Schon bei seiner Ankunft in Bleston beschleicht Jacques Revel, der für ein Jahr in einem Export-Import-Unternehmen arbeiten soll, ein unbestimmtes Gefühl von Unbehagen, er fühlt sich verfolgt und beobachtet. Um zu verstehen, was um ihn herum passiert, beginnt er zeitversetzt mit Aufzeichnungen, in denen sich Gegenwart und Vergangenheit annähern und kreuzen. Doch durch die Niederschrift seiner Beobachtungen wird auch das Gewöhnliche rätselhaft und bedrohlich, die Stadt zu einem mythischen Labyrinth. Langsam wird er zum Opfer seiner eigenen Gedanken und das Chaos der Großstadt spiegelt sich in den verrückt-genialen Strukturen seiner Erzählung.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.11.2009In großer Übersetzung
Ein mehr als fünfzig Jahre alter Roman - und schon eine Vorlage für die sogenannte Postmoderne: die Aufsplitterung der Realität, die tragende Rolle des Zufalls, die Unwägbarkeit des Lebens, die Übereinstimmung von Wirklichkeit und Erfindung und nicht zuletzt das Spiel mit dem Krimigenre. Jacques Revel kommt in eine englische Albtraumstadt (im Buch erstmals Butors Stadtplan-Skizze). Er sitzt im Zug, und was er durch die Scheibe sieht, löst sich in "Myriaden kleiner Spiegel" auf, "jeder reflektiert ein zitterndes Körnchen des spärlichen Lichts". Am Ende erkennt man die Quintessenz des Romans. Revel ist Französischkorrespondent für eine Firma, er gewöhnt sich nur schwer ein. Er geht durch die labyrinthische Stadt und schreibt darüber ein Tagebuch, die Atmosphäre ist beklemmend, überall wähnt man Brudermord. Revel will die geheimen Verbindungen akribisch ergründen, aber das geht nicht, denn der Feind ist die Stadt. Die Stadt als schauriges Wesen: Lovecraft hat das faszinierend beschrieben, Butor kommt ihm sehr nah. Butor las auch gern Jules Verne und Zola (so Jürgen Ritte im Nachwort), und er war selbst ein Vorbild. Alle haben von ihm gelernt, in Stil und Idee, von Georges Perec, Paul Auster, Jean Echenoz bis zum jungen Tanguy Viel. Eine wichtige Neuausgabe, klugerweise in der Übersetzung des großen Helmut Scheffel. (Michel Butor: "Der Zeitplan". Roman. Aus dem Französischen von Helmut Scheffel. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2009. 420 S., geb., 26,90 [Euro].)
puh
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein mehr als fünfzig Jahre alter Roman - und schon eine Vorlage für die sogenannte Postmoderne: die Aufsplitterung der Realität, die tragende Rolle des Zufalls, die Unwägbarkeit des Lebens, die Übereinstimmung von Wirklichkeit und Erfindung und nicht zuletzt das Spiel mit dem Krimigenre. Jacques Revel kommt in eine englische Albtraumstadt (im Buch erstmals Butors Stadtplan-Skizze). Er sitzt im Zug, und was er durch die Scheibe sieht, löst sich in "Myriaden kleiner Spiegel" auf, "jeder reflektiert ein zitterndes Körnchen des spärlichen Lichts". Am Ende erkennt man die Quintessenz des Romans. Revel ist Französischkorrespondent für eine Firma, er gewöhnt sich nur schwer ein. Er geht durch die labyrinthische Stadt und schreibt darüber ein Tagebuch, die Atmosphäre ist beklemmend, überall wähnt man Brudermord. Revel will die geheimen Verbindungen akribisch ergründen, aber das geht nicht, denn der Feind ist die Stadt. Die Stadt als schauriges Wesen: Lovecraft hat das faszinierend beschrieben, Butor kommt ihm sehr nah. Butor las auch gern Jules Verne und Zola (so Jürgen Ritte im Nachwort), und er war selbst ein Vorbild. Alle haben von ihm gelernt, in Stil und Idee, von Georges Perec, Paul Auster, Jean Echenoz bis zum jungen Tanguy Viel. Eine wichtige Neuausgabe, klugerweise in der Übersetzung des großen Helmut Scheffel. (Michel Butor: "Der Zeitplan". Roman. Aus dem Französischen von Helmut Scheffel. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2009. 420 S., geb., 26,90 [Euro].)
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Kafka und Proust als Amalgam - Die beiden Säulenheiligen der literarischen Moderne sind die Vorbilder für Michael Butors Debütroman, den dieser 1956 niederschrieb, erklärt Rezensent Tobias Lehmkuhl und findet Gefallen an diesem Buch. Gleich einer Fuge nämlich führt Butor die fünf Erzählstränge "meisterhaft" und "mit musikalischer Leichtigkeit" parallel, so dass Lehmkuhl zum Vergleich ausholt: So wie der Protagonist Revel von der Stadt Bleston in Bann gezogen wird, so kann sich auch der Leser der Lektüre nicht entziehen. Gleichzeitig entspricht der gewachsene Hass des Franzosen Revels für Bleston, den er in einem Tagebuch dokumentiert, der wachsenden Liebe des Lesers für dieses Buch. Sehr gut übersetzt und sehr schön ausgestattet, findet Rezensent Lehmkuhl schließlich und zitiert zum Abschluss begeistert eine von Revels Busfahrten herbei.
© Perlentaucher Medien GmbH
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