Im Jahre 1990 herrschte in vielen Teilen Europas Aufbruchsstimmung. Politisch gelang erst im Jahr zuvor der Fall der Berliner Mauer, auch das Ende des Eisernen Vorhanges galt als historischer Meilenstein. Getrübt wurde diese Euphorie von einem besonderen Ereignis, das sich bereits Jahre zuvor abzeichnete, im restlichen Europa allerdings zu dieser Zeit wenig Beachtung erfuhr. Der schleichende Zerfall Jugoslawiens und der Krieg von 1991 bis 1995 brachten eine neue Dimension kriegerischer Auseinandersetzungen hervor. Plötzlich lösten sich mitten in Europa staatliche Strukturen auf, ein Krieg brach aus, der nicht nur Militärs, sondern auch zivile Verbände in Kampfhandlungen verwickelte. Es war ein Krieg, der nicht nur humanitäre Grenzen sprengte, sondern auch die Handlungsunfähigkeit internationaler Organisationen, die fehlende Durchsetzungskraft multilateraler Militärbündnisse und unzählige gescheiterte Vermittlungsversuche europäischer Institutionen demonstrierte. Auch wenn eine Täter-Opfer-Feststellung nur selten eindeutig war: So wie Jugoslawien zerfallen ist, hat nicht zuletzt die internationale Staatengemeinschaft zu verantworten.