"Denn was zählt, ist unsichtbar und führt zu einem Ziel, was keiner von uns kennt." 31. 3. 1975 Nirgendwo in seinem Werk äußerte sich Erwin Strittmatter so offen und so intim wie in diesen späten Tagebüchern. Mit Anfang fünfzig, in der "besten Zeit seines Lebens", liegen die Zumutungen des Alterns noch vor ihm. Krisen, emotionales Chaos und Zerwürfnisse ziehen sich ebenso durch die Jahre wie bohrende Selbstbefragung und Zensurkonflikte. Nüchtern verfolgt der kritische Beobachter die Auflösung der DDR. Er ist ein Dichter, der das Ideal der Gelassenheit anstrebt, ein Meister der poetischen Reflexion, der Tage vor seinem Tod notiert: "Wer kommt hinter die Schliche des Lebens?" An keiner anderen Stelle seines Werkes äußert sich Erwin Strittmatter so offen und so intim wie in diesen späten Tagebüchern. Er spricht von kräftezehrenden Ehekrisen, dem emotionalen Chaos, in das ihn die Entfremdung zu seiner Frau Eva stürzt, seiner Eifersucht auf die Beziehung der Söhne zu ihrer Mutter,von Schwierigkeiten des Alterns und seinem Bemühen, im Taoismus geistigen Halt zu finden. Trotz seines Rückzugs aus dem öffentlichen Leben bleibt er der kritische Beobachter und Zeitgenosse. Eine zentrale Frage, die ihn nicht loslässt, gilt seiner früheren Parteigläubigkeit. Schon längst glaubt er nicht mehr an Utopien, und das Fazit seines DDR-Lebens ist nüchtern: "Ich ernte, was ich anbaute." Emotionslos und gelassen registriert er die Auflösung der sozialistischen Welt. Die Umbruchprozesse von 1989/90 wertet er unsentimental als Konsequenz der verfehlten DDR-Politik. Seine Notizen dokumentieren eindrucksvoll die Hektik und die sich überstürzenden Ereignisse jener Jahre. Und wie ein bewusstes Innehalten stehen in diesem Kontext Strittmatters Naturbeobachtungen. Hier gelingen ihm die erstrebte Gelassenheit und die Hingabe an den Augenblick, verbunden mit jener poetischen Leichtigkeit, die sein Spätwerk auszeichnet. "Das Selbstporträt eines einzigartigen Künstlers, gleichsam ein Entwicklungsroman." Neues Deutschland
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Dass Privilegien kein Garant für Glück sind, lernt Ulrich Baron mit den Aufzeichnungen von Erwin Strittmatter Teil zwei. Der von Almut Giesecke ausführlich kommentierte Band scheint dem Rezensenten nicht nur eine 1A Quelle zur Politik, zum Kulturbetrieb und zum Alltag der DDR zu sein, aber auch Strittmatters eigene Welt zu beleuchten, sogar seine Verfehlungen und Torheiten. Was es mit der Schein-Industrialisierung der Landwirtschaft auf sich hatte, mit dem Kollegen Hermann Kant, mit Strittmatters Bukolik oder der Verwandlung zu Tod - Baron erfährt es hier.
© Perlentaucher Medien GmbH
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» Eine Fundgrube zum Alltag der DDR und der Wendezeit. [...] Strittmatters Tagebücher sind eine ergiebige Quelle zur Politik, zum Kulturbetrieb und zum Alltag in der DDR. « Ulrich Baron Ulrich Baron Süddeutsche Zeitung 20150121