Der Kampf gegen den flügellosen, menschenfressenden Vogel Nishoru oder gegen noch gefährlichere Fels-targs, die Suche zwischen Sulsawi- und Sum'yadi-Bäumen nach Tanku-Wurzeln führen Mann und Frau stündlich vor Augen, wie zufällig, wie vorläufig ihre Existenz ist. Nur sofern sie reden, singen, spielen, können sie "kleine Wunder vollbringen".

Diese kurzen Momente dreister Erhabenheit, aus denen Peter S. Beagles Buch zusammengesetzt ist, schenken ihren Schöpfern Glück und Einsicht. Dardis erkennt, dass ihn "ein Gefühl von Verantwortung" ins Verderben stürzte, nachdem er ebenso wie Mircha noch kurz zuvor "dieses gewisse Gefühl" genossen hatte, "dass alles möglich ist". Dem Leser wiederum gerinnt der Lebenswille der Figuren zur Moral. An ihn scheint das erste Gebot Lanaks gerichtet, des Zauberers von Karakosk: "Man muss das werden, was man begreift." Erst verwandelt nimmt der Mensch sich wahr.

Eucharistisch ist somit das hier propagierte Verhältnis von Text, Zeit und Leser. Am deutlichsten spricht dieses Programm jene Geschichte aus, die der amerikanischen Originalausgabe den Titel gab. "Riesenknochen" sind alles, was von den gigantischen Herren der Torgry-Berge zurückbleibt. Achtzehn Jahre verbrachte Selsim als Mensch unter Riesen bei dem aussterbenden Geschlecht. Als dessen letztes Exemplar, Yriadvele, den Tod nahen spürt, bittet sie Selsim, mit ihr so zu verfahren, wie sie und ihre Familie es immer praktiziert haben: Selsim solle die tote Yriadvele essen, damit "unser Leben, unsere Gedanken, unsere Erinnerung, unsere Zeit in der Welt" in Selsim aufbewahrt werden. Selsim tut, was auch Mircha tat, als sie Sirits "einzig wahre Geschichte" von der "Krakelhand" verewigt wissen wollte. Selsim bezeugt und konserviert seine Vergangenheit, indem er mit ihr eins wird.

Nicht anders verhält es sich mit dem "Zauberer von Karakosk" als Ganzem. Peter S. Beagle, der schon "Das letzte Einhorn", "Das indische Nashorn" und "Das Volk der Lüfte" an seine fabulöse Tafel lud, bittet zur Kommunion. Durch fingierte Historie will er die vernunftbeladene Menschheit von den Wunden heilen, die sie selbst sich schlug. Goutieren können dieses Brot ritusgemäß nur Gläubige. Es gleicht schließlich "dampfenden Pasteten aus Neunaugen".

ALEXANDER KISSLER

Peter S. Beagle: "Der Zauberer von Karakosk". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Hans J. Schütz. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 1999. 311 S., geb., 39,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das Gewicht aller Informationen, die Rezensent Alexander Kissler je zum Thema "Märchen" und "Oral History" in überfüllten Germanistikseminaren erhalten hat, lastet auf seiner verworrenen Einleitung in die Handlung des Buches. Man kämpft sich durch und hofft auf Klärung: umsonst. Die blumigen Namen der Protagonisten klingen nach Fantasie, oder sollte man es englisch sagen: Fantasy? Alexander Kissler hat das Buch nicht gemocht, irgendwann merkt man das: zu moralisch, zu erhaben im Ton, meint er. Und man ahnt, der Rezensent hatte beim Lesen seine liebe Not. Der Autor "bittet zur Kommunion", findet er schließlich. Goutieren könnten diese Art von Vernunftkritik laut Kissler nur Gläubige.

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